Der slowUp Zürichsee wird in Zürich nicht gross wahrgenommen. Ist das der Grund, warum Sie expandieren wollen?
Hans Länzlinger: Nein, die Teilnehmerzahl liegt im Durchschnitt so bei 35 000. Wir richten uns bei der Bewerbung grundsätzlich an die Bevölkerung der beteiligten Gemeinden und der Nachbargemeinden. Es handelt sich beim slowUp Zürichsee um den einzigen Anlass dieser Art mit Gegenverkehr. Alle andern slow-Ups sind Rundkurse (Ausnahme slowUp Albula). Da macht es keinen Sinn, weiterzuwachsen, ohne dabei auch an die Sicherheit der Teilnehmenden zu denken. Der erste slowUp Zürichsee begann übrigens in Zürich und führte bis Rapperswil. Noch heute hat es jeweils viele Teilnehmende, die auf der nicht gesperrten Strasse von Zürich und den weiteren Gemeinden am unteren Zürichsee bis zum Streckenbeginn nach Meilen fahren.
Dann bietet sich eine Ausdehnung tatsächlich an. Also scheint es nur logisch, dass der slowUp 2023 wieder nach Zürich führen soll. Wer hatte die Idee dazu?
Die Stadt Zürich hat den Zuschlag für die Rad-WM 2024 erhalten. Ein Anlass, der die Strassen über zwei Wochen exklusiv für die Teilnehmenden der Radsportveranstaltung beansprucht. Die Projektleitung der Stadt Zürich suchte Möglichkeiten, um mit Side-Events gezielt auch die Bevölkerung in irgendeiner Form ebenfalls aktiv teilhaben zu lassen. Diese Partizipation sollte aber vor allem auch nachhaltig sein. Da bietet sich der slowUp geradezu an. Da wir bereits mit dem allerersten slowUp Zürichsee einmal ab Zürich unterwegs waren, nutzen wir die Gelegenheit, den Abschnitt Zürich – Meilen erneut aufzugreifen. Warum schon 2023? Das Austragungsdatum wäre genau ein Jahr vor der Rad-WM. So könnte die Bevölkerung bereits für den Grossanlass sensibilisiert werden. Im Stadtratsbeschluss zur Rad-WM 2024 sind explizit Side-Events und auch Mittel für deren Durchführung vorgesehen. Ausserdem war es auch der Wunsch des Radsportweltverbandes, dass Anlässe entstehen, die über die Rad-
WM hinaus das Velofahren populär machen.
Wie waren die bisherigen Reaktionen der betroffenen Gemeinden zum verlängerten slowUp?
Als Präsident des slowUp Zürichsee hatte ich die Gelegenheit, das Projekt an der Behördenkonferenz des Bezirks Meilen vorzustellen. Alle betroffenen Gemeinden waren durch ihre Präsidien vertreten. Die Idee wurde wohlwollend zur Kenntnis genommen. Nun beraten die Gemeinden in ihren Räten im Grundsatz zur Verlängerung nach Zürich.
Wo harzt es noch?
Die Organisation verlangt vom OK einiges ab. Es sind alles berufstätige Personen, welche diese Aufgabe in ihrer Freizeit bewältigen. Es gilt nun, die Unterstützung durch die Gemeinden und weitere Freiwillige zu sichern. Auch neue OK-Mitglieder werden noch gesucht. Die grösste Herausforderung ist aber das Sponsoring. Die Kosten für Verkehrssicherheit, Werbung und Information der Anwohnenden sind hoch und können bzw. müssen durch Sponsorings finanziert werden. Der slowUp ist eine Veranstaltung ohne Eintritts- oder Nutzungsgebühren. Er finanziert sich einzig durch die erbrachten Werkdienstleistungen der Gemeinden und private Sponsoren. Sponsoren sind aber gerade in der jetzigen Zeit nicht mehr so leicht zu finden. Immerhin: Ein Teil der Kosten soll aus dem Budget der Rad-WM finanziert werden. Dort sind explizit Mittel für Side-Events vorgesehen.
Wie steht es um das Bewilligungsverfahren mit der Stadt Zürich?
Sobald wir die Rückmeldungen der Gemeinden zwischen Meilen und Zürich haben, werden wir uns wieder mit der Projektleitung der Stadt Zürich in Verbindung setzen und das Bewilligungsverfahren einleiten. Der allererste slowUp Zürichsee 2004 fand wie gesagt bereits zwischen Zürich und Rapperswil statt. Insofern gehen wir davon aus, dass der Anlass bewilligungsfähig sein dürfte.
Haben Sie keine Bedenken, dass es Grundsatzdiskussionen gibt wie bei der geplanten temporären Umwandlung von zwei Fahrspuren am Utoquai in Velowege?
Beim slowUp handelt es sich um einen Anlass, der grundsätzlich der Gesundheitsförderung dient. Daher ist das Patronat auch bei Gesundheitsförderung Schweiz. Der Bevölkerung wird während sieben Stunden (10 bis 17 Uhr) an einem einzigen Sonntag im September die Gelegenheit geboten, sich auf der für den motorisierten Verkehr gesperrten Strasse zwischen Zürich und Schmerikon aus eigener Muskelkraft zu bewegen, ob zu Fuss, per Velo oder Skater. Die übrigen 364 Tage und 17 Stunden gehört die Strasse wieder dem Verkehr. Die Verlängerung der slowUp-Strecke macht durchaus Sinn. An den vergangenen slowUps nutzten jeweils viele Teilnehmende aus der Stadt Zürich bereits die nicht gesperrte Seestrasse, um nach Meilen an den slow-Up und wieder zurück zu gelangen. Auch Familien waren dabei. Das birgt Unfallgefahr, welche mit einer Sperrung bzw. Integration des Abschnittes Meilen – Zürich in den Anlass beseitigt werden kann.
Was planen Sie während der Rad-WM 2024? Dann ist ja das Gebiet rund um den Sechseläutenplatz während zweier Wochen schon «besetzt».
Genau. Daher der «Vorevent» im Jahr 2023. 2024 wird der slowUp, welcher zur gleichen Zeit stattfindet, auf der kürzeren Strecke zwischen Schmerikon und Meilen stattfinden. Das gibt der Bevölkerung der oberen Seegemeinden die einmalige Chance, aus eigener Muskelkraft an die Rad-WM zu gelangen.
Demnach soll ab 2025 der slowUp Zürichsee permanent Zürich einbinden?
Ja, das ist die Idee. Die Stadt Zürich möchte im Projekt «Rad-WM» speziell nachhaltige Ideen verfolgen. Der slowUp Zürichsee hat in den letzten 17 Jahren bewiesen, dass er nachhaltig und gesundheitsfördernd ist: ein Anlass für Jung und Alt gleichermassen und ein Treffpunkt für alle. Bei schönem Wetter würde der slowUp Zürichsee mit knapp 40 Kilometern Distanz damit wohl zum längsten Volksfest der Schweiz werden. Viele Vereine erhalten damit auch die Gelegenheit, sich entlang der Strecke mit Aktivitäten oder Beizli gratis zu präsentieren. slowUp Zürichsee würde sich sehr darüber freuen.