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Zürich Nord
22.12.2022
21.12.2022 10:34 Uhr

So entsteht ein «Züri 10»-Musical

Bis eine Vorstellung des Vereins "Musicalprojekts Zürich 10" so aussieht, braucht es einige Vorbereitungen.
Bis eine Vorstellung des Vereins "Musicalprojekts Zürich 10" so aussieht, braucht es einige Vorbereitungen. Bild: Lucia Gilli
Die Aufführungen rücken näher, das neue Stück ist bekannt und das diesjährige Projekt nimmt langsam Form an. Doch was braucht es eigentlich, um ein Musical auf die Beine zu stellen, und was muss dabei beachtet werden? Joëlle Regli, Zoé Piguet und Viktor Szlovák berichten.

Rahel Köppel

Der Verein «Musicalprojekt Zürich 10» führt jedes Jahr wieder ein anderes Musical auf. Dieses Jahr bringen wir das Stück «Julia ohni Romeo?» auf die Bühne. Wie es der Name schon andeutet, hat es einen Zusammenhang mit dem Klassiker «Romeo und Julia». Was wäre, wenn sich Julia nicht umgebracht hätte? Wie wäre die Geschichte weitergegangen? Begleitet wird das Musical von Popliedern, einige aus den 90er-Jahren, die wohl jeden Tanzmuffel dazu bringen, mit dem Fuss zu wippen.

Kriterien für das perfekte Musical

Doch wie wird entschieden, welche Musicals sich für unseren Verein eignen? Wir vom Cast dürfen jeweils für die GV im Mai Vorschläge geben, die dann von der Leitung besprochen werden. «Grundsätzlich suchen wir immer Musicals, die möglichst viele Rollen haben, damit wir vielen Teilnehmenden einen Part im Stück geben können», berichtet Choreografin ­Joëlle Regli. «Punkte wie die Anzahl der Männer und Frauen und auch der Schauplatz sind entscheidend», ergänzt Regieleitung Zoé Piguet, die sich diese Aufgabe mit Chris Meier teilt. Für Viktor Szlovák, den musikalischen Leiter, ist es wichtig, dass ihm die Lieder gefallen. «Man kann eigentlich mit allen Songs arbeiten. Eventuell muss eine Tonart geändert und Text angepasst werden», präzisiert er. Die Arrangements der verschiedenen Stimmen macht Viktor jeweils selbst.

Die Choreografie werde bei der Planung als Letztes miteinbezogen. «Ich kann mit relativ vielen Songs arbeiten und bringe mich dann vor allem in einem zweiten Schritt, wenn es um Songanpassungen und Songänderungen beziehungsweise den Austausch von Liedern geht ein», so Joëlle.

Sie hat sich über die diesjährige Stückwahl gefreut. «Für mich als Choreografin ist ‹Julia ohni Romeo?› wie das persönliche Paradies», schwärmt sie. «Einmal Popsongs für ein Musical choreografieren zu können, ist unglaublich spannend – so kann ich meine Leidenschaft zum Hip-Hop und das Musicalgenre miteinander verbinden.»

Für das diesjährige Stück habe auch gesprochen, dass viele Leute die Lieder kennen und es gut zum Verein passt. «Da das Musicalprojekt Zürich 10 im Jahr 2008 das klassische Musical zu ‹Romeo und Julia› auf die Bühne gebracht hat, fanden wir es schön, diese Geschichte in veränderter Form für das Jubiläumsjahr wieder aufzuführen.» Ausserdem habe das Stück musikalisch und inhaltlich den gewissen Kick. «Ich höre mir meistens bei der Stückauswahl als Erstes den Soundtrack mit geschlossenen Augen an, und wenn es nach fünf Sekunden in meinem Körper zuckt, dann weiss ich: Dieses Musical hat definitiv Potenzial», so Joëlle.

Schauspieltechnisch wird jeweils angeschaut, wie anspruchsvoll das Stück und wie adaptierbar es für unseren Verein ist. «Eine Lovestory wie dieses Jahr ist schauspielerisch anders als zum Beispiel das Stück vom letzten Jahr», berichtet Zoé. Da hiess das Musical «Vom Leben des Todes», und in einigen Szenen wurden ernste Themen wie Suizid behandelt, die einem beim Spielen anders herausforderten.

