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Zürich West
16.01.2023
16.01.2023 11:14 Uhr

Die Triemli-Hochhäuser sollen bleiben

«S, M, L, XL» geht der Frage nach, wie viel privaten Raum wir benötigen.
«S, M, L, XL» geht der Frage nach, wie viel privaten Raum wir benötigen. Bild: OAEU / Ideenwettbewerb «Stadthotel Triemli»
Eine Gruppe junger Architektinnen und Architekten setzt sich für den Erhalt der drei ehemaligen Personalhäuser beim Triemlispital ein. Die Stadt hatte geplant, die markanten Betontürme dieses Jahr abzureissen. Nun liefern 45 Projektvorschläge Argumente gegen einen Abbruch der Hochhäuser.

Die Vernissage ist sehr gut besucht. Die Ausstellung «Stadthotel Zürich» im Zentrum Architektur Zürich, das in der Villa Bellerive im Seefeld untergebracht ist, trifft den Nerv der Zeit. Auffällig viele junge Frauen und Männer haben sich an diesem Abend hier eingefunden.

Eingeladen hat die Zürcher Arbeitsgruppe für Städtebau (ZAS*). Sie möchte zum Umdenken anregen, will weniger «Abbruch auf Vorrat», der Bausubstanz Sorge tragen die Nutzung von alten Gebäuden weiterdenken. Darum lancierten die Architektinnen und Architekten einen «spekulativen Ideenwettbewerb». Das Ziel: Der Erhalt der drei ehemaligen Personalhäuser mit insgesamt 750 Einzelzimmern beim Triemlispital, das zum Stadtspital Zürich gehört.

45 Projekte wurden eingereicht

Eigentlich wäre dieses Jahr das Ende der Betontürme gekommen. Die Stadt Zürich wollte die rund 50 Jahre alten Häuser abreissen, unter anderem wegen des baulichen Zustands, des Brandschutzes und des Energieverbrauchs. Der Gemeinderat hat das Vorhaben vergangenes Jahr aber vorläufig gestoppt. Das Parlament will, dass die Türme noch mindestens zehn Jahre stehen bleiben. Aktuell sind die 43-Meter-Hochhäuser teilweise belegt, etwa für die Unterbringung von ukrainischen Geflüchteten.

45 Teams aus Deutschland, Österreich und der Schweiz haben Ideen eingereicht, darunter renommierte Büros wie Pool Architekten aus Zürich, die auch am neuen Hardturm-Stadion beteiligt sind. Dies obwohl als Preis maximal 2000 Franken  lockten – plus einer Tafel Schokolade und einem Blumenstrauss. Doch das gehört zum Architektendasein dazu. Architektinnen und Architekten sind es sich gewohnt, viel Arbeitszeit in Vorschläge zu stecken, die dann nie umgesetzt werden. Der Wettbewerb schlug vor, die drei Türme zu einer Art Stadthotel umzubauen. «Ein Ort für Menschen in unterschiedlichsten Lebenssituationen, auf kurze oder längere Zeit», so die ZAS*. 

Eine Jury zeichnete jene fünf Eingaben aus, die aus ihrer Sicht einzelne Aspekte besonders gelungen umsetzten. Der Vorschlag «S, M, L, XL» des Teams OAEU hinterfragte beispielsweise, wie viel Wohnfläche ein einzelner Mensch benötigt. Die Antwort: 21 Quadratmeter für eine Person, 55 Quadratmeter für zwei Personen oder 85 Quadratmeter für zwei bis drei Personen. Das Projekt «Hinterm Horizont» der gleichnamigen Arbeitsgemeinschaft will wiederum eine Gebäudeschicht an die bestehenden Türme anbauen, in denen dann Badezimmer oder Küche untergebracht sind. Dieser neue Gebäudeteil würde eine Sanierung der bestehenden Fassade hinfällig machen.

Stadt äussert sich positiv

Alle Vorschläge haben gemein, dass sie  die Diskussion anregen und Problemstellungen auf unterschiedliche Weise angehen. Für die ZAS* stellen alle Projekte wertvolle Vorschläge für die Zukunft der drei Türme dar. Inwiefern sich zukünftige Planungen an den Ideen orientieren, bleibt abzuwarten. Vielleicht lassen sich die Mitarbeitenden der städtischen Verwaltung von der Ausstellung in der Villa Bellerive inspirieren. Erste Rückmeldungen zeigen, dass die Stadt der Initiative der Architektengruppe positiv gegenüber steht. 

«Wir verfolgen das Verfahren und die eingereichten Projekte mit Interesse und begrüssen es, dass sich die Architekturszene mit dem Thema des klimagerechten Bauens auseinandersetzt», heisst es auf Anfrage vonseiten des Hochbaudepartements. «Vorerst sind es spannende Inputs. Bis zu einer möglichen Umsetzung müssten selbstverständlich aber auch Aspekte wie die Brandschutzthematik, die Statik oder Schadstoffbelastung vertieft geprüft werden», führt Mediensprecher Lucas Bally aus.

Die Stadt erarbeitet derzeit eine Machbarkeitsstudie, deren Ergebnisse im Frühling vorliegen sollen. «In der Studie werden unter anderem verschiedene Szenarien für eine mögliche Zwischennutzung von 10 bis 15 Jahren geprüft», erklärt Bally. Langfristig werde das Stadtspital Zürich das Areal benötigen, um seine Entwicklungsstrategie umsetzen zu können. 

Alle Projektbeiträge ansehen: www.zas.life

Ausstellung bis 19. Januar 2023. ZAZ Bellerive Zentrum Architektur Zürich, Höschgasse 3, 8008 Zürich, täglich offen von 12 bis 21 Uhr. www.zaz-bellerive.ch

Pascal Turin