Bis ins Jahr 2040 muss die Stadt Zürich ihren CO₂-Ausstoss auf netto null herunterbringen. Das will die grosse Mehrheit der Stimmbevölkerung gemäss einer Volksabstimmung. Stadträtin Simone Brander (SP) und die Stadträte Andreas Hauri (GLP), Michael Baumer (FDP) und André Odermatt (SP) erläuterten anlässlich einer Medienkonferenz die von der Stadt erzielten Fortschritte. Um Netto-Null zu erreichen, müssen rund 21 000 fossile Heizungen in der Stadt Zürich durch klimafreundliche Lösungen ersetzt werden. Eine Prognose zeigt, dass der Anteil Heizungen mit erneuerbaren Energien wächst und 2022 erstmals über 40 Prozent ist. Die Stadt unterstützt private Eigentümerinnen und Eigentümer mit Beratungen und Förderprogrammen, die den Umstieg von fossilen Heizungen auf erneuerbare erleichtern, wie Hauri ausführte. Nachdem sich die Nachfrage nach Beratungen von 2020 auf 2021 bereits verdoppelt hatte, nahm sie dieses Jahr nochmals um 40 Prozent zu. Hauri geht davon aus, dass in nächster Zeit viele Hauseigentümerinnen und -eigentümer ihre Gas- oder Ölheizungen durch Wärmepumpen austauschen werden. Ab nächstem Jahr hat die kantonale Baudirektion von Martin Neukom (Grüne) das Bewilligungsverfahren dafür erleichtert. Die Stadt unterstützt den Umstieg mit Fördergeldern. «Das lohnt sich finanziell», betonte Hauri.
Der stadteigene Gebäudebestand soll bis 2035 vollständig auf den Betrieb mit erneuerbarer Energie umgestellt werden. Sowohl Liegenschaften Stadt Zürich als auch Immobilien Stadt Zürich haben gemäss Stadtrat dafür Umsetzungspläne definiert, mit denen sie alle noch mit fossiler Energie betriebenen Heizungen in ihren Gebäuden ersetzen. Damit sollen die direkten Emissionen, die durch Heizen entstehen, bis 2035 auf null gesenkt werden.
Ausbau thermisches Netz
Eine zentrale Voraussetzung für den Heizungsersatz ist der Ausbau der thermischen Netze. Heute sind rund 30 Prozent des städtischen Siedlungsgebiets mit Wärme- oder Kälteverbünden erschlossen. Bis 2040 soll der Anteil auf 60 Prozent verdoppelt werden. Als Gebiete neu dazu kommen Unterstrass, die Kreise 4 und 5, das Seefeld sowie Teile von Altstetten und Höngg. «Die thermischen Netze werden das Gasnetz ersetzen», sagte Baumer.
Weil der Stromverbrauch gemäss Prognosen weiter steigt, wird parallel auch der Ausbau der erneuerbaren Energieversorgung immer wichtiger. So hat ewz jüngst zwei hochalpine Solaranlagen realisiert, wie Baumer ausführte. «Damit leistet ewz einen wichtigen Beitrag zur Winterstromversorgung», betonte er.
Auch in der Stadt wird der Zubau von Fotovoltaik weiter vorangetrieben. «Wir haben in der Stadt Zürich die Solarstromproduktion von rund 4,6 Gigawattstunden im Jahr 2010 auf rund 32 GWh im Jahr 2021 etwa versiebenfacht», so Baumer.
