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Zürich Nord
02.03.2023
03.03.2023 09:09 Uhr

Bei uns kann es Julia ohne Romeo

Mitreissende Lieder begleitet von energiereichen Choreos – so hat man die Welt um Romeo und Julia wohl noch nie erlebt.
Mitreissende Lieder begleitet von energiereichen Choreos – so hat man die Welt um Romeo und Julia wohl noch nie erlebt. Bild: Lucia Gilli
Nun ist es so weit. Unsere Aufführungen stehen vor der Tür, die Nervosität und die Vorfreude steigen, und die letzten Proben laufen auf Hochtouren. Am Freitagabend heisst es dann im reformierten Kirchgemeindehaus Höngg erstmals «Julia ohni Romeo?».

Rahel Köppel

Wer kennt sie nicht, William Shakespeares klassische Liebestragödie «Romeo und Julia»? Doch was wäre eigentlich passiert, wenn Julia (Achtung: Spoiler) sich am Schluss des Stückes nicht das Leben genommen hätte? Was wäre aus der jungen Frau geworden? Hätten ihre Eltern sie in ein Kloster gesteckt? Hätte sie nochmals geheiratet? Oder hätte sie vielleicht einen ganz anderen Weg eingeschlagen?

Genau diese Fragen will Shakespeares Ehefrau Anne in unserem Stück «Julia ohni Romeo?» beantwortet haben. Ihr Gatte hat ihr soeben sein frisch vollendetes Werk präsentiert und das düstere Ende passt ihr so gar nicht. Mehr Pep muss in die Geschichte, findet sie. William ist zwar nicht begeistert von den Ambitionen seiner Frau, lässt sich aber auf das Experiment ein. Das Resultat davon? Ein Stück voller unerwarteter Wendungen, Witz, Charme und mitreissender Hits aus den letzten drei Jahrzehnten. Natürlich darf auch eine Prise Drama nicht fehlen. Werden sich William und Anne bezüglich Julias Schicksal einig?

Die Geschichte steht also, und langsam aber sicher schaffen wir es auch, sie fehler- und unterbruchslos auf die Bühne zu bringen. Bis jedoch die Szenen so reibungslos abliefen, die Choreografien synchron waren und die Lieder so klangen, wie sie es jetzt tun, brauchte es viel Übung unsererseits und auch reichlich Geduld vom Leitungsteam. Auch die Kostüme waren bis zum letzten Probewochenende noch nicht alle fix, einige Kleinigkeiten fehlten noch, die jetzt aber mittlerweile alle vorhanden sind. Ein Mix von modern und antik – das war die Intention der Castmitglieder Victoria und Yasmine, die sich dieses Jahr um die Kostüme gekümmert haben. Konkret heisst das: Kleider und Korsetts, die im 16. Jahrhundert die Norm waren, kombiniert mit Jeans, Tennis­socken oder Turnschuhen.

Langsam wird es ernst

Man spürt schon, dass die Nervosität steigt, aber auch die Vorfreude ist kaum mehr auszuhalten. Am Hauptprobe­wochenende wurde zum ersten Mal mit Band und Mikrofonen geprobt, was bei manchen Castmitgliedern für Aufregung sorgte. «Vor allem den Soundcheck fanden wir ziemlich unangenehm», berichten zum Beispiel Alice und Alicia. Dabei werden die Mikrofone und der Ton getestet, und dafür muss man natürlich etwas sagen. Einige erzählen dort jeweils von den Ferien, andere sagen ihren Text auf und sehr viele sprechen auch über das momentane Wetter. «Ich fand es auch ­etwas seltsam, mich selbst plötzlich so richtig zu hören», fügt Alice an.

