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Zürich Nord
06.02.2023
08.02.2023 15:29 Uhr

Tanzen – für viele mehr als nur ein Sport

Ein grosser Teil der Musicalproben besteht aus Choreografien lernen. Es gibt Castmitglieder, die das Tanzen lieben und denen es einfacher fällt und andere, die damit mehr Mühe haben.
Ein grosser Teil der Musicalproben besteht aus Choreografien lernen. Es gibt Castmitglieder, die das Tanzen lieben und denen es einfacher fällt und andere, die damit mehr Mühe haben. Bild: Rahel Köppel
Das Tanzen hat in Musicals und daher auch in unserem Verein einen grossen Stellenwert. Doch bis die Choreografien mal stehen und gut aussehen, braucht es eine Menge Aufwand, Motivation und viel Übung. Einige Personen in unserem Verein haben im Tanzen eine Leidenschaft gefunden.

Rahel Köppel

Entscheidet man sich, beim Musicalprojekt Zürich 10 mitzumachen, entschliesst man sich automatisch auch dazu, sich selbst herauszufordern und Dinge auszuprobieren, die man so vielleicht vorher noch gar nie gemacht hat. Für einige ist das zum Beispiel zum ersten Mal auf der Bühne ein Solo zu singen, für andere zu lernen, wie man in eine Rolle schlüpft und schauspielert, und für manche stellen die vielen Choreografien, die Musicals meist haben, eine Herausforderung dar.

Auch ich musste lernen, mich mit dem Tanzen anzufreunden und Schritte und Bewegungen einzustudieren, die sich anfangs alles andere als natürlich anfühlen. Die regelmässigen Tanzproben, die auch Übungen für das Körpergefühl und Selbstbewusstsein beinhalten, tragen aber dazu bei, dass sich Tanzmuffel mit der Zeit wohler fühlen und sich sogar mal an den berüchtigten «Bodyroll» wagen, wenn auch nicht immer mit Erfolg. Man überwindet eigene Grenzen und verlässt häufig die Komfortzone.

Tanzen kann befreien

Gerade wenn man Teil des Casts ist und keine beständige Hauptrolle hat, verbringt man viel Bühnenzeit mit Tanzen, und bis die Choreos sitzen, braucht es viel Arbeit, Durchhaltevermögen und vor allem auch Motivation. Daran musste auch ich mich dieses Jahr gewöhnen, und manchmal fällt es immer noch schwer, sich die Tanzeinheiten einzuprägen und in den «Flow» einzufinden. Habe ich eine Choreo aber mal im Griff und weiss, wo ich auf der Bühne zu stehen habe, macht das Tanzen auch mir Spass.

Es gibt natürlich auch einige Castmitglieder, die es lieben, sich zu bewegen und sich dadurch auszudrücken, und die die Choreos dann auch schnell draufhaben. Ich fragte sie, was ihnen daran so gefällt. «Es fühlt sich einfach richtig gut an, beim Tanzen alles loszulassen und ‹herauszutanzen›», erzählt Anushka. Sie hat vor dem Verein das Tanzen nicht als eine ihrer grössten Stärken angesehen, hat aber durch das Musicalprojekt gemerkt, dass es nicht immer nur darum geht, dass es perfekt aussieht, sondern auch einfach um das Gefühl. «Das hätte ich ohne den Musicalverein wohl nie so entdeckt.»

Auch andere Castmitglieder lieben es, beim Tanzen alles zu vergessen und fühlen sich dabei in ihrem Körper richtig wohl und selbstsicher. Yasmine hat bereits vor dem Musical in verschiedenen Kursen getanzt und hat durch den Verein wieder damit angefangen. Hier bei uns schätzt sie die Kombination von Tanzen, Gesang und Schauspiel. «Ausserdem liebe ich es, meine Freude am Tanzen bei den Aufführungen dem Publikum weiterzugeben und zu zeigen.» Fiona, die bereits vor dem Verein sehr gerne getanzt hat, sieht auch Vorteile für den Alltag. «Das Tanzen hilft mir oft in Alltagssituationen, da dort die Körperspannung und -haltung sehr wichtig ist, was beispielsweise bei einem Vortrag von Nutzen sein kann.»

