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Zürich Nord
04.08.2023
04.08.2023 21:33 Uhr

Diese Geschichte von Wipkingen beleuchtet Positives und Negatives

Haben ein Buch über Wipkingen herausgegeben (v. l.): Martin Bürlimann (Text) und Kurt Gammeter (Bilder).
Haben ein Buch über Wipkingen herausgegeben (v. l.): Martin Bürlimann (Text) und Kurt Gammeter (Bilder). Bild: Pia Meier
Martin Bürlimann und Kurt Gammeter haben kürzlich das Wipkinger Buch «Damals. Ein Bilderbogen» herausgegeben. Es zeigt die eindrücklichen baulichen Veränderungen im Quartier, erzählt historische Ereignisse und geht auf örtliche Persönlichkeiten ein.

Pia Meier

Wer die Bilder von der Einweihung der verbreiterten Wipkingerbrücke im Jahr 1901 und dieselbe Ansicht im Jahr 2022 im Buch «Damals» anschaut, ist unweigerlich schockiert, vielleicht sogar fassungslos. Der Betrachter fragt sich, was haben Architekten, Verkehrsingenieure und Städteplaner hier errichtet? Gleich zwei Bilder der Wipkingerbrücke als Gegenüberstellung von damals und heute sind im Buch zu sehen. Zudem widmen die Autoren Martin Bürlimann (Text) und Kurt Gammeter (Bild) ein ganzes Kapitel der Frage, warum die Wipkingerbrücke nicht Aussersihlbrücke heisst? «Bei der Eingemeindung von Aussersihl und Wipkingen im Jahr 1893 erhielt die Brücke offiziell den Namen «Wipkingerbrücke». Einige prominente Wipkinger hatten dies diskret, aber wirksam beim Zürcher Grossen Rat bewirkt.» Dies sind aber nicht die einzigen Bilder, die die eindrücklichen Veränderungen im wachsenden Wipkingen zeigen. Auch das Bild vom Dorfbrunnen an der Ecke Dorfstrasse-Rosengartenstrasse mit dem alten Gemeindehaus um 1931 und die heutige Situation ohne Brunnen aber mit Lärmschutzwand zeigen Veränderungen vom Dorf zum Stadtquartier auf. 

SBB legte sich quer

Selbstverständlich wird im Buch auch der Bahnhof Letten thematisiert. «Die Konsternation war gross. Einmal mehr brüskierte die SBB das Quartier. Bei einer Volksabstimmung im Jahr 1989 hatte sich eine grosse Mehrheit für die Freihaltezone am Letten ausgesprochen. Die SBB legte Rekurs ein.» Danach stand das Leben am Letten jahrelang still und die Drogenszene etablierte sich dort. 

Zudem wird der Schule Waidhalde, dem modernsten Schulhaus der Schweiz, ein Kapitel gewidmet. Dieses Schulhaus war eines der ersten, die nach reformerischen Gesichtspunkten geplant wurden. Es ist ein Zeugnis der damaligen Denkweise und ist im Inventar der kunst- und kulturhistorischen Schutzobjekte von kommunaler Bedeutung aufgeführt. 

Ein weiteres Kapitel befasst sich mit Planerträumen. 1906 planten Financier Jul. Escher und die Architekten A. Welti-Herzog und Sohn zum Beispiel ein Kurhaus auf der Waid. Doch das Waidgut stand leer. Paul Wunderli und seine Frau Maria waren 1885 gestorben. Es gab viele Pläne und Träume, aber niemand konnte das grosse Landgut übernehmen. Angedacht waren Hotel, Tennisplatz, 50 Meter hoher Aussichtsturm mit Elevator. Später wären dann noch bis zu 50 Chalets dazugekommen. Aus dem Projekt wurde nichts. Die Stadt Zürich kaufte 1907 das Waidgut und plante den Bau eines Spitals, Waidspital und Krankenheim Käferberg. Auf dem Platz des geplanten Kurhauses steht heute das Restaurant «Die Waid».

  • Der Dorfbrunnen an der Ecke Dorf-/Rosengartenstrasse um 1931. Links das alte Gemeindehaus mit der Schulstube. Bild: zvg
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  • Dieselbe Ansicht im Jahr 2022. Den Brunnen gibt es nicht mehr, ebenso das alte Gemeindehaus. Dafür wurde ein Lärmschutzwand errichtet. Bild: zvg
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Lokale Prominente

Zudem sind einige prominente Wipkinger Persönlichkeiten im reich bebilderten Buch erwähnt wie zum Beispiel Maria Wunderli von Muralt, Unternehmerin, Salomon Rütschi, Seidenfabrikant, Heinrich Kleinert, letzter Gemeindepräsident und Hans Brugger, Dorfdichter, 

Das Buch «Damals» umfasst die Kolumnen «Damals» in der Wipkinger Zeitung aus den Jahren 2016 bis 2022. Sie sind stark erweitert und mit vielen teils noch nie gezeigten Bildern und Fotografien versehen. Bürlimann und Gammeter haben sehr viele Fotos von anno dazumal. Der Themenbogen des Buches reicht von den ersten historischen Hinweisen von Wipkingen aus der Römerzeit zu Geschichten und Anekdoten aus dem Mittelalter, der wenig bekannten Industrialisierung des Quartiers im 18. Jahrhundert, der Baumwolltradition der Textilhändler, kriegerischen Ereignissen und gesellschaftlichen bis zu lokalpolitischen Begebenheiten aus der Neuzeit. Der Bilderbogen gibt einen bunten, anekdotischen Einblick in die erstaunlich reichhaltige Geschichte des frühmittelalterlichen Fraumünsterlehen Wibichinga, dem Dorf Wipkingen und dem Stadtquartier. 

Um sich besser orientieren zu können, sind die Gebäude des alten Wipkingen um 1895 wie Kehlhof, Friedhof, Alte Kirche, Wipkingerbrücke, Neuhof, Schulhaus Nordstrasse und andere auf einer Ansicht mit Nummern versehen. Auch ein Stadtplan aus dem Jahr 1986 fehlt nicht.

Wibichinga Verlag, 8037 Zürich, 2023, erhältlich bei Kurt Gammeter (kurtgammeter@bluewin.ch) oder im Buchhandel. ISBN-13 978-3757537074.

  • Die erste Wipkingerbrücke von 1872 in einer Aufnahme um 1899. Am Brückenkopf das Restaurant Anker, links die alte Kirche Wipkingen. Bild: zvg
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  • Halb hinter der Linde das erste Wipkinger Schulhaus «Beim Lindenbänkli» an der alten Landstrasse, heute Hönggerstrasse. Es stand von 1824 bis 1971. Bild: zvg
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Pia Meier