Viele werden dem Begriff noch nie begegnet sein: Schwammstadt. Er zirkuliert erst seit ein paar Jahren in Fachkreisen, namentlich unter Stadtplanern. Wer dabei an die Saugkraft von Schwämmen denkt, liegt nicht falsch. China hat mit der Umsetzung des Schwammstadt-Konzepts 2015 begonnen, nach verheerenden Regenfällen in Peking. Ziel ist es, Überschwemmungsschäden vorzubeugen. Europäische Metropolen wie Berlin, Hamburg und Wien haben nachgezogen. Und auch Zürich lässt sich nicht lumpen: Im Kreis 5 ist die erste Strassensanierung mit einer Schwammstadt-Komponente fertiggestellt worden. Schauen wir es uns an: auf zur Heinrichstrasse!
Mehr Raum für die Wurzeln
Die Heinrichstrasse durchmisst den inneren Teil des Industriequartiers und endet an der Hardstrasse. Im hintersten Abschnitt zwischen Viadukt- und Hardstrasse galt es, Wasser- und Gasleitungen zu erneuern, vor allem aber wurde eine Fernwärmeleitung gelegt. Doch unter der Oberfläche sollte noch etwas ganz Neuartiges erprobt werden: Für die bestehenden und die vielen zusätzlichen Bäume schuf man mehr Raum für die Wurzeln und setzte ein spezielles Baumsubstrat ein. Dem entsprechen an der Oberfläche erweiterte entsiegelte Flächen mit Kiesbelag und Bänken. Der Strassenraum ist dadurch deutlich verkleinert, das südseitige Trottoir hingegen wurde verbreitert.
Kleine im Schatten der Grösseren
Der angestrebte Effekt ist, dass der Untergrund als Schwamm wirkt und mehr Regenwasser aufnimmt, das vorher vom Asphalt weg in die Kanalisation geleitet wurde. Die vielen und hoffentlich vitaleren Bäume sollen mehr verdunsten und so kühlend auf die Umgebung wirken. Ein Blick auf den breiten entsiegelten Streifen erzeugt jedoch Verwirrung. Warum wurden die neuen Bäume fast schon unter die bestehenden Bäume gepflanzt? Wie sollen sie sich so entfalten können?
Platzmangel auch im Untergrund
In der Antwort von Evelyne Richiger (Tiefbauamt) wird klar, dass die Infrastruktur unter dem Boden der Begrünung deutliche Grenzen setzt: Die Strategie bei diesem Bauprojekt sei es gewesen, wo immer möglich einen Baum zu setzen. Doch: «Auch im Untergrund gibt es Platzmangel wegen der vielen nötigen Werkleitungen. Baumpflanzungen müssen darauf abgestimmt werden, damit es später den Bäumen gut geht und gleichzeitig die Werkleitungen instand gehalten werden können.»
Im kommenden Winter, ergänzt Evelyne Richiger, werde Grün Stadt Zürich dort, wo es nötig sei, die Äste der bestehenden Bäume etwas einkürzen, um den Neupflanzungen ein besseres Aufkommen zu ermöglichen. Unten mehr Platz, oben weniger – der Kampf um Raum findet also auf drei Ebenen statt.