  • Joëlle Regli will die Freude am Tanzen vermitteln. Sie hat in den Jahren als choreografische Leitung gelernt, wie man am besten für Musicals choreografiert. Bild: Jessica Graf
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  • Viktor Szlovák passt je nach Notwendigkeit auch mal Tonarten an. Bild: Lucia Gilli
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Die Vorbereitungen

Nach der Stückauswahl geht es dann ans Drehbuchschreiben, Choreografieren und Arrangieren. «Beim Schreiben des Drehbuchs müssen wir vor allem darauf achten, dass wir es auf uns anpassen», erklärt Zoé. Bei eigenen Stücken sei das Schreiben natürlich aufwendiger als bei solchen, die bereits in irgendeiner Form bestehen. «Dafür können wir dort noch mehr unsere eigenen Ideen einbringen», so die Regieleitung. Beim Schreiben des diesjährigen Drehbuchs wurde Zoé von den Castmitgliedern Jessica und Anushka unterstützt, wobei Jessica mit ihrer Erfahrung in der digitalen Filmproduktion einen besonderen Gewinn für das Team darstellte. Schwierig sei es zum Teil abzuschätzen, was beim Publikum gut ankommt und wie es dann schlussendlich auf der Bühne aussieht. «Wir schreiben quasi im ‹luftleeren Raum›, was das Ganze manchmal etwas anspruchsvoll macht.»

Joëlle holt sich jeweils zwar Inspirationen, choreografiert dann aber schlussendlich alles selbst. «Videos schaue ich meist erst dann, wenn ich gar nicht mehr weiterkomme. Sonst versperren sie mir die Sicht auf meine eigenen Ideen.» Schwierig sei es, immer wieder Neues herauszufinden, damit dann nicht alles gleich aussieht. Auch musste sie in ihren bald sieben Jahren als choreografische Leitung lernen, dass man bei Musicals auf andere Dinge achten muss als beim «normalen» Choreografieren. «Ich musste mir angewöhnen, auf Worte und nicht auf Zahlen zu choreografieren, da der Cast ja gleichzeitig singen muss.» Alles müsse auf Szeneninhalt, Bühnenbild und Arrangement abgestimmt sein.

Viktor hat als Mitglied der A-cappella-Gruppe Bliss viel Eigenerfahrung mit Singen und Tanzen auf der Bühne. Er achtet beim Arrangieren drauf, dass der ganze Cast gut mitkommt und es für alle passt. «Zu beachten ist zudem, dass der Cast auf der Bühne nicht zu hohe und auch nicht zu tiefe Töne singen kann, da das sonst zusammen mit Tanzen nicht funktioniert und auch nicht gut klingt», sagt er.

Die Freude am Ressort vermitteln

Unser Verein ist ein Laienverein, und die meisten von uns konnten vorher noch keine Musicalerfahrungen sammeln. Darauf muss auch die Leitung Rücksicht nehmen. Joëlle ist es beispielsweise sehr wichtig, die Freude am Tanzen zu vermitteln. «Dafür habe ich immer die Einwärmchoreos mit eher einfachen Schritten, die man ziemlich schnell kann», berichtet sie. «Diese Choreos sollen helfen, sich in den Tanzfluss einzufinden und einfach Spass am Tanzen zu haben.» Zoé ist in dieser Hinsicht wichtig, in stetigem Austausch mit den Spielenden zu sein und ihnen Freiheiten zu lassen. «Ich sage nicht alles vor und lasse sie oft auch mit Improvisation ausprobieren, wie sie sich in ihrer Rolle wohlfühlen.» Damit habe sie sehr gute Erfahrungen gemacht. Für Viktor ist es wichtig, dass man mutig ist und sich Dinge traut. «An der Stimme und am Tönetreffen kann man zusammen arbeiten», sagt er. «Wenn man sich aber nicht viel traut, wird es schwierig.»

Zweiter Teil der Serie

Dieser Artikel ist der zweite der fünfteiligen Serie über den Verein «Musicalprojekt Zürich 10», verfasst von Rahel Köppel, Praktikantin bei Zuerich24 und Mitglied des Vereins. Der erste Text erschien in der Ausgabe vom 24. 11. Bis und mit März wird in jeweils einmal pro Monat ein Artikel zum Verein und zum aktuellen Projekt erscheinen.

Aufführungsdaten und Informationen

Rahel Köppel