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Zürich Nord
08.08.2023
09.08.2023 20:58 Uhr

Grosser Knatsch um Schilf

Um diese Uferzone geht es.
Um diese Uferzone geht es. Bild: zvg.
Die Vorwürfe der IG am Wasser Breitenstein sind happig. Die Stadt habe ihr Versprechen gebrochen, den Schilfgürtel an der Limmat nur noch massvoll zurückzuschneiden. Nun will die Stadt über die Bücher gehen. Der extern vergebene Auftrag ging offensichtlich in die Hose.

Es ist ein kleines Fleckchen wilder Natur: die Uferzone der Limmat gegenüber der Sportanlage Hardhof. Der dortige Schilfgürtel beherbergt laut Experten viele Vögel, auch Wintergäste und Zugvögel: etwa den seltenen Eisvogel, die Beutelmeise, das Blässhuhn und den Gänsesäger. Das Schilf mit den Rohrkolben ist für den Schutz der Vögel wichtig. Im Winter dienen die Samen der Rohrkolben verschieden Vögeln als Nahrung.

Zu schmaler Gürtel?

Und nun dies: Mitten in den Sommerferien, am 31. Juli, wurde der Schilfgürtel fast ganz zurückgeschnitten. «Dies, obwohl von den Verantwortlich im Jahr 2021 versprochen wurde, dass das Schilf nicht mehr geschnitten wird. Auch die Schwertlilien wurden fast alle abgeschnitten», schreibt die IG am Wasser Breitenstein (IGAWB) in einer Mitteilung. Der Schilfgürtel sei nun so schmal, dass er für Vögel kein Versteck mehr biete. Ebenfalls wurde das Schilf neben dem Biberbau abgeschnitten, wie auch an einem der Lieblingsplätze der Biber. «Diese Plätze sind nun offen gelegt und bieten absolut keinen Schutz mehr. Am Limmatufer besteht nach wie vor keine Leinenpflicht für Hunde.» Deshalb sei der Schilfgürtel für die Natur als Schutz unabdingbar. «Es ist unverständlich, dass die Verantwortlichen von EWZ und Grün Stadt Zürich nichts unternehmen gegen diese Art der Uferpflege», nervt sich Martin Zahnd, Präsident IGAWB. Zudem habe er bemerkt, dass dort auch viele Schwanenblumen (Butomus umbellatus L.) gedeihen, eine geschützte Blume, die im Kanton hauptsächlich an der Limmat vorkommt. «Auch diese jetzt blühende Blume wurde vielerorts abgeschnitten», so Zahnd.

Vorgaben werden überprüft

Sieht so eine naturnahe Bewirtschaftung aus? Was ist dran an den Abmachungen mit der IGAWB? Grün Stadt Zürich tut sich schwer mit der Beantwortung der konkreten Fragen von «Zürich Nord». Nach länglichen Erklärungen (*gesamte Antwort siehe weiter unten) über die Zuständigkeiten wird eingeräumt, dass «die Arbeiten zwar zu weiträumig ausgeführt wurden, dies auf die Ökologie dieses (Gesamt-)Perimeters indes geringen Einfluss hat». Trotzdem würden «die Vorgaben für den Auftragnehmer für eine Verbesserung überprüft». Sprich: Grün Stadt Zürich hat die heikle Arbeit nicht selber ausgeführt und die Privatfirma offensichtlich zu wenig gut instruiert. Nun will man mit der IGAWB das Gespräch suchen.

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* die allgemeine Antwort der Stadt auf folgende Fragen:

1. Trifft die Kritik der IG zu, dass ohne Rücksicht gerodet werde?
2. Wenn ja, warum wurden Abmachungen verletzt oder gab es diese gar nie?

Das Elektrizitätswerk der Stadt Zürich beauftragt Grün Stadt Zürich seit 2019 für die Bewirtschaftung der Limmatufer. Grün Stadt Zürich vergibt diese Arbeiten an private Auftragnehmer, die entsprechende Erfahrung in der Uferpflege aufweisen. Dafür werden Vorgaben, wie die Merkblätter des Amts für Abfall, Wasser, Energie und Luft aber auch des städtischen Naturschutzes mitgegeben. Mähen von Abschnitten ist dabei ein wichtiger Pflegeschnitt, sowohl um der Verbuschung entgegenzuwirken, aber auch um Arten Platz zu schaffen. Die im Kanton äusserst rare Schwanenblume (siehe Foto) konnte sich beispielsweise durch das aktuelle Mähregime an diesem Standort weiter ausbreiten. Auch Schwertlilien profitieren davon, wenn sie nach dem Verblühen im Sommer geschnitten werden.

 Beim Mähen wird darauf geachtet, dass rund 1/3 des Perimeters nicht gemäht wird. Dafür muss aber der ganze Perimeter beurteilt werden (siehe Foto) und nicht nur derjenige, auf dem gemäht wurde. Die Ausführung der Mäharbeiten kann sich unterscheiden, weil sie von unterschiedlichen Personen ausgeübt wird. Mitarbeitende des städtischen Naturschutzes haben den kritisierten Perimeter letzte Woche mehrfach beurteilt. Sie kommen zum Schluss, dass die Arbeiten zwar zu weiträumig ausgeführt wurden, dies auf die Ökologie dieses (Gesamt-)Perimeters indes geringen  Einfluss hat. Für die künftigen Ausführungen werden die Vorgaben für den Auftragnehmer für eine Verbesserung aber überprüft und mit der Interessensgemeinschaft werden wir gerne vor Ort den Dialog suchen.

Aus Sicht von Grün Stadt Zürich ist alles nicht so schlimm. Ein Teil des Schilfgürtels stehe noch. Bild: zvg./ Stadt Zürich
Lorenz Steinmann