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Züriberg
01.12.2022
01.12.2022 17:12 Uhr

Quartiere fordern mehr Begegnungszonen

Gut zwei Dutzend Menschen aus Oberstrass überbrachten Stadträtin Karin Rykart die Petition für eine Begegnungszone an der Oberen Langmauerstrasse.
Gut zwei Dutzend Menschen aus Oberstrass überbrachten Stadträtin Karin Rykart die Petition für eine Begegnungszone an der Oberen Langmauerstrasse. Bild: Reto Schlatter
Begegnungszonen fördern aus Sicht vieler Betroffener die Nachbarschaft, verbessern den Alltag der Quartierbevölkerung und leisten einen Beitrag zu mehr Sicherheit und zum städtischen Ziel netto null 2040. Die SVP will aber nicht Strassen zu Spielplätzen umwandeln.

«Jeden Tag nutzen unzählige Auto- und Lastwagenfahrer den Abschnitt Win­terthurer- bis Scheuchzerstrasse als Schleichweg in die Innenstadt», betonte die Klimagruppe Oberstrass in ihrer Petition, die sie am Mittwoch vor einer Woche Stadträtin Karin Rykart (Grüne) überreichte. Sie fordert deshalb: «Schluss mit quartierfremdem Verkehr!» In der Oberen Langmauerstrasse soll eine Begegnungszone geschaffen werden. «Über 250 Quartier­bewohnende unterstützen dieses Anliegen, das Sicherheit für Kinder, Zufussgehende, ältere Menschen und Velofahrende schafft», sagte Mathias Rohrbach. Die Klimagruppe Oberstrass – ein Zusammenschluss engagierter Personen aus dem Kreis 6, vorwiegend Genossenschafter der Baugenossenschaft Oberstrass (BGO) – ist überzeugt, dass Quartierstrassen dem Quartier gehören.
Begegnungszonen werden auch als Beitrag zur Reduktion von Treibhausgasemissionen angesehen. Die Stimmbe­völkerung der Stadt Zürich stimmte mit klarer Mehrheit für netto null 2040. «Die Verkehrswende und mit ihr die Priorisierung von Fuss- und Veloverkehr ist ein wichtiger Baustein hin zur Reduktion von Treibhausgasemissionen», findet die Klimagruppe Oberstrass. Die Obere Langmauerstrasse im Kreis 6 sei ein Beispiel dafür, viele weitere sollen folgen. Karin Rykart sagte, man begrüsse solche Vorstösse. «Der Anstoss kommt idealerweise aus den Quartieren», so die Vorsteherin des Sicherheitsdepartements.

Auch in Seebach ein Thema

Auch die Seebacher sehen eine Vielzahl von Begegnungszonen in ihrem Quartier. «Wo in Seebach könnten noch Begegnungszonen eingerichtet werden?», wurde an einer Informationsveranstaltung von Nachbarschaftshilfe, Care Kultur und Quartierverein Seebach im Inter Nationalhof gefragt. Theo Schilter vom
Quartierverein und Markus Dietz vom ­reformierten Kirchenkreis elf standen vor der Quartierkarte und markierten zahlreiche Strassenabschnitte mit Rot. «Dies sind aus unserer Sicht mögliche geeignete Orte», hielt Schilter fest. Daniel Amstad von der Dienstabteilung Verkehr markierte zusätzlich die vier bereits rechtskräftigen, aber noch nicht realisierten ­Begegnungszonen im Quartier. Das gemeinsame Ziel der Anwesenden ist die Förderung der Nachbarschaft im Quartier. Man war sich einig, dass eine Begegnungszone eine Nachbarschaft wirksam belebt. Eine Anwohnerin der Ausserdorfstrasse erzählte, wie sie zu einer Begegnungszone kamen und dass sie immer wieder dran seien, diese zu beleben.