Oriana hat vor dem Musicalverein acht Jahre Ballett getanzt, dann aufgehört und ist durch den Verein wieder vermehrt zum Tanzen gekommen. Erst da hat sie gemerkt, dass sie es sehr vermisst hat. Wie viele andere schätzt sie es bei uns, dass sie durch die vielen Choreografien ganz verschiedene Tanzrichtungen kennenlernt. «Zum Joggen kann ich mich nie motivieren, zum Tanzen eigentlich immer», fügt sie lächelnd an.

So entstehen Choreografien

Damit die Tanzeinlagen sich bei den Aufführungen dann auch sehen lassen können, braucht es natürlich eine Person, die das ganze choreografiert. Bei uns übernimmt diese Rolle die 27-jährige Joëlle Regli, die bereits seit ihrem siebten Lebensjahr das Tanzbein schwingt und seit 2016 die choreografische Leiterin des Projekts ist, nachdem sie sechs Jahre als Castmitglied auf der Bühne gestanden hat.

Ich persönlich kann es mir überhaupt nicht vorstellen, selbst eine Choreografie zu erfinden, die dann auch für alle stimmt und nicht zu schwierig oder zu einfach ist. Joëlle erklärt, was dabei wichtig ist. «Beim Choreografieren muss ich immer entscheiden, ob es eine herausfordernde Choreo sein soll, welche vielleicht nicht von allen sauber getanzt werden kann, oder ob vor allem die Synchronität zählt und es dafür einfachere Tanzschritte sind.»

Die Tänze entstehen laut Joëlle ganz unterschiedlich. Es gebe Choreos, die fallen ihr sofort beim ersten Mal Hören ein, es gebe aber auch Phasen, in denen sie gar keine Einfälle hat. «Es gibt Songs, bei denen kann ich tagelang überlegen, ausprobieren, abermals das Lied hören und habe absolut kein Bild vor Augen», berichtet sie. «Somit habe ich es auch aufgegeben, während bestimmter Zeitfenster an den Choreos zu arbeiten. Die Ideen kommen mir in den unterschiedlichsten Momenten, und dann schreibe ich sie auch sofort in meiner Notiz-App auf dem Handy auf.» Sie arbeite so eigentlich täglich und überall an den Tänzen. Inspirationen holt sie sich meist erst dann, wenn sie wirklich keine Einfälle mehr hat. «Oftmals versperrt mir das sofortige Stöbern auf Youtube die Sicht auf meine eigenen Ideen, und das möchte ich eigentlich vermeiden.» Sie möge es aber, geschickt zu «recyclen» und kombiniert gerne Schritte aus unterschiedlichen Videos zu einer neuen Choreografie mit «Joëlle-Touch».

Choreografieren für Anfänger

Dieser «Touch» war im letzten Jahr nicht in allen Choreos vorhanden. Dies, weil Joëlle dann verschiedenen Castmitgliedern die Möglichkeit gegeben hat, einzelne Lieder selbst zu choreografieren. Diese Erfahrung haben die «Choreolis», wie Joëlle sie benannt hat, als sehr spannend empfunden.

«Ich bin nicht so kreativ, wenn es darum geht, mir neue Bewegungsabläufe zu überlegen», erzählt zum Beispiel Julia, die ihre Liebe zum Tanzen auch vor allem durch den Verein entdeckt hat. Darum war sie froh, dass sie zusammen mit Yasmine eine Choreografie machen konnte. «Aber am Schluss zu sehen, wie der Cast die ‹eigene› Choreo tanzt, war ein sehr schönes Gefühl und machte einen auch irgendwie stolz.» Auch Fiona erzählt: «Es war ein richtig tolles Gefühl, als ich zum ersten Mal eine Aufstellung auf der Bühne gesehen habe, die ich mir vorher nur in meinem Kopf vorstellen konnte, und merkte, dass sie funktioniert und sogar gut aussieht.» Yasmine, die zwei Choreos gemeinsam mit jemand anderem choreografiert hat, fand es anspruchsvoll, sich Schritte zu überlegen, die nicht zu schwierig sind und trotzdem gut wirken. Oriana konnte mit dieser Erfahrung auch viel für sich selber lernen und hat gemerkt, dass sie das Tanzen sehr gerne an andere weitergibt und nachhilft, wenn mal jemand nicht weiterkommt. Joëlle selbst stand den Choreolis natürlich stets mit Rat und Tat zur Seite.

