Lorenz Steinmann
Aufgewachsen ist sie an der Blümlis-alpstrasse im Kreis 6 und noch heute ist Bettina Uhlmann in Oberstrass zu Hause. «Es ist einfach wunderschön, hier zu wohnen» so die 52-Jährige, die an der Schule für Angewandte Linguistik – kurz SAL – Publizistik und Lingustik studierte. Seit 23 Jahren leitet sie die Geschäfte des Zurich Jazz Orchestra, quasi das Jazz-Pendant zum Tonhalle-Orchester. Dazu führt sie eine eigene Agentur für Kulturproduktionen und sie ist im Vorstand des Schweizerischen Heimatwerkes sowie im Stiftungsrat des Miller’s Studio tätig.
Öffentlich in Erscheinung tritt Uhlmann aber vor allem, weil sie seit 25 Jahren im Vorstand des Quartiervereins Oberstrass ist, davon neun Jahre als Präsidentin. Uhlmann ist also eine lokale Kulturmanagerin, die Zürich bestens kennt und hier fest verwurzelt ist. Dass ihr Ehemann Michael Baumer seit fünf Jahren im Stadtrat sitzt, tut laut Uhlmann nichts zur Sache.
Immer mit der Zukunft befasst
Vielmehr betont die digitalaffine Macherin, dass man Neues in Angriff nehmen solle, bevor man betriebsblind werde. «Neun Jahre sind genug als Quartiervereinspräsidentin, wichtig ist die Erneuerung», so Uhlmann. Der Quartierverein bestehe aus einem tollen Team, das viel erreicht habe. Also ist die Nachfolgeregelung kein Problem? «Nein», sagt Uhlmann. Man habe sich immer mit der Zukunft befasst im Vorstand, dazu gehörten etwa eine Retraite pro Jahr. Entsprechend unaufgeregt tönt es in der Einladung zur kommenden Generalversammlung: «Der Vorstand schlägt Claudia Frey als meine Nachfolgerin vor. Ich bin überzeugt, dass sie dieses Amt mit Umsicht und Engagement ausfüllen wird», so Uhlmann im Schreiben an die Mitglieder zur GV vom 9. Mai.
Man habe immer darauf geschaut, den Vorstand zu diversifizieren und zu verjüngen. Etwas, was nicht allen Quartiervereinen gleich gut gelingt, so die Beobachtung von Aussenstehenden. Doch auch für Uhlmann ist spürbar, dass die Gesellschaft oft sprunghafter geworden sei, alles werde kurzfristiger. «Da haben wir im Vorstand Glück gehabt. Bei uns ist es die Mischung von Jung und Alt. Da macht die Arbeit besonders Spass», so ihr Fazit.
Erste Website der Quartiervereine
Vielleicht ist es zudem das Digitale, warum der QV Oberstrass keine Nachwuchssorgen kennt. Führend war und ist der Quartierverein Oberstrass punkto Online-Auftritt: Unter der Federführung von Uhlmann lancierte er den ersten Webauftritt aller 25 Stadtzürcher Quartiervereine. Auch aktuell überzeugt die Website mit der erfrischenden Hauptfarbe Grün. Dazu kommt eine patente App.
Grün, so kommt Oberstrass auch darum herüber, weil hier die Bautätigkeit nicht so ausgeprägt ist wie etwa in Affoltern oder Schwamendingen. Dies darum, weil es weniger Grossüberbauungen hat, die in die Jahre gekommen sind. Und neues Bauland hat es noch weniger.
Was beschäftigt, sind aber die Expansionspläne von Uni, ETH und den Spitälern. Hier fordert Uhlmann, dass man das Quartier nicht einfach vergesse oder aussen vor lasse: «Der Druck ist gross, denn die erwähnten Institutionen brauchen für ihre Mitarbeiter Wohnraum.» Dazu kommen bei der Bautätigkeit auch Nebenwirkungen wie der Lärm und der Verkehr. Darum hat der Quartierverein für die GV Projektleiter und Experten eingeladen (siehe Kasten).
Allgemein sieht Uhlmann nach wie vor eine grosse Daseinsberechtigung der Quartiervereine. Sie erinnert daran, dass man viele Quartiervereine nach der Eingemeindung von 1893 gründete. Das Ziel: dass Quartieranliegen bei der Stadt nicht vergessen gehen. «Auch heute haben wir eine wichtige Stimme gegenüber der Verwaltung und gegenüber den Behörden», ist Uhlmann überzeugt. Diese Scharnierfunktion sei auch darum wichtig, weil die Stadt stark wachse.
Nicht alles vom Schreibtisch aus
Und der Widerspruch, dass die Stadt Kreisbüros zentralisiert und gleichzeitig so genannte Drehscheiben des Sozialdepartements in den Quartieren gründet, so geschehen bislang in Altstetten und in Oerlikon? «Das ist nicht ganz verständlich», findet Uhlmann. Man solle die Feedbacks aus den Quartieren ernster nehmen und nicht alles nur vom Schreibtisch entscheiden. «Die Gemeinschaftszentren sind doch so toll. Man muss nicht nochmals neue Institutionen schaffen», diese Entwicklung sei nicht durchdacht, gibt sich Uhlmann kämpferisch. Freilich räumt sie ein, dass Entwicklungsgebiete wie etwa Affoltern mit der enormen Bautätigkeit mehr soziokulturelle Betreuung brauchen als Oberstrass.
600 Schoggibrötli
Für die scheidende Präsidentin bleiben die in den letzten Jahren gefestigten Anlässe wie das Oberstrassfäscht, das regional bekannte Stolze-Openair und der Räbeliechtliumzug mit jeweils 600 an die Kinder verteilten Schoggibrötli in bester Erinnerung. Dank den vielen verbleibenden Engagements werde es ihr sicher nicht langweilig, sagt Bettina Uhlmann zum Schluss des Gesprächs.