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Zürich 2
13.07.2023
13.07.2023 17:48 Uhr

So war das «Hu is Hu»-Theaterfest

Die Aufführung «Magisch Gut!» des Maxiclubs (11- bis 13-Jährige) vermittelt die Botschaft, dass man Kompromisse eingehen muss.
Die Aufführung «Magisch Gut!» des Maxiclubs (11- bis 13-Jährige) vermittelt die Botschaft, dass man Kompromisse eingehen muss. Bild: Jeannette Gerber
Ein Happening von und mit spielverrückten Laien: Die Theaterkurse des Theaterstudios Golda Eppstein haben die Bühne des Fabriktheaters in der Roten Fabrik für ihr Schaulaufen gekapert. Zürich24 war am «Hu is Hu»-Theaterfest dabei.

Jeannette Gerber

Unter dem Titel «Hu is Hu»-Theaterfest führten Jugendliche und Erwachsene vergangenes Wochenende im Fabriktheater Rote Fabrik ihr eigenes, dreitägiges Theaterspektakel unter der Leitung von Golda Eppstein durch.

Wie immer war es ein kultiges Happening von und mit spielverrückten Laien aller Alterskategorien zwischen 8 und 88  Jahren. Wir durften Golda Eppstein vor den Aufführungen im «Ziegel au Lac» als dynamische Person, voller Enthusiasmus, Ideen und Visionen kennen lernen.

Seit vielen Jahren ist die Schauspielerin und Theaterpädagogin in der Theaterszene aktiv. Eppstein, geboren 1969, fand nach der Matura ein Engagement beim Zirkus Chnopf und damit den Zugang zum Theater. In Brüssel als Theaterspezialistin ausgebildet, studierte sie weiter im therapeutischen Bereich und dann an der Zürcher Hochschule der Künste in der Kulturvermittlung. Sie ist Gründerin und Leiterin des Theaterstudios Golda Eppstein, wo sie ihre Leidenschaft und Erfahrung durch Theaterkurse in der Roten Fabrik an Laien jeder Altersstufe weitergibt.

Übrigens: Golda Eppstein wurde 2016  – für sie völlig überraschend – der Förderpreis des Kantons Zürich im Bereich Musik, Tanz und Theater verliehen. «Ich hatte nie Fördergelder beantragt und auch nie solche bekommen. Ich habe alles selber durch Kursgelder finanziert. Deshalb war ich überrascht, dass die mich überhaupt kannten», erinnert sie sich.

«Die Schauspielerei war meine Basis, doch erst mit den Theaterkursen fand ich meine wahre Bestimmung», so Eppstein. In ihren Jahreskursen  entwickeln Kinder und Jugendliche in Gruppen von maximal 15 Personen die Bühnengeschichten gemeinsam. Auch bei den Erwachsenen sind die Kurse auf eine Saison angelegt. Die Proben finden wöchentlich an verschiedenen Nachmittagen bis zur Aufführung am Festival statt.

Wer bin ich? Und wo will ich hin?

Das diesjährige Theaterfest steht unter dem Motto «Hu is Hu?» – eine Identitätssuche. Der Name ist eine Anspielung auf das Englische «Who is who?». Beim Theaterfest suchen Jugendliche Antworten auf Fragen wie: Wer bin ich? Was will ich in meinem Leben sein? Wo will ich hin? Bin ich richtig, wo ich bin? Gerade in der Pubertät versuchen sie sich entwicklungspsychologisch auseinanderzusetzen. Diese Fragen stellen sich in der Gesellschaft durch das hohe Tempo der ­Veränderungen und dem daraus re­sultierende Leistungsdruck. Auch der konstante Konsum sozialer Medien ist eine enorme Herausforderung.

Es spielten 41 Kinder, Jugendliche und Erwachsene im Alter von 8 bis 88 Jahren in 5 Gruppen, alles Amateure, mit. Jede Gruppe bot von Freitag bis Samstag zwei Aufführungen dar.