Nach dem Soundcheck folgte am vergangen Samstag dann der Liederdurchlauf mit Band und Mikrofon. Es ist ein Highlight, wenn die Songs zum ersten Mal von richtigen Instrumenten begleitet werden. Martin Günthardt am E-Piano, Nicolas Winter am E-Bass, Nora Morello am Schlagzeug und Thomas Töngi an der Gitarre unterstützen uns musikalisch. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, wenn die Band und der Chor zum ersten Mal ­zusammentreffen und man seine Mit­darstellenden erstmals so richtig singen hört. Dies sorgte am Wochenende für manchen Gänsehautmoment.

  • Die ersten Proben mit Mikrofon und Band sorgen für Aufregung, sind aber auch ein toller Meilenstein vor den Aufführungen. Bild: Rahel Köppel
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  • Bild: Rahel Köppel
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Das findet auch Sebastian, der in unserem Stück Romeo verkörpert und dieses Jahr zum siebten Mal mit dabei ist. «Für mich ist es eigentlich jeweils einer der schönsten Momente, wenn die Band zum ersten Mal mitspielt und wir Mikrofone haben», berichtet er. «Es ist toll, seine Mitmenschen endlich mal so richtig zu hören.» Dem stimmt auch Anushka zu, auf der Bühne die Julia. «Ich habe es richtig schön gefunden, Solos zu hören, von denen ich sonst nicht wirklich viel mitkriege, weil ich hinter der Bühne bin», sagt sie. «Ich war vor dieser Probe ziemlich aufgeregt und habe fast nicht geschlafen. Als wir dann aber mit der Band gesungen haben, spürte ich davon gar nichts. Die positive Energie war richtig ansteckend.»

Lars und Tamara sind so kurz vor den Aufführungen zwiegespalten. «Zum einen freue ich mich sehr auf die Premiere, zum anderen merkt man jetzt langsam wirklich, was man noch nicht so kann und woran man noch arbeiten muss», so Lars. Auch Tamara ist ein bisschen nervös, dass sie etwas nicht hinkriegt. «Das Singen mit Mikrofon und der Band hat aber richtig Spass gemacht», meint sie.

Intensiv, aber auch wunderschön

Nach den Stück-Durchläufen am letzten Probesonntag sind die meisten für die Aufführungen sehr positiv gestimmt. Auch die Leitung ist zufrieden, und vor Freude und Erleichterung werden nach dem langen Hauptprobewochenende ­sogar ein paar Tränen verdrückt. Gut sieben Monate haben wir jetzt zusammen geprobt. Viel Freude und Glück, aber auch schwierige Momente haben wir miteinander erlebt und geteilt. Das alles wird sich auszahlen – es ist etwas vom Schönsten, mit Menschen, die einem ans Herz gewachsen sind, ein solches Projekt auf die Bühne zu bringen und diese Erfahrungen gemeinsam machen zu dürfen. Gerade in dieser intensiven Endphase, wo man sich praktisch täglich sieht, wächst man enorm zusammen. Wir sind alle füreinander da und unterstützen uns gegenseitig.

Wer diesen engen Gruppenzusammenhalt live erleben möchte, kann dies erstmals am kommenden Freitag, dem 3. März, um 20 Uhr und anschliessend bei drei weiteren Aufführungen, im Saal des reformierten Kirchgemeindehauses in Höngg. Der Eintritt ist frei, mit Kollekte. Das Einzige, was uns jetzt nämlich noch fehlt, ist Publikum.

«Julia ohni Romeo?», ref. Kirchgemeindehaus Höngg, Ackersteinstrasse 190. Aufführungen: 3. und 4. März, 10. und 11. März, jeweils um 20 Uhr. Eintritt frei, mit Kollekte.

Vierter Teil der Serie

Dieser Artikel ist der vierte der fünfteiligen Serie über den Verein «Musicalprojekt Zürich 10», verfasst von Rahel Köppel, Praktikantin bei dieser Zeitung und Mitglied des Vereins. Der erste Text erschien in der Ausgabe vom 24. November. Bis und mit März erscheint in dieser Zeitung jeweils einmal pro Monat ein Artikel zum Verein und zum aktuellen Projekt.

www.musicalprojekt.ch

Rahel Köppel