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Stadt Zürich
17.05.2023
18.07.2023 08:37 Uhr

Als die Alliierten Zürich bombardierten

Eine der Bomben, die am 17. Mai 1943 über Zürich abgeworfen wurden: Wie jene die beim Bahndamm Seebach-Affoltern einschlug, explodierte auch diese typgleiche Bombe unweit der Stadtgrenze nicht.
Eine der Bomben, die am 17. Mai 1943 über Zürich abgeworfen wurden: Wie jene die beim Bahndamm Seebach-Affoltern einschlug, explodierte auch diese typgleiche Bombe unweit der Stadtgrenze nicht. Bild: Stadtarchiv Zürich
ZEITREISE – Vor 80 Jahren versetzte der Abwurf mehrere Bomben durch britische Flieger der Royal Air Force Zürich in Angst und Schrecken. Dabei war es weder das erste noch das letzte Mal, dass die Stadt während des Zweiten Weltkriegs von alliierten Fliegerbomben getroffen wurde.

Dominique Rais

Drei Jahre und 258 Tage dauerte der Zweite Weltkrieg schon an, als in der Nacht des 17. Mai 1943 ein alliierter Mosquito-Bomber der Royal Air Force mehrere Bomben über Zürich abwarf. Es war kurz nach 23 Uhr, als die ersten beiden Bomben nahe der Zürcher Stadtgrenze auf Rümlanger Gebiet einschlugen.

Die dritte und vierte Bombe trafen unweit der Werkzeugmaschinenfabrik Oerlikon auf Stadtzürcher Boden. Die erste von ihnen explodierte nur 40 Meter von einem Haus entfernt nahe der Kreuzung Alte Rümlangstrasse-Leimgrübelstrasse in Zürich-­Seebach. Dort riss sie einen rund acht ­Meter breiten und zweieinhalb Meter tiefen Krater ins Ackerland. Wie die NZZ tags darauf berichtete, kamen dabei keine ­Personen zu Schaden. Die vierte Bombe schlug nahe der Unterführung Seebacherstrasse beim Hürstholz auf dem Bahndamm Seebach-­Affoltern ein, explodierte aber nicht. Sie wurde in der Folge von Luftschutzsoldaten geborgen und beim nahegelegenen Wald gesprengt.

Zürich wurde wiederholt zum Ziel alliierter Bombenabwürfe

Während die einen die Bombardierung von Zürich durch die Royal Air Force als tragisches Versehen einstuften, glaubten andere an die Warnschuss-Theorie. Fakt ist, dass die Werkzeug­maschinenfabrik Oerlikon während des Zweiten Weltkriegs 20-mm-Oerlikon-­Kanonen herstellte und an die Achsenmächte – allen voran an das NS-­Regime – lieferte. Zudem stellte die bombardierte Zürcher Bahn­linie für Deutschland damals eine wichtige Versorgungsstrecke dar. Es war keinesfalls das erste Mal, dass Zürich Ziel alliierter Streitkräfte wurde.

Knapp zweieinhalb Jahre zuvor, am 22. Dezember 1940, hatte ein britischer Wellington-Bomber mehrere Objekte in der Stadt Zürich getroffen, darunter ein Mehrfamilienhaus in Zürich-­Höngg. Darüber hinaus wurde die Zahnradfabrik Maag von 50 Brandbomben getroffen. Und im Industriequartier auf Höhe der Josefstrasse riss eine 250 Kilogramm schwere Sprengbombe ein massives Loch ins Wipkinger Eisenbahnviadukt.

  • Tod und Zerstörung: Beim letzten Bombenabwurf auf die Schweiz durch Alliierte der United States Army Air Force starben am 4. März 1945 in Zürich fünf Menschen. Bild: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv
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  • In der Nacht vom 22. Dezember 1940 wurde das Wohnhaus an der Limmattalstrasse 23 in Zürich-­Höngg von einer Fliegerbombe getroffen. Eine Frau kam dabei ums Leben. Bild: Stadtarchiv Zürich
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  • Eine der Bomben, die am 17. Mai 1943 über Zürich abgeworfen wurden: Wie jene die beim Bahndamm Seebach-Affoltern einschlug, explodierte auch diese typgleiche Bombe unweit der Stadtgrenze nicht. Bild: Stadtarchiv Zürich
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Bei der Bombardierung an jenem Adventssonntag wurde eine Frau getötet und mehrere Personen verletzt. Wie sich später herausstellte, handelte es sich beim Bombenabwurf um einen Irrtum. Das eigentliche Ziel des Piloten, der einem alliierten Flugzeug­geschwader angehörte, waren die Mannheimer Motoren­werke. Wegen des schlechten Wetters in jener Nacht war der Pilot jedoch vom Kurs abgekommen.

Erneuter fataler Irrtum kostete Menschenleben

Nach 1940 und 1943 wurde Zürich am 4. März 1945 abermals bombardiert. Sechs US-Bomber des Typs B-24 Liberator warfen an jenem Sonntagvormittag 50 Sprengbomben und sechs Brandsätze auf das Quartier nahe der Landwirtschaftlichen Schule Strickhof in Zürich-Oberstrass ab und hinter­liessen dort ein Bild der Verwüstung. Fünf Menschen starben, 15 wurden verletzt.

Ein erneuter fataler Irrtum, wie sich herausstellen sollte. So hatten die Piloten des 392. Bomber­geschwaders der United States Army Air Forces die Stadt Zürich versehentlich für den süd­deutschen NS-Rüstungsindustriestandort Pforzheim gehalten.

Zwischen 1940 und 1945 kam es durch die Alliierten zu rund 70 irrtümlichen Bombardements auf Schweizer Städte und Ortschaften. Die traurige Bilanz: 84 Tote – sechs davon in Zürich.

Zeitreise: eine historische Serie

Die historische Serie «Zeitreise» taucht ein in Zürichs Vergangenheit und greift die Geschichten von Menschen und geschichtsträchtigen Ereignissen längst vergangener Tage auf.

Haben Sie historisches Bildmaterial ? Dann senden Sie eine E-Mail mit dem Betreff «Zeitreise» und Ihren Fotos an: dominique.rais@lokalinfo.ch

Dominique Rais