Eine Bestimmung in der Parkplatzverordnung aus den 1990ern ist mitverantwortlich, dass viel Bausubstanz abgebrochen statt im Bestand erweitert wird.
Der Verkehrsrichtplan, der im Herbst 2021 vom Stadtzürcher Stimmvolk angenommen wurde, gibt vor, die innerstädtische Mobilität dürfe ab 2030 keine Treibhausgase mehr ausstossen. Um dieses Ziel zu erreichen, ist eine Reduktion der Automobilität unvermeidbar. Der Fokus auf die Elektromobilität als Lösung lässt ausser Acht, dass nicht nur Produktion und Betrieb der Fahrzeuge, sondern auch der Bau und der Unterhalt der Infrastruktur, welche spezifisch für diese Mobilitätsform zur Verfügung gestellt werden, enorme Emissionen mit sich bringen.
Dies gilt für den Bau von Tiefgaragen, welche entgegen dem Trend, dass immer weniger Haushalte in der Stadt ein Auto besitzen, unbeirrt bei fast jedem Neubau erstellt werden. Mitverantwortlich ist die Parkplatzverordnung, welche die Schaffung einer grossen Zahl von Abstellplätzen vorschreibt. Will die Bauherrschaft davon abweichen, muss sie ein Mobilitätskonzept erstellen, ein Controlling für dessen Einhaltung unterhalten sowie einen Grundbucheintrag vornehmen – Hürden, die eine gehörige Portion Idealismus abverlangen, um sie zu nehmen. Und so wird weiter klimaschädlicher Beton verbaut, um eine Infrastruktur zu bauen, die künftig nicht mehr gebraucht wird.
Der übliche Bau von Tiefgaragen unterhalb von Flächen, welche oberirdisch nicht bebaut sind, verunmöglicht im Übrigen die Bepflanzung mit grossen Bäumen, welche ein wichtiges Element der Hitzeminderung und der Biodiversitätsförderung sind. Gleichzeitig decken die Mieten für die Tiefgaragen-Abstellplätze deren Bau- und Unterhaltskosten nicht; diese werden teilweise auf die Wohnungs- und Geschäftsmieten abgewälzt.
Im Fall von Bestandeserweiterungen, etwa Dachaufstockungen, sind im städtischen Raum aufgrund der Bauweise des Bestandes die Bedingungen der aktuellen Verordnung praktisch nicht zu erfüllen. In der Folge wird auf Aufstockungen verzichtet oder aber ein Ersatzneubau mit einer Tiefgarage geplant. Auf diese Weise erschwert die Parkplatzverordnung in ihrer aktuellen Form den umwelt- und sozialpolitisch sinnvollen Erhalt bestehender Bausubstanz.
Die Idee hinter der Bestimmung aus den 1990ern ist löblich: Privatfahrzeuge sollen im privaten Raum abgestellt werden. Heute sind wir an einem anderen Punkt, an dem wir im städtischen Raum Wohnformen fördern müssen, die ganz ohne den Besitz eines eigenen Automobils auskommen. Gut funktionierende Beispiele dafür gibt es bereits zahlreich.
Die Alternative Liste hat am 11. Januar eine Motion zur Änderung der Parkplatzverordnung im Gemeinderat eingereicht, um die Schaffung von autoarmen und autofreien Wohnungen zu vereinfachen. Insbesondere soll die Parkplatzerstellungspflicht bei Erweiterung im Bestand entfallen. Wir sind gespannt auf die Diskussion.