Die Vernissage ist sehr gut besucht. Die Ausstellung «Stadthotel Zürich» im Zentrum Architektur Zürich, das in der Villa Bellerive im Seefeld untergebracht ist, trifft den Nerv der Zeit. Auffällig viele junge Frauen und Männer haben sich an diesem Abend hier eingefunden.
Eingeladen hat die Zürcher Arbeitsgruppe für Städtebau (ZAS*). Sie möchte zum Umdenken anregen, will weniger «Abbruch auf Vorrat», der Bausubstanz Sorge tragen die Nutzung von alten Gebäuden weiterdenken. Darum lancierten die Architektinnen und Architekten einen «spekulativen Ideenwettbewerb». Das Ziel: Der Erhalt der drei ehemaligen Personalhäuser mit insgesamt 750 Einzelzimmern beim Triemlispital, das zum Stadtspital Zürich gehört.
45 Projekte wurden eingereicht
Eigentlich wäre dieses Jahr das Ende der Betontürme gekommen. Die Stadt Zürich wollte die rund 50 Jahre alten Häuser abreissen, unter anderem wegen des baulichen Zustands, des Brandschutzes und des Energieverbrauchs. Der Gemeinderat hat das Vorhaben vergangenes Jahr aber vorläufig gestoppt. Das Parlament will, dass die Türme noch mindestens zehn Jahre stehen bleiben. Aktuell sind die 43-Meter-Hochhäuser teilweise belegt, etwa für die Unterbringung von ukrainischen Geflüchteten.
45 Teams aus Deutschland, Österreich und der Schweiz haben Ideen eingereicht, darunter renommierte Büros wie Pool Architekten aus Zürich, die auch am neuen Hardturm-Stadion beteiligt sind. Dies obwohl als Preis maximal 2000 Franken lockten – plus einer Tafel Schokolade und einem Blumenstrauss. Doch das gehört zum Architektendasein dazu. Architektinnen und Architekten sind es sich gewohnt, viel Arbeitszeit in Vorschläge zu stecken, die dann nie umgesetzt werden. Der Wettbewerb schlug vor, die drei Türme zu einer Art Stadthotel umzubauen. «Ein Ort für Menschen in unterschiedlichsten Lebenssituationen, auf kurze oder längere Zeit», so die ZAS*.
Eine Jury zeichnete jene fünf Eingaben aus, die aus ihrer Sicht einzelne Aspekte besonders gelungen umsetzten. Der Vorschlag «S, M, L, XL» des Teams OAEU hinterfragte beispielsweise, wie viel Wohnfläche ein einzelner Mensch benötigt. Die Antwort: 21 Quadratmeter für eine Person, 55 Quadratmeter für zwei Personen oder 85 Quadratmeter für zwei bis drei Personen. Das Projekt «Hinterm Horizont» der gleichnamigen Arbeitsgemeinschaft will wiederum eine Gebäudeschicht an die bestehenden Türme anbauen, in denen dann Badezimmer oder Küche untergebracht sind. Dieser neue Gebäudeteil würde eine Sanierung der bestehenden Fassade hinfällig machen.