Pia Meier
Das prägnante Gebäude an der Kreuzung Albisrieder- und Aemtlerstrasse wird zurzeit bezogen. «Aufgrund seiner Position und Prominenz scheint es den Betrachter willkommen zu heissen. Deshalb tauften wir das Projekt ‹Tor zu Wiedikon›», ist der Website von Refolio Architekten, die die Totalsanierung planten, zu entnehmen. Vieles ist neu in dem ursprünglich 1939 gebauten Gebäude. Entstanden sind dank der Totalsanierung 60 neue, erstklassig ausgebaute 1½- bis 5½-Zimmer-Mietwohnungen sowie ein Büro.
Das Gebäude passt nach wie vor ausgezeichnet in die Umgebung. «Die Totalrenovation übernimmt die charakteristischen Merkmale des bisherigen Gebäudes und erhält den ursprünglichen Charme», so Refolio Architekten. Die Totalsanierung sei aber eine grössere Herausforderung gewesen als ein Ersatzneubau, halten die beiden projektleitenden Architekten Luca Fontanella und Moritz Berchtold von Refolio Architekten fest: «Im konkreten Fall des Wiediker Tors war besonders herausfordernd, dass die alten Decken sogenannte Hourdisdecken waren.»
Die neue hofseitige Raumschicht und die Erker auf der Strassenseite hätten bautechnisch und statisch mit dieser 80-jährigen Konstruktion verbunden werden müssen. Zudem hätte das Gewicht der beiden neuen Dachgeschosse statisch abgetragen werden müssen. Weitere Herausforderungen waren der Erdbebennachweis und die heute geltenden Schallisolationswerte sowie das Einbringen einer Bodenheizung und -kühlung. Schwierig sei zudem die knappe Bauplatzsituation gewesen. «Auch fiel die Baustelle zeitlich in die Pandemie und den Krieg, was zu Lieferengpässen und Bauteuerung führte.» Und nicht zuletzt seien die Bewilligungsprozesse in der Stadt Zürich komplex und würden sehr lange dauern. «Der Auflagenkatalog für den Umbau war gross: 30 Seiten Baubewilligung mit 106 zu erfüllenden Auflagen.»
Herausforderung Lärmschutz
Ein grosses Problem sei auch der Lärmschutz gewesen. «Aber der zusätzliche Aufwand hat sich gelohnt», betonen Fontanella und Berchtold. «Es ist ein gelungenes Projekt. Wir freuen uns sehr darüber.» Im Altbau gab es 47 Wohnungen, neu sind es 60. «Dank Anbau und Aufstockung über zwei Geschosse konnte mehr Wohnraum geschaffen werden», so Fontanella und Berchtold. Die zulässige Gebäudetiefe sei mit dem Bestandesbau nicht ausgenützt worden. «Hofseitig wurde eine knapp 3 Meter breite Raumschicht angebaut.» Der hofseitige Anbau und die neuen strassenseitigen Erker hätten es ermöglicht, dass die Wohnungen deutlich vergrössert und die Logik der Grundrisse gedreht werden konnte. Das heisst, neu ist die «Nachtschicht» (Schlafzimmer) hofseitig ausgerichtet und Wohnen/Essen hin zur Strasse orientiert.
Zudem ist eine «Serviceschicht» in der Mitte der Wohnungen entstanden (Bäder mit Abstellflächen). «Die neuen Wohnungen sind so mit den alten nicht mehr vergleichbar.» Auch hätten mit dem hofseitigen Anbau für jedes Haus grosszügige Lifte eingebaut werden können. Weiterer Wohnraum konnte mit der Aufstockung um zwei neue Stockwerke erstellt werden. «Der Grundriss der Wohnungen ist nicht mehr mit den alten vergleichbar. Sie sind deutlich grösser und durchgängiger», halten Fontanella und Berchtold fest. Neu gibt es weiter hofseitige Balkone. Die Mietzinse für die 1 ½- bis 5 ½ -Zimmer-Wohnungen sind gemäss Fontanella und Berchtold ortsüblich.
Büros statt Gewerbe
Früher gab es drei Gewerbeflächen, nun noch ein Büro. Dieses ist gemäss Burkard vermietet. «Das Büro wurde belassen, da an dieser Hausecke lärmschutzrechtlich keine Wohnung möglich gewesen wäre.»Die Terrasse ist exklusiv für die Bewohnenden der Attikawohnungen zugänglich. Im Gegensatz zur Stadt, die zum Beispiel bei den neuen Hochhausrichtlinien Gemeinschaftsterrassen fordert, sieht Burkard bei solchen viel Konfliktpotenzial.
Nachhaltigkeit grossgeschrieben
Im total sanierten Gebäude wird Nachhaltigkeit grossgeschrieben. «Die Beheizung erfolgt mit einer Grundwasserwärmepumpe, die im Sommer auch zur Kühlung der Wohnungen eingesetzt wird. Diese verfügen über Kühlboden (Free-cooling-System)», erläutern Fontanella und Berchtold. «Die Photovoltaikanlage auf dem Dach produziert CO2-freien Strom, der im Haus preisgünstiger verrechnet wird als der vom Elektrizitätswerk bezogene Strom.» In Verbindung mit den Wärmedämmwerten nach neuesten Standards werde im Gebäude ein Energieverbrauch erzielt, der die Minergie-Vorschriften unterschreite. «Somit ist ein gewichtiger Beitrag für einen kleinen ökologischen Fussabdruck aller hier wohnenden Menschen geleistet.» Die Bewohnerinnen und Bewohner verfügen auch über Fahrradparkplätze mit Ladestationen und einer kleinen Fahrradwerkstatt im Untergeschoss.
Trotz Anbau gibt es heute mehr Grünraum auf dem Areal als vorher. Der Hofplatz war vorher voll geteert. Heute hat es dort Grünflächen. «Wir hätten gerne voll begrünt, konnten dies jedoch nicht, da wir gesetzlich dazu verpflichtet sind, Parkplätze zur Verfügung zu stellen», erklären Fontanella und Berchtold. «Mit den 4 Parkplätzen, 2 davon für Besuchende, haben wir das absolute Minimum realisiert.»