Abbau wird nicht erwähnt
Der Reihe nach: Die Stadtverwaltung hat 2019 zusammen mit den Quartiervereinen ihre Schnittstelle zur Bevölkerung überprüft. Dabei kam die Idee der Drehscheiben auf. Zudem, so der Stadtrat, sei das Bedürfnis nach einem niederschwelligen Angebot in den Quartieren auch im Mitwirkungsverfahren zur Altersstrategie 2035 geäussert worden.
Nun will der Stadtrat ab Mitte 2022 bis Ende 2025 «professionell betriebene Drehscheiben» für die Quartiere Altstetten und die Kreise 4 und 5 im Rahmen eines Pilotprojekts erproben. Das Angebot will man durch eine digitale Plattform er­gänzen. Nicht erwähnt wird vom Stadtrat, dass er selbst in den letzten Jahren dezentrale Angebote abgebaut hat, beispielsweise Quartierwachen sowie Kreisbüros.
Die Quartierkonferenz, in der alle 25 Quartiervereine zusammengeschlossen sind, ist erstaunt über die Kommunikation der Stadt. «Weder die Quartiervereine in den zwei Quartieren, in denen die Drehscheiben erprobt werden sollen, noch die Quartierkonferenz wurden vorgängig über das Projekt informiert oder eingebunden. Hier wäre eine enge Kooperation wünschenswert.»
«Stadt konkurrenziert Freiwillige»
Mit Freiwilligenarbeit werden von den Quartiervereinen pro Jahr weit über 100 Veranstaltungen organisiert «und unbüro­kratisch Hunderte von Bürgeranliegen erledigt», wie es in der Mitteilung der Quartierkonferenz heisst. Die Stadt unterstütze die Quartiervereine sowie die Stiftung Zürcher Gemeinschaftszentren. Doch nun wolle «die Stadt ein eigenes Angebot aufbauen, das zum grössten Teil abdeckt, was Quartiervereine und Gemeinschaftszentren seit Jahren erfolgreich erfüllen». Und dies zu sehr hohen Kosten (siehe Kasten). Die zentrale Kritik der Quartiervereine: «Die Stadt fährt hier eine Strategie, mit staatlicher Unterstützung die Freiwilligenarbeit direkt zu konkurrenzieren.» Der Stadtrat sei sich der Problematik wohl bewusst. Denn die Kosten von 1,9 Millionen liegen nur minim unter seiner Finanzkompetenz von 2 Millionen. Der Stadtrat scheue wohl die öffentliche Auseinandersetzung im Parlament.
«Bei den Quartiervereinen melden sich oft Personen mit sehr lokalspezifischen Themen und Problemen, die von Stadtrat und Stadtverwaltung vernachlässigt, verdrängt oder ignoriert werden», betonen die Quartiervereine. Sie stellen daher den Mehrwert der Drehscheiben in Frage.
In Altstetten wird die Drehscheibe durch eine private Trägerschaft, im Kreis 4 und 5 durch die Sozialen Dienste der Stadt betrieben. Für die privat betriebene Drehscheibe können sich Anbieter bewerben; Rahmenbedingungen und Ablauf des Auswahlverfahrens will man ab September öffentlich kommunizieren.
Die Kosten
Die Kosten für den Betrieb der zwei Pilot-Drehscheiben belaufen sich gemäss Stadtrat über eine Dauer von dreieinhalb Jahren auf insgesamt 1,82 Millionen Franken. Das Kostendach für das begleitende externe Monitoring sowie die anschliessende Evaluation liege bei maximal 80 000 Franken. Zusammen sind das 1,9 Millionen Franken. Für eine einzige Quartierdrehscheibe ergeben sich pro Jahr ­Kosten von 260 000 Franken. Zum Vergleich: Alle 25 Quartiervereine der Stadt erhalten zusammen jährlich 409 200 Franken. Anders formuliert: Eine Drehscheibe ist dem Stadtrat so viel wert wie die Arbeit von 15 bis 16 Quartiervereinen. (hot.)