Pia Meier
Ganz nebenbei erwähnte Stadträtin Simone Brander (SP) kürzlich bei einem Quartieranlass in Affoltern einen internen Entscheid, der stadtweit grosse Auswirkungen hat. Konkret ist im Gebiet Looächer eine temporäre Recyclinganlage geplant. Grund: Jene Anlage im Hagenholz, wo halb Zürich seinen Sperrmüll hinbringt, soll in etwa zwei Jahren geschlossen werden, weil rund um den Ausbau der Fernwärme eine dritte Ofenlinie gebaut werden muss. Der Standort am äussersten Zipfel von Affoltern wird nötig, weil der neue Ersatz-Standort fürs jetzige Super-Center im Hagenholz, das Juch-Areal, erst 2027 bezugsbereit ist. Das Juch-Areal, das ist jener Ort neben dem neuen ZSC-Stadion in Altstetten, wo ab etwa 1960 italienische Saisonniers wohnten, später die Asylorganisation Zürich Flüchtlinge unterbrachte und das vor zwei Jahren einige Monate als besetzter Wohnraum Schlagzeilen machte.
Affoltern als Zwischenlösung
Der Standort in Affoltern sei neben anderen, die zur Diskussion standen, als der beste auserwählt worden, heisst es von der Stadt auf Anfrage. Damit könne das Entsorgungsangebot aufrechterhalten bleiben. Bei der abschliessenden Fragerunde des Quartieranlasses «Affoltern diagonal» stellten Anwesende die Frage, wo der Looächer überhaupt sei. «Bei der Autobahn ganz am Ende der Mühlackerstrasse», hiess es vom städtischen Vertreter. Erst nach dem offiziellen Teil kam bei Anwohnerinnen und Anwohnern der Mühlackerstrasse die Frage auf, was eine solche Anlage für ein Wohngebiet bedeute. Vor der Recyclinghof im Hagenholz bilden sich bekanntlich immer wieder lange Autoschlangen, weshalb Befürchtungen vor Mehrverkehr aufkamen. Auf Nachfrage teilte Stadträtin Simone Brander mit, dass der Verkehr von der und zur Recyclinganlage über die Wehntalerstrasse geleitet werde. Die Wohngebiete entlang der Mühlackerstrasse sollen nicht tangiert werden.
In zwei Schritten
Schon im Frühling dieses Jahres teilte die Stadt mit, dass auf dem Juch-Areal in Altstetten beim Eishockeystadion als Ersatz des Recyclinghofs Hagenholz ein «nachhaltiges, innovatives» Recyclingzentrum entstehen soll. Diese Meldung fand in den Medien fast keine Resonanz. Dabei wird immerhin der stadtbekannte Recyclinghof Hagenholz aufgehoben. Gemäss einer Weisung des Stadtrats vom April 2022 hat diese Schliessung verschiedene Gründe: Der Platz auf dem Areal Hagenholz wird benötigt, um das Kehrichtheizkraftwerk (KHKW) um verschiedene verfahrenstechnische Anlagen für die zunehmende Produktion von Fernwärme zu erweitern. Freilich ist dafür noch ein Ja an der Urne nötig für die Erweiterung des KHKW Hagenholz um eine dritte Verbrennungslinie. Diese Volksabstimmung ist auf Ende 2023 vorgesehen. Ein weiterer Grund für die Aufhebung des bisherigen Recyclinghofs sind Sicherheitsbedenken. Die Verkehrsströme der verschiedenen Nutzergruppen sollen getrennt werden. So kommen sich Privat- und Werksverkehr nicht mehr in die Quere. Schliesslich wird ein Teil der Grundfläche des bestehenden Recyclinghofs Hagenholz für neue Wärmepumpen für ein geplantes Gebäude benötigt. «Aktuell wird ein Projektwettbewerb fürs Juch-Areal durchgeführt, um die geeignetste Lösung für das neue Recyclingzentrum zu eruieren. Das Total des Projektierungskredits beläuft sich auf 4,771 Millionen Franken», heisst es von der Stadt dazu. Laut Terminplan soll bis Ende 2023 ein Projekt mit Kostenvorschlag vorliegen.
Die Inbetriebnahme des neuen Recyclingzentrums auf dem Juch-Areal ist dann auf Ende 2026 geplant. Falls das Stimmvolk die Erweiterung des KHKW um eine dritte Verbrennungslinie aber Ende 2023 annimmt, müsste der Recyclinghof Hagenholz bereits in der zweiten Jahreshälfte 2024 rückgebaut werden, das heisst für die Jahre 2024 bis 2027 müsste eine Zwischenlösung gesucht werden. Affoltern war bisher als Standort nicht öffentlich bekannt, und der Quartierverein wurde nicht vorinformiert. Die Recyclinganlage auf dem Areal Looächer soll gemäss ERZ im Frühling 2024 erstellt werden und Ende 2024 in Betrieb gehen. Die Kosten für den Bau des Provisoriums würden gemäss Stadtrat den Kosten für die dritte Verbrennungslinie zugerechnet.
Anlage Werdhölzli geht auch zu
In einem zweiten Schritt soll gemäss Stadtrat der Recyclinghof Werdhölzli durch ein anderes, gleichwertiges Recyclingzentrum im Norden der Stadt ersetzt werden. Wo dieser Standort sein wird, wurde bisher nicht kommuniziert. Das weitere Vorgehen punkto neuer Recyclingzentren ist gemäss ERZ abhängig vom Ausgang der Volksabstimmungen.
Die Entsorgungsstätte auf dem Juch-Areal soll laut Antrag des Stadtrats «ein Sinnbild der Wiederverwendung von Rohstoffen und Materialien sein». Er schrieb auch von einem «Pilotprojekt des zirkulären Bauens», das einen Beitrag zur Erreichung der städtischen Netto-Null-Ziele leiste. Auch baulich soll das Recyclingzentrum neue Massstäbe setzen. «Als Pilotprojekt des zirkulären Bauens steht die Wiederverwendung von Rohstoffen und Materialien im Fokus. So sollen möglichst viele Elemente des Stahltragwerks der Recyclinghalle Hagenholz und weitere Bauteile in städtischem Eigentum wiederverwendet werden», hofft der Stadtrat laut der Weisung. «Zudem soll eine einfache und unabhängige Erneuerung von Bauteilen mit unterschiedlicher Lebensdauer ermöglicht werden.» Auch im Betriebskonzept komme der Kreislaufwirtschaft eine wichtige Bedeutung zu. «Entsorgungsgüter sollen in erster Linie repariert, wiederverwendet und in den Rohstoffkreislauf eingegliedert werden.»
Für alle zugänglich
«Das Recyclingzentrum und die Entsorgungsinfrastruktur sollen uneingeschränkt hindernisfrei zugänglich sein», verspricht der Stadtrat. Konkret soll «das Entsorgen zu Fuss und mit dem Velo der Anlieferung mit dem Auto gleichgestellt» werden. Dass die Wege zu den neuen Recyclingorten dabei eher länger statt kürzer werden, ist eine andere Frage. Immerhin wird das Angebot der mobilen Recyclinghöfe vorerst bis Ende Jahr beibehalten (siehe Kasten unten).
Mitarbeit: Lorenz Steinmann