Lisa Maire
Das Projekt «Orte der Ruhe» steht seit 2018 im Rahmen des Moduls «Grünraum und Stadtleben» auf dem Lehrplan der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW). Unter der Leitung von Dozentin Petra Hagen Hodgson wollen angehende Umweltingenieurinnen und -ingenieure herausfinden, wo und wie öffentliche Freiräume von Menschen genutzt werden, um der Hektik des Alltags zu entfliehen. Dazu erkunden sie in Gruppen verschiedenartige städtische Freiräume – ob Plätze, Pärke, Höfe, Strassen, Wege – und fragen dort Passanten und Anwohnende, wie sie den Ort erleben. Dieses partizipative Element ist das Spezielle an dem Hochschulprojekt: Es kommen darin Quartierbewohnerinnen und -bewohner zu Wort. Zudem bleiben die Ergebnisse der Untersuchungen nicht im akademischen Elfenbeinturm liegen, sondern werden jeweils mit Ausstellungen wieder in die Quartiere zurückgetragen.
Thema bewegt viele
Mit dem Bevölkerungswachstum, der zunehmenden Verdichtung von städtischem Raum und der steten Beschleunigung in verschiedensten Lebensbereichen ist auch das Bedürfnis der Menschen nach alltäglichen Orten der Ruhe gewachsen. In den letzten Jahren habe sich denn auch der öffentliche Diskurs über die Notwendigkeit solcher Freiräume zum Innehalten, Auftanken, Entschleunigen verstärkt, sagt Petra Hagen Hodgson. In diesem Sinne könnten die Ergebnisse der ZHAW-Arbeiten auch als Beitrag zur städtebaulichen Weiterentwicklung verstanden werden. Das Thema bewege viele Menschen in der Stadt. Das zeige nicht zuletzt das grosse Interesse, auf das die jährlichen Ausstellungen jeweils stossen, so die Projektleiterin.
Ruheempfinden individuell
Die aktuelle Ausstellung, die im idyllischen Garten des GZ Heuried zu sehen ist, stellt unterschiedliche Aussenräume in den Kreisen 1, 4 und 5 vor, an denen Menschen zur Ruhe kommen. Das Empfinden von Ruhe ist allerdings sehr subjektiv. Zwar gilt einerseits: Je sinnlicher, grüner der Charakter eines Orts, desto eher wird er als entspannend wahrgenommen. Monoton gestaltete Aufenthaltsflächen wie der grosse Platz vor dem neuen Polizei- und Justizzentrum Zürich an der Hohlstrasse verlocken kaum jemanden zum Innehalten, wie die Projektbeteiligten bei ihren Besuchen vor Ort feststellten.
Orte der Ruhe sind vieles, aber nicht zwingend still. An einer lärmigen Strasse kann schon eine Bank neben einem plätschernden Brunnen als Oase empfunden werden. So erscheint denn auch das Mini-Pärkchen beim ehemaligen Gemeindehaus Aussersihl an der Badenerstrasse als «Bijou mit eigenem Charme», wie ein Nutzer zu Protokoll gibt. Und in der Pestalozzi-Anlage an der Bahnhofstrasse urteilt ein junger Mann, der dort Mittagspause macht: «Schöner grüner Fleck auf einem grauen Platz.»