Die Gruppe der 8- bis 10-Jährigen, der Miniclub, zeigte das Stück «Kaufen, Bauen, Verkaufen». Die 11- bis 13-Jährigen, der Maxiclub, spielten «Magisch Gut!». Die Gruppe Theaterfabrik U16 der 14- bis 16-Jährigen führten das Stück «Bin wer? Bin was?» auf. Die Gruppe «Projektil_21» der 17- bis 22-Jährigen bot die Produktion «Shuffle» dar. Und dann die Gruppe der 28- bis 88-Jährigen, die das E-Projekt (E steht für Erwachsene) «Improvisationen Nr. 17 + 18» zeigte. Bemerkenswert ist, dass in der Letzteren tatsächlich der 88-jährige Willy Kindlimann und als Jüngster im ­Miniclub der 8-jährige Dion Ruch mit­wirkten.

Aus Respekt vor den Leistungen der Mitwirkenden wird das Publikum gebeten, das Handy ausgeschaltet in der Tasche zu lassen und die volle Aufmerksamkeit den Akteuren zu schenken. «Für Bildmaterial sorgt Fotograf und Videofilmer Roman Bernhard, der zum Team des Theaterstudios gehört. Die Fotos und Videos stehen im Anschluss auf der Website den Beteiligten zur Verfügung», erklärte die Regisseurin.

«Die Schauspielerei war meine Basis, doch erst mit den Theaterkursen fand ich meine wahre Bestimmung.»
Golda Eppstein, Schauspielerin und Theaterpädagogin

Am Ende raufen sie sich zusammen

Wir haben uns die Aufführung «Magisch Gut!» des Maxiclubs angesehen. Es beginnt an einem ganz normalen Schultag auf dem Pausenplatz. Die neu zugezogene Schülerin Niki wird von einigen mit fiesen Kommentaren über ihr Aussehen «begrüsst». Die nächsten fragen sie abschätzig: «Wo kommst du eigentlich her, wer sind deine Eltern?» Das Übliche halt, wie man heute seine Rivalin disst – also schmäht. Die dritte Gruppe nähert sich ihr heuchlerisch an, um sie dann mit anderen fiesen Sprüchen einzuschüchtern. Es wird geprahlt, gespottet und mit Bösartigkeiten nicht gespart. Aber Niki lässt sich nicht aus der Ruhe bringen.

Zwei weitere Mädchen beobachten die Szene zuerst aus dem Hintergrund, mischen sich dann aber in den Tumult. Es stellt sich heraus, dass es sich bei ihnen um Zauberinnen handelt. Sie retten Niki und führen sie in ihr Geheimversteck. Sie erklären ihr, dass sie auf sie gewartet hätten, da sie eine Dritte im Bund bräuchten. Ihr Ziel sei, aus dieser Welt mit Magie eine bessere zu machen. Um dieses Ziel zu erreichen, müsse man seine Kräfte mit anderen teilen.

Die einen Jungen entpuppen sich als Bluffsäcke, die anderen plustern sich auf als Gangmitglieder. Wieder andere unter ihnen sind harmoniebedürftig. Zuerst müssen sich die unterschiedlichen Gruppen zusammenraufen, um einen gemeinsamen Konsens zu finden. Schliesslich kommt es zur Interaktion mit dem Publikum, das gefragt wird, was es sich eigentlich vorstellt, wie die Welt eine bessere werden könnte.

Daraufhin entwickeln alle Beteiligten gemeinsam Erfindungen zur Lösung der Probleme. Es stellt sich heraus, dass es keine für alle gültige Lösung gibt und dass es nur durch Kommunikation möglich ist, die Vielfältigkeit dieser Welt zu verstehen und gewisse Kompromisse zu finden. Vielleicht ist das ein kleiner Anfang, um aus dieser Welt eine bessere zu machen? Jedenfalls haben sich die zwölf Jugendlichen des Maxiclubs» mit Herzblut dafür eingesetzt.

Mehr über das Theaterstudio Golda Eppstein erfahren: www.eppstein.ch

Jeannette Gerber