Guy Krayenbühl
Wenn Sie diese Zeilen lesen, ist das Politjahr 2022 im Gemeinderat zu Ende und das Budget für unsere Stadt unter Dach und Fach. Wohlgemerkt, ein Budget, das in den letzten Jahren stets gewachsen ist und nun erstmals die Höhe von 10 Milliarden Franken überschritten hat. Die Anträge auf Budgetkürzungen hingegen entwickelten sich in die entgegengesetzte Richtung: Sie reduzierten sich in den letzten Jahren von einst weit über 300 auf mittlerweile 100 – wer hätte das erwartet?
Was die Finanzpolitik betrifft, so war man sich anscheinend «einig» und es hätte ein harmonisch langweiliges Jahr werden können im Gemeinderat, mit kurzen Sitzungen und endlich ausreichend Schlaf. Und dann kamen die Sammlung Bührle – nicht über jeden Zweifel erhaben, die Tagesschule und der gemeinnützige Wohnungsbau an der Neugasse, beziehungsweise dessen Verhinderung. Es kamen die Frage der Anzahl Stadtpolizistinnen und -polizisten, die Tunnels für Velos und Fernwärme, der Vormutterschaftsurlaub und die Menstruationsfreitage und natürlich der Genderstern – und da waren sie wieder, die Debatten im Gemeinderat, bis spät in den Mittwochabend und nicht selten noch zusätzlich am Samstag. Die Langeweile war vom Tisch – und leider auch der Schlaf.
Das Jahr war geprägt von der ausklingenden Corona-Pandemie, der Neuwahl des Gemeinderats und dem Angriffskrieg auf die Ukraine. Letzterer verursachte die Energiemangellage, während die Neuwahlen im Gegensatz zu politischem Aktivismus und einer regelrechten Überversorgung an politischen Vorstössen führten, das heisst, es werden derzeit mehr Vorstösse eingereicht, als pro Sitzung des Gemeinderats abgebaut werden können.
Und die Energiemangellage? Die führte dazu, dass der Stadtrat auch ohne Wahlen etwas ins Schlottern kam, im Stadthaus weniger heisse Luft produziert und weniger gekippt wird als im Sommer. Die Stadtpräsidentin ist nun gelegentlich mit einem schmutzigen Velo unterwegs, und Sie, liebe Zürcherinnen und Zürcher? Sofern Sie denn den Ratschlägen des Stadtrats im Zusammenhang mit der Energiemangellage und dem Netto-Null-Ziel Folge leisten, duschen Sie nun öfters zu zweit und dies, auch wenn sie nicht frisch verliebt sind.
Wir im Gemeinderat hatten das Vergnügen, auch bei 19 Grad heisse Debatten zu führen, und Stadtrat Baumer lässt einstweilen seine Frisur an der Luft trocknen. Liebe Zürcherinnen, lieber Zürcher, die Stadt ist voll auf dem LED-Trip, geniessen Sie Ihre Brrrrrunsli, halten Sie die Brrrrrause fest und ich wünsche Ihnen erholsame Festtage und einen guten Rutsch in 2023!