Eine der Vorleserinnen war Lambrini Pikis. Die 33-jährige Wollishoferin mit griechischen Wurzeln ist eigentlich studierte Architektin, doch hat sie sich inzwischen für einen neuen Werdegang entschieden. Die trockene Arbeit am Schreibtisch sei ihr zu bürokratisch, so habe sie die Ausbildung als Quereinsteigerin im Lehrberuf gewählt, wo der menschliche Kontakt nicht zu kurz komme. Nun unterrichtet sie Kinder der 1. Klasse in Turgi AG.
Besondere Umgebung auf «Stäfa»
Anlässlich eines Deutschseminars der Pädagogischen Hochschule wurde Lambrini Pikis auf den Schweizer Vorlesetag aufmerksam und trat darauf mit Sandra Hauser vom Gemeinschaftszentrum Wollishofen in Verbindung. Die beiden beschlossen, ihren Beitrag zum nationalen Vorlesetag zu leisten. Sie wählten das Thema Wasser und als Austrageort das zwar ruhende und verankerte Schiff Stäfa, das jedoch sanft schaukelnd den einlullenden Eindruck von Fahren vermittelt.
Was für sie Vorlesen bedeute? «Mir ist es wichtig, Kompetenzen anzuregen. Es geht nicht nur darum, Geschichten zu erzählen oder ihnen zuzuhören.» Wichtig sei, dass die Beteiligten zu einer Einheit werden und ein interaktiver Dialog entstehe. «Die Kids fangen an, Fragen zu stellen. Und es freut mich, wenn ich sie damit in eine andere Welt versetzen kann. Es ist auch für mich jeweils ein Erlebnis, eine Kunst und eine Herausforderung. Es liegt ein besonderer Zauber im gemeinsamen Eintauchen in abenteuerliche Geschichten», fügte sie hinzu.
Von 4 bis 16 Jahren
Auf die «Stäfa» wurden Kinder und Jugendliche von 4 bis 16 Jahren eingeladen, um sich Geschichten zum Thema Schiff und Wasser anzuhören. Der Nachmittag war in drei Teile entsprechend der Altersklasse geteilt. Unter diesem Aspekt hatte Lambrini Pikis zusammen mit Sandra Hauser geeignete Bücher ausgesucht.
Für die Gruppe mit Kindern von 4 bis 7 Jahren las Pikis aus dem Buch «Funzel, Reisszahn und Säge» von Mena Kost mit Illustrationen von Priska Wenger. Darin geht es um Fische, Freundschaft, Meer, Mut, Zusammenhalt und Algen-Eiscreme. Drei Freunde (Fische) machen sich auf eine abenteuerliche Reise mit vielen Hindernissen zum Leuchtblumenfeld.
Das Vorlesen dauerte pro Gruppe 40 Minuten. Für die Gruppe der Kleinsten fanden sich rund 20 Kids mit ihren Mamis ein. Sie machten es sich im Schiffsheck bequem und lauschten der Erzählung von Lambrini Pikis. Diese gestikulierte dabei mit Händen und Armen und wechselte Mimik und Tonart. Sie tat das so gekonnt und versetzte sich in die jeweiligen Akteure wie eine Schauspielerin. Es war ein Vergnügen, ihrer fesselnden Darbietung zuzuhören und zuzusehen. Trotzdem schien sich die Konzentration bei einem Teil der Kids nach bereits 15 Minuten aufzulösen. Pikis entschied, nach 20 Minuten eine Pause einzulegen. Ob das wohl daran lag, dass diese Kinder vorgelesen zu bekommen nicht gewohnt sind?
Auf Schatzsuche in Griechenland
Für die zweite Gruppe von 8- bis 12-Jährigen wählten sie das Buch «Die Bucht des blauen Oktopus» von Antonia Michaelis. In dieser Erzählung geht es um zwei Kinder, Kiki und Jorgos, die vor einer griechischen Insel tauchen und versuchen, mit Hilfe des in der Bucht lebenden blauen Oktopus einen Schatz zu finden.
In der dritten Gruppe der 13- bis 16-Jährigen las sie aus dem Buch «Unter dem Gully liegt das Meer» von Robert Habeck und Andrea Paluch. Hier geht es ums Freiheitsgefühl im Teenie-Alter. Ein Mädchen schliesst sich Aktivisten gegen den G8-Gipfel an. Und auch in diesem Fall ist es das Meer, das verbindet, und die Freundschaft, die zählt.
Luft nach oben
«Als Erfolg kann eigentlich nur der erste Teil eingestuft werden. Die zweite und die dritte Sequenz waren nur noch spärlich besucht, leider», meinte Lambrini Pikis. Doch trotzdem mache es Mut, auch weiterhin am Vorlesetag mitzumachen.