Breit abgestützt, dann geht es

Amstad wies in seinem Referat darauf hin, dass in Begegnungszonen Tempo 20 gilt, die Zufussgehenden vortrittsberechtigt sind, aber die Autofahrenden nicht behindern dürfen. Doch wie kommt man zu ­einer Begegnungszone? «Wenn Anwohnende einer Strasse ein Begehren für eine Begegnungszone stellen, sollte dies in der Nachbarschaft breit abgestützt sein», so Amstad. So könne eine grössere Anzahl von Einwendungen vermieden werden. Eine Petition oder eine Liste von Anwohnenden, die dies befürworten, geben Rückhalt. Zudem gebe es eine Vielzahl von Kriterien seitens der Stadt wie zum Beispiel die Länge der Strassenabschnitte, so Amstad. Wenn Anwohnende bei der Stadt vorstellig werden, braucht es häufig Geduld, bis eine Begegnungszone realisiert wird. So warten die Anwohnenden der Blumenfeldstrasse und die Schule Blumenfeld in Affoltern schon seit Jahren auf die heiss begehrte Begegnungszone. Kürzlich wurde sie ausgeschrieben. Andernorts wie im Hürstquartier wurde eine ­solche innert Kürze eingerichtet. Care ­Kultur, Nachbarschaftshilfe und Quartierverein Seebach prüfen nun, ob und wie sie das Einrichten von mehr Begegnungszonen unterstützen können. «Gemeinsam mit aktiven Anwohnenden finden sich die am besten geeigneten Strassenabschnitte, und die Chancen der Vorhaben steigen. Wo es wie rasch vorwärtsgeht, ist offen und wird sich zeigen», so Schilter.

Strassen sollen Strassen bleiben

«Begegnungszonen machen an gewissen Orten durchaus Sinn», bestätigt Stephan Iten, Gemeinderat SVP. «Begegnungs­zonen darf es aber nur auf reinen Wohnstrassen ohne anderweitige verkehrstechnische Funktion geben.» Die SVP habe schon immer eine konsequente Entflechtung der Verkehrsträger gefordert. «Dies bringt flüssigen, aber vor allem sicheren und ruhigen Verkehr.» Strassen seien aber Strassen und dürften unter keinen Umständen zu Spielplätzen umgenutzt werden, um so den motorisierten Indivi­dualverkehr zu behindern. Auch wenn Zufussgehende auf Begegnungszonen generell vortrittsberechtigt seien, dürften sie den Verkehr nicht beeinträchtigen oder gar blockieren. «Es wird auch schwierig, den Kindern zu erklären, auf welchen Strassenabschnitten gespielt werden darf und auf welchen nicht», so Iten.

31 Kilometer Begegnungszone

In der ganzen Stadt Zürich gibt es gemäss Dienstabteilung Verkehr 143 umgesetzte Begegnungszonen, das sind insgesamt 31 Kilometer. In Seebach sind es 8 umgesetzte Begegnungszonen (Ausserdorfstrasse, Bahnhaldenstrasse/Höhenring, Buhnstrasse, Ettenfeld Süd, Felsenrain, Hegnauweg, Honigstrasse, Rudolf-Hägi-Strasse). Rechtskräftig, aber noch nicht umgesetzt oder geplant sind 4 Begegnungszonen (Grubenacker, Katzenbachstrasse, Schönauring, Sperletweg).
Ist der Wunsch nach Begegnungszonen in den letzten Jahren gestiegen? «Es gehen immer wieder Begehren/Gesuche ein, oder die Stadt plant von sich aus Begegnungszonen», antwortet die Dienstabteilung Verkehr auf Anfrage eher zurückhaltend. «Die Zahl der Verfügungen von Begegnungszonen schwankt, hat aber insgesamt nicht zugenommen.»
In Basel übrigens gibt es zurzeit gut 90 Begegnungszonen. Bezogen auf die Anzahl Einwohnerinnen und Einwohner (200 100 in Basel gegenüber 440 000 in Zürich), bedeutet dies, dass Basel bedeutend weiter ist mit der Umsetzung.

Milchbuckstrasse – Im Eisernen Zeit: Da sagt Stadt Nein
Der Einwohnerverein 6 wollte die Verbindung Milchbuckstrasse – Im Eisernen Zeit als Begegnungszone umgebaut haben. Momentan ist das Gebiet ­wegen der Fernwärme sowieso eine Baustelle. Doch die Stadt sagte Nein. Es brauche bei einer Sackgasse eine Wende­möglichkeit, was hier nicht gehe. Eine Argumentation, welche im Quartier schlecht angekommen ist. Man will nun aber erstmals das Bauende der Fernwärme abwarten.

Pia Meier