  • «Nichts gibt mir solch ein schönes Gefühl, wie wenn ich bei meiner Tanzgruppe ein Lachen und die Freude am Tanzen sehe», so Joëlle Regli. Bild: Rahel Köppel
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  • (V. l.) Fiona, Janik, Yasmine, Jessica, Julia und Oriana, oder auch einfach die «Choreolis» – sie hatten letztes Jahr die Möglichkeit, das Choreografieren mal selbst auszuprobieren. Bild: Lucia Gilli
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Choreografieren für Anfänger

Dieser «Touch» war im letzten Jahr nicht in allen Choreos vorhanden. Dies, weil Joëlle dann verschiedenen Castmitgliedern die Möglichkeit gegeben hat, einzelne Lieder selbst zu choreografieren. Diese Erfahrung haben die «Choreolis», wie Joëlle sie benannt hat, als sehr spannend empfunden.

«Ich bin nicht so kreativ, wenn es darum geht, mir neue Bewegungsabläufe zu überlegen», erzählt zum Beispiel Julia, die ihre Liebe zum Tanzen auch vor allem durch den Verein entdeckt hat. Darum war sie froh, dass sie zusammen mit Yasmine eine Choreografie machen konnte. «Aber am Schluss zu sehen, wie der Cast die ‹eigene› Choreo tanzt, war ein sehr schönes Gefühl und machte einen auch irgendwie stolz.» Auch Fiona erzählt: «Es war ein richtig tolles Gefühl, als ich zum ersten Mal eine Aufstellung auf der Bühne gesehen habe, die ich mir vorher nur in meinem Kopf vorstellen konnte, und merkte, dass sie funktioniert und sogar gut aussieht.» Yasmine, die zwei Choreos gemeinsam mit jemand anderem choreografiert hat, fand es anspruchsvoll, sich Schritte zu überlegen, die nicht zu schwierig sind und trotzdem gut wirken. Oriana konnte mit dieser Erfahrung auch viel für sich selber lernen und hat gemerkt, dass sie das Tanzen sehr gerne an andere weitergibt und nachhilft, wenn mal jemand nicht weiterkommt. Joëlle selbst stand den Choreolis natürlich stets mit Rat und Tat zur Seite.

Verborgene Leidenschaft

Joëlle ist seit 2010 im Verein mit dabei und wurde 2016 dann ziemlich kurzfristig angefragt, in die Leitung zu wechseln. «Ich weiss noch, dass ich mir das am Anfang überhaupt nicht zugetraut habe, doch es war wohl einer meiner grössten, noch verborgenen Träume, solch einen Job machen zu dürfen. Also habe ich die Chance dankend ergriffen und die Aufgabe angenommen.»

Sie scheint es keine Sekunde zu bereuen. «Beim Choreografieren und Beibringen liebe ich die Gesichter der Teilnehmenden», erzählt die gebürtige Oerlikerin. «Absolut nichts gibt mir solch ein schönes Gefühl, wie wenn ich bei meiner Tanzgruppe ein Lachen und die Freude am Tanzen sehe. Wenn ich eine Idee mit einer Gruppe entwickeln und umsetzen darf, dann verspüre ich ein extremes Glücksgefühl. Es ist mein absoluter Traumjob, bis heute.»

Dritter Teil der Serie

Dieser Artikel ist der dritte der fünfteiligen Serie über den Verein «Musicalprojekt Zürich 10», verfasst von Rahel Köppel, Praktikantin bei dieser Zeitung und Mitglied des Vereins. Der erste Text erschien in der Ausgabe vom 24. 11. Bis und mit März wird in dieser Zeitung jeweils einmal pro Monat ein Artikel zum Verein und zum aktuellen Projekt erscheinen.

Informationen zur Galavorstellung und Aufführungsdaten

Rahel Köppel