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18.05.2023
18.05.2023 13:37 Uhr

Eine Weltmeisterin aus Albisrieden

Mit viel Ehrgeiz, Kondition, Beweglichkeit und Schnelligkeit zum Erfolg: Badminton-Sportlerin Winny Matter mit ihrem Sieger-Racket.
Mit viel Ehrgeiz, Kondition, Beweglichkeit und Schnelligkeit zum Erfolg: Badminton-Sportlerin Winny Matter mit ihrem Sieger-Racket. Bild: Lisa Maire
Das Badminton-Talent Winny Matter holt sich mit 58 Jahren einen Weltmeistertitel. Zu Hause in Albisrieden, wo sie mit ihrem Mann, dem «Schweizer Country-Papst» Albi Matter, lebt, erzählt sie von ihrem Weg aus Malaysia nach Zürich und zum Wettkampfsport.

Lisa Maire

Jetzt haben die Matters zwei internationale Meistertitel in der Familie: Musik­manager Albi Matter ist seit Jahren bekannt als Veranstalter des europaweit grössten und längsten Countryfestivals im Albisgütli, und im April wurde seine Frau Winny Matter nun Weltmeisterin im Damen-Doppel Ü30 am World Tamil Badminton Tournament in Bern.

Den Titel erkämpfte sich die Schweizerin an der Seite der Kanadierin Kalaiarassay Sakthivadivel. Mit der tamilischen Spielerin aus Toronto hat sie sich zusammengetan, weil sie in der Schweiz keine Wettkampfpartnerin fand. «Ich war in meiner Alterskategorie die einzige Frau aus der Schweiz», sagt die topfitte 58-Jährige, die mindestens 15 Jahre jünger wirkt. Insgesamt haben an dem Weltturnier in Bern 320 Spielerinnen und Spieler aus 15 Ländern teilgenommen.

Von Malaysia in die Schweiz

Winny Matter, mit vollem Namen Krishna Veni Matter-Muniandy, ist zusammen mit sieben Geschwistern in Malaysia aufgewachsen. Schon früh habe sie Badminton gespielt – in der Schule, in der Freizeit –, erzählt die Sportlerin am grossen Tisch im Wintergarten der Matterschen Wohnung in Albisrieden. Malaysia gilt, neben Ländern wie Indien, China, Indonesien oder Singapur, als eine der asiatischen Badminton-Hochburgen. «Die ganze Familie sass vor dem Fernseher, wenn Badminton-Turniere mit grossen Stars liefen», erinnert sie sich. Nach der Schule war Winny in der Gastronomie tätig, besuchte daneben Deutschkurse an einer Sprachschule. Vor allem, als sie später in Singapur an einem Ort arbeitete, wo es sehr viele Touristen aus Europa gab, erwiesen sich ihre Englisch- und Deutschkenntnisse als nützlich.

Sie wollte aber noch besser Deutsch lernen und fand über ihre Sprachlehrerin, eine Hamburgerin, schliesslich einen Job in Stuttgart. Später vermittelte ihre Mentorin ihr eine neue Stelle im Thurgauer Freizeitpark Conny-Land, wo Winny als rechte Hand der Gründerfamilie Gasser mit organisatorischen Arbeiten betraut war.

Heirat, Züridütsch, Badminton

Im Conny-Land blieb sie längere Zeit – dann trat der 14 Jahre ältere Albi Matter in ihr Leben. Kennen gelernt haben sie sich im Weihnachtszirkus Conelli auf dem Zürcher Bauschänzli. «Wir wurden einander vorgestellt», erzählt Winny. Und? War es Liebe auf den ersten Blick? Auf die Frage gibt es nur eine indirekte Antwort: «Jedenfalls haben wir ein Jahr später geheiratet», sagt Winny und strahlt über beide Backen. Das war 2004. Winny fing an, bei der Migros im Verkauf zu arbeiten, besuchte Züridütsch-Kurse. «Um wenigstens am Arbeitsort alle zu verstehen», sagt sie. Bald widmete sie sich zudem wieder dem Badminton. Diesmal aber nicht mehr nur in der Freizeit wie damals in der malaysischen Heimat.

Jetzt war sie ambitionierter unterwegs, trainierte regelmässig im BC Adliswil, spielte sich lizenzreif, nahm 2015 erstmals an den Schweizer Meisterschaften (SM) teil. Dabei habe sie spielerisch auch sehr profitiert von den Privattrainings, die sie sich bei den Coaches Soraya de Visch Eijbergen und Martin Suter vom BC Adliswil leistete, betont die Sportlerin. Stolz steht sie im Wohnzimmer vor der Vitrine mit ihren nationalen Erfolgen – im Einzel, im Damen-Doppel, im Mixed-Doppel. «Elf Medaillen in acht Jahren!», freut sie sich. Nur einmal musste Winny an einer SM passen: Sie hatte sich bei einem Sturz die Hand gebrochen. Und an der letzten SM gab es keine Medaille. Dies, weil ihr Mixed-Partner Armand Voyame vom BC Yverdon, mit dem sie seit vier Jahren Erfolge feiert, verletzungsbedingt ausfiel und es mit dem welschen Ersatzpartner zu viele Kommunikationsprobleme gab.

Von Ehrgeiz getrieben, nahm Winny schliesslich auch an internationalen Turnieren teil: 2021 an der Senioren-WM in Spanien und 2022 an der Senioren-EM in Slowenien. Medaillen habe sie zwar keine nach Hause gebracht, sagt sie. «Aber es waren sehr wichtige Erfahrungen und ein grosser Ansporn, weiterzumachen – bis zur Medaille auf internationalem Niveau.»

2024 nach Sri Lanka

Dieses Ziel hat sie nun an der WM in Bern erreicht. Das sei sowieso ein ganz besonderes Erlebnis gewesen, schaut Winny zurück. «Ich war einfach total happy, zu erleben, wie da aus der ganzen Welt die besten Spielerinnen und Spieler aus meiner eigenen tamilischen Kultur zusammenkamen.» Es versteht sich von selbst, dass auch Ehemann Albi stolz auf den sportlichen Erfolg seiner Frau ist. «Er hat mich von Anfang an auf meinem Weg unterstützt, wo er nur konnte», so Winny. Glückwünsche kamen natürlich auch von der Familie in Malaysia, Freundinnen und Freunden, Kolleginnen und Kollegen im Club und am Arbeitsort.

Nun freut sich die Weltmeisterin schon auf die Herausforderungen im nächsten Jahr: zuerst die SM in Genf, dann das World Tamil Badminton Tournament in Jaffna, Sri Lanka. Dorthin wird sie mit einer tamilischen Badmintongruppe reisen – ohne Albi. Leider könne er sie dann nicht begleiten, sagt Winny. «Er gibt ja beruflich immer noch Vollgas!»

Winny Matter am World Tamil Badminton Tournament: in Aktion beim Mixed-Doppel. Bild: zvg
Lisa Maire