Interview Lorenz Steinmann
Erika Forster, Sie wohnen seit langem im Kanton St. Gallen. Was haben Sie für einen Bezug zu Zürich?
Die Stadt Zürich ist für mich nach wie vor die Heimatstadt, in der ich aufgewachsen bin und in die ich noch heute so viel wie möglich zurückkehre. Da sind ein Teil meiner Familie, Freundinnen und Bekannte in und um Zürich. Dann ist da das Geschäftliche, das Kulturelle, der See und die wunderschöne Altstadt, die ich gerne immer wieder durchschlendere.
Sie sind Verwaltungsratspräsidentin der Ersian AG, einer doch schon bald 50-jährigen Immobilienfirma in Zürich. Warum?
Ich bin seit 20 Jahren Präsidentin, weil mein Vater das damals so gewünscht hat. Seither ist es ein Anliegen des VR, in dem drei Familien vertreten sind, sein Werk in seinem Geist weiterzuentwickeln.
Nun will die Ersian AG in Witikon neu bauen. Was sind die Gründe dafür?
Wir haben die aus den 1960er-Jahren stammenden Liegenschaften an der Witikonerstrasse vor 20 Jahren letztmals saniert. Nicht nur Menschen werden älter, auch Liegenschaften. Die Bauqualität der Bauten entspricht nicht mehr den heutigen Anforderungen bezüglich Ressourcenverbrauch, Wohnungsgrundrissen und Ausbaustandard.
Thema Graue Energie. Warum wird nicht saniert, sondern neu gebaut?
Aus bautechnischen wie aus energetischen Gründen ist eine weitere Sanierung gemäss Expertenaussagen nicht mehr sinnvoll. Sie haben uns davon abgeraten, weil es nur eine halbe Lösung zu hohen Kosten sei. Zumal die Mieterinnen und Mieter bei so umfassenden Sanierungen auch nicht in den Bauten bleiben könnten.
Gibt es weitere Vorzüge des Neubaus?
Die viergeschossigen Bauten ermöglichen weiterhin bodennahes Wohnen mit gutem Freiraumbezug und damit eine hohe Begegnungs- und Aufenthaltsqualität für ein generationenübergreifendes Zusammenwohnen. Die Bauten entsprechen zudem den heutigen Ansprüchen der Mieterinnen und Mieter und erfüllen die Anforderungen der Nachhaltigkeit, des Energieverbrauchs und des Lärmschutzes.
Wie viel werden die Mieten steigen, bezogen auf den Quadratmeter?
Weil der Bezug allerfrühestens 2026 erfolgen kann, wissen wir das noch nicht, zum Beispiel wegen der starken Bauteuerung. Die Wohnungen sollen aber auch künftig für Familien und ältere Menschen zahlbar sein und werden ein mittleres Preisniveau aufweisen. Heute ist das Mietzinsniveau natürlich aufgrund des Alters der Gebäude deutlich tiefer, das ist uns bewusst.
Eben wurde eine Petition im Quartier lanciert, welche eine Etappierung der Ersatzneubauten fordert. Können Sie die Bedenken der Petitionäre (Härtefälle nach der eben erfolgten Kündigung) nachvollziehen?
Auch diese Frage haben wir gründlich geprüft. Der Bauablauf muss vom tiefsten Punkt an der Kreuzung Katzenschwanzstrasse/Witikonerstrasse her starten. Die Garageneinfahrt, welche für einen Bezug einer Etappe notwendig würde, befindet sich am obersten Punkt. Somit ist es zwingend, dass alle Häuser mit dem Baubeginn zurückgebaut werden. Um die Lastwagenfahrten (Lärmemissionen/Verkehrsbelastungen) zu minimieren, wird der Aushub in zwei Etappen ausgeführt, damit die ersten Hinterfüllarbeiten mit dem Aushub der zweiten Aushubetappe erfolgen können.
Was halten Sie von der Forderung, dass die Ersian AG Ersatzwohnungen bereitstellen soll für die jetzigen Mieter, ist das von den Kapazitäten her überhaupt möglich?
Sobald eine Wohnung der Ersian AG frei wird, wird sie den Mieterinnen und Mietern der Witikonerstrasse selbstverständlich prioritär angeboten. Wir streben auch eine Kooperation mit der uns nahestehenden Stiftung für Alterswohnungen an, die das eben neu erstellte «Stöckli» in Witikon führt. Eine als Mietercoach ausgebildete, von uns angestellte Fachperson kümmert sich zudem einmal pro Woche um die Anliegen der älteren Mieterinnen und Mieter in Sache Wohnungssuche. Zudem ist die Kündigung erst auf Ende März 2024 angesetzt. Das lässt Zeit, um geeignete Lösungen zu finden.
Das Interview wurde schriftlich geführt.