Streit um graue Energie bei Hausabbrüchen
Einen umstrittenen Punkt beim Klimaschutz stellen die Ersatzneubauten dar. Politiker werfen der Stadt Zürich vor, ältere Häuser ohne Prüfung abzureissen, um sie durch Neubauten zu ersetzen. Dadurch gehe viel graue Energie verloren. Dies sei zum Beispiel der Fall beim geplanten Abbruch der Triemli-Personalhäuser. Odermatt hält die Debatte für wichtig, wie er betonte. Man dürfe aber nicht verallgemeinern. Ersatzneubauten würden umweltmässig nicht immer schlechter abschneiden. Man müsse jeden Fall separat prüfen, um die bestmögliche Lösung zu finden. Bei alten Häusern müsse man oft «tief in die Substanz eingreifen», um sie klimatechnisch richtig zu erneuern. Odermatt wies darauf hin, dass die meisten der städtischen Gebäude saniert statt neu erstellt werden. Ersatzneubauten seien die Ausnahme. «Aber solche Instandsetzungen fallen halt weniger auf», bemerkte er. Um die indirekten Emissionen im Gebäudebereich zu reduzieren, würden sie noch stärker auf einen tiefen Materialverbrauch und den Einsatz von klimaoptimierten Baumaterialien achten. Politiker verlangten von der Stadt vor allen Bauprojekten eine umfassende CO₂-Bilanz aller Varianten durchzuführen. So soll die Stadt jeweils die klimafreundlichste wählen können.
Mehr Bäume gegen die Stadthitze
Das Klima ist aber auch Thema bei der Strassengestaltung. «Das beste, das wir für die Hitzeminderung tun können, ist Bäume pflanzen», hielt Brander fest. Die Fläche im Siedlungsgebiet, die durch Bäume beschattet wird, die sogenannte Kronenfläche, betrug bei der letzten Messung 2018 noch 17 Prozent. Bis 2050 soll sie auf 25 Prozent erhöht werden. Dies geschieht unter anderem, indem Strassen klimagerecht gestaltet werden. Diese sollen grüner und weniger durchasphaltiert werden, wie Brander sagte. Die Absicht dahinter ist, dass sich Zürich im Sommer dank mehr Bäumen und unversiegelten Böden nicht so stark aufheizt. Ein Beispiel ist die Heinrichstrasse. Dort wird Platz für 48 zusätzliche Bäume geschaffen. Dazu kommt die Möglichkeit der Fassadenbegrünung dazu, wie sie beim Stadtspital Triemli exemplarisch umgesetzt wurde. Solche Begrünungen steigern die Biodiversität in der Stadt und leisten einen Beitrag zur Hitzeminderung, so Brander. Grün Stadt Zürich hat ein Förderprogramm für Privatpersonen, Bauherrschaften und Institutionen, die eine Vertikalbegrünung an ihrem Gebäude installieren möchten, lanciert. Ziel ist diese von 11 auf 15 Prozent im 2040 zu steigern. Und nicht zuletzt plane man auch, Bäume und Grünflächen auf privaten Grundstücken besser zu schützen.
Problem indirekte Emissionen durch unseren Konsum
Doch auf einen grossen Anteil des CO₂-Ausstosses hat die Stadt keinen grossen Einfluss, wurde eingeräumt. Es handelt sich um indirekte CO₂-Emissionen durch den allgemeinen Konsum. Diese fallen ausserhalb des Stadtgebiets an zum Beispiel durch Reisen oder den Kauf von Kleidern. Der CO₂-Ausstoss durch den allgemeinen Konsum macht drei Viertel des CO₂-Ausstosses eines durchschnittlichen Stadtbewohnenden aus. Die Stadt hat sich zum Ziel gesetzt, die indirekten Emissionen bis 2040 um 30 Prozent zu senken. Dafür will sie die Kreislaufwirtschaft wie Kartonrecycling und eine Umstellung der Ernährung fördern. Wirklich gestalten könne die Stadt aber wenig in diesem Bereich. «Wir müssen sensibilisieren, unterstützen, motivieren», sagte Hauri.
«Das Thema Klimaschutz betrifft viele Abteilungen», befand Hauri. «Aber wir arbeiten gut zusammen», ist der GLP-Politiker überzeugt. Um die Erreichung der Ziele sicherzustellen, wird ein Monitoring für jedes Umweltziel entwickelt. Jährlich soll eine Überprüfung anhand von festgelegten Indikatoren stattfinden. Im Jahr 2022 hat die Stadt Zürich als erste Schweizer Stadt ein Treibhausmonitoring entwickelt. Mit diesem werden die direkten und die indirekten Emissionen der Zürcherinnen und Zürcher gemessen. Das Treibhausmonitoring wird online zur Verfügung stehen.