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Züriberg
15.05.2023
17.05.2023 10:16 Uhr

Aus Kakteen entstehen Ledertaschen

Bei der Vermarktung der Produkte bekommt Rolf Hartmann Unterstützung von Valéry Rohrbach. Die aktuelle Kollektion gibt es in den Farben Rot, Schwarz und Beige.
Bei der Vermarktung der Produkte bekommt Rolf Hartmann Unterstützung von Valéry Rohrbach. Die aktuelle Kollektion gibt es in den Farben Rot, Schwarz und Beige. Bild: Karin Steiner
Auf einer Reise in Mexiko entdeckte Rolf Hartmann ein Leder, das aus dem dort spriessenden Feigenkaktus hergestellt wird. In ihm wuchs die Idee, seine Leidenschaft für schöne Dinge mit dem Thema Nachhaltigkeit zu verbinden, und er designte seine erste Taschen-Kollektion unter dem Label «vlà».

Karin Steiner

Noch ist die Präsentation von Rolf Hartmanns erster Kollektion unter dem Label «vlà» überschaubar. Auf einer Auslage in einem Büro im Seefeld stehen Rucksäcke, Shoppers, Weekender und Bucket Bags in schlichtem, zeitlosem Design, bis ins Detail sorgfältig ausge­arbeitet und aus einem Material, das sich weder optisch noch haptisch von Leder unterscheidet. «Kunst und schöne Dinge haben mich schon immer fasziniert», erzählt Rolf Hartmann. «Es reizte mich, selber einmal etwas in diese Richtung zu machen.»

Nachhaltigkeit gewährleistet

Veganes Kaktusleder lernte er auf seinen Reisen in Mexiko in der Region Guada­lajara durch Freunde kennen, die vor Jahren in die Gegend ausgewandert sind. «Von dem Material war ich auf Anhieb begeistert. Nachhaltigkeit ist für mich ein grosses Thema. Die Kakteen, aus denen das Leder hergestellt wird, wachsen in der Region in grossen Mengen ohne künstliche Bewässerung, Pestizide und Dünger nach.»

Kaktusleder aus der Kakteenart Nopal, im Volksmund Feigenkaktus genannt, weil er orange, essbare Früchte produziert, ist ein relativ neues Material auf dem Markt. Erfunden wurde es von den beiden Mexikanern Adrián López Velarde und Marte Cázarez. Nachdem diese zwei Jahre lang an der Entwicklung des Kaktusleders gearbeitet hatten, gründeten sie 2019 das Start-up Desserto.

Giftfreier Prozess

Kaktusleder wird in einem umweltfreundlichen, giftfreien Prozess her­gestellt, der die natürlichen Ressourcen der Kakteen nutzt, ohne die Pflanzen zu schädigen. Dabei werden die Blätter nach dem Ernten gereinigt, zerkleinert und zu einer Faser verarbeitet. Diese wird mit einem natürlichen Bindemittel behandelt, um sie zu einem robusten Material zu verfestigen.

«Tierleder ist dagegen umwelttechnisch eine Katastrophe», sagt Rolf Hartmann. Und meint damit nicht nur das Tierwohl, das vielerorts zu wünschen ­übrig lässt, sondern auch die giftigen Schwermetalle wie Chrom, die beim Gerben der Tierhäute zum Einsatz kommen und keineswegs überall so entsorgt werden, wie sie sollten. Inzwischen wird Kaktusleder in verschiedenen Bereichen mit Erfolg eingesetzt – nicht nur für Taschen und Schuhe, sondern auch in der Automobil- und Flugzeugindustrie, denn das Material hat sich als sehr robust erwiesen.

Auch Rolf Hartmann war von dem Material begeistert, und er liess vor drei Jahren verschiedene Muster kommen. Auf Papier machte er Skizzen, und eine befreundete Designerin, die Kleider und Accessoires herstellt, kreierte aus dem Kaktusleder zwei Taschen. «Diese haben wir dann Familie und Freunden präsentiert und ihnen die Vision der veganen Accessoires erklärt. Das Feedback war extrem positiv und ermunterte mich, mit der Produktion zu starten.» Produzieren wollte er keineswegs in China, obwohl das viel günstiger gewesen wäre, sondern in Italien, das als Herkunftsland von Mode und Design einen hervorragenden Ruf geniesst. «Die Skizzen für die erste Kollektion waren bereit, doch dann kam Corona, und eine Reise nach Italien, um die Produktion vor Ort zu besprechen, war lange nicht möglich», so Rolf Hartmann. Beim Suchen einer geeigneten Manufaktur half ihm seine Schwester, die seit vielen Jahren in Italien lebt und die Sprache perfekt beherrscht. 

Ein Label muss her – voilà!

Erst im Mai 2021 konnte die erste Kollektion in Angriff genommen werden, und im letzten Juli startete ihre Vermarktung. «Es war gar nicht einfach, einen Namen für das Laben zu finden. Was wir herausgefunden haben, ist eigentlich banal: Der Name ist eine Abkürzung für ‹vegan lea­ther accessoires›. Mit dem Akzent auf dem ‹a› wurde es dann zum perfekten Fashion-Label.»

Grosse Unterstützung

Während des ganzen Prozesses bekam Rolf Hartmann nicht nur grosse Unterstützung von Familie und Freunden, sondern auch von Valéry Rohrbach. «Ich kenne Rolf schon sehr lange, er ist ein Freund meines Vaters», erklärt sie. «Ich habe die ersten Prototypen mitbekommen und war auf Anhieb fasziniert. Gegen Ende des letzten Jahres begann ich, Rolf aktiv zu unterstützen bei der Planung, dem Entwickeln von Präsentationen und dem Erstellen von Fotos und Videos. Ich finde, das Produkt passt ins Zürcher Seefeld – es ist nachhaltig, vegan, authentisch und absolut zeitgemäss.» Das Designen und Erstellen von Skizzen ist und bleibt jedoch Rolf Hartmanns Passion.

Auf dem Tisch liegen zahlreiche Zeichnungen von verschiedenen Modellen für die nächste Kollektion, die in diesem Jahr auf den Markt kommen soll. Und danach soll eine weitere Kollektion für jüngere Leute folgen. «Vorerst lasse ich 50 Stück von jedem Modell herstellen», sagt er. Noch sind die Taschen nur online auf www.vla-bag.ch erhältlich, aber später sollen sie auch in Geschäften zu kaufen sein. «Partner zu finden ist jedoch eine weitere Herausforderung.»

Noch arbeitet Rolf Hartmann zu 60 Prozent für seine Firma Mediafabrik AG, schliesst jedoch nicht aus, «vlà» weiter auszubauen. «Mich interessiert es, ob man es als Newcomer schaffen kann, einen Brand zu etablieren.»

Karin Steiner