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Stadt Zürich
14.09.2023
15.09.2023 07:47 Uhr

Uferzonen schützen, aber wie?

Was kommt als Nächstes? Das Komitee kritisiert Sonderbauvorschriften, wie etwa für die Städtische Überbauung beim Escher Wyss-Platz.
Was kommt als Nächstes? Das Komitee kritisiert Sonderbauvorschriften, wie etwa für die Städtische Überbauung beim Escher Wyss-Platz. Bild: Lorenz Steinmann
Die Uferschutz-Initiative will Hochhäuser am See- und Limmatufer verhindern. Der Stadtrat lehnt sie ab, übt harte Kritik an den Initianten, legt aber doch einen Gegenvorschlag vor. Wann der Souverän darüber abstimmen kann, ist zurzeit offen.

Pia Meier

Die Uferschutz-Initiative setzt sich unter dem Motto «Uferschutz für Mensch und Natur» dafür ein, dass keine Hochhäuser innerhalb eines Perimeters vom Seeufer und von der Limmat erstellt werden können. «Zürich ist eine Uferstadt. Schützen wir diese Qualität vor Hochhäusern mit mehr als 25 Metern», wird festgehalten. Begründet wird dies wie folgt: Hochhäuser direkt an den Gewässerufern führen zu einer Verengung und Übernutzung der Ufer, gefährden den wichtigsten Naherholungsraum für die Bevölkerung, setzen gefährdete Naturgebiete auf Stadtboden noch stärker unter Druck, zerstören ökologisch einmalige See- und Flusslandschaften und verhindern Luftzirkulation und Abkühlung der Stadt in heissen Sommern.

Die Initianten weisen darauf hin, dass Hochhäuser an der Limmat entstanden (z. B. Swiss Mill Tower) oder am Entstehen (z. B. Tramdepot Escher Wyss) sind. «Es soll aber noch schlimmer werden. Laut den Plänen von Hochbaudepartementen sollen in Zukunft Hochhäuser bis 85 Meter zwischen Platzspitz und Stadtgrenze gebaut werden.»

Natur am Herzen

Am See sollen ohne weiteres Häuser bis 40 Meter entstehen dürfen. «Mit der Uferschutz-Initiative schützen wir Erholungsräume und Uferlandschaften, die für die Zürcherinnen und Zürcher wichtig sind», wird betont. Die Uferschutz-Initiative wurde von einem parteiübergreifenden Komitee lanciert und im März 2023 eingereicht.

Im Komitee ist auch Martin Zahnd von der IG Am Wasser. «Mir liegt die Natur sehr am Herzen. Das Seeufer und gleich vor meiner Haustür das Limmatufer gehören zu den wertvollsten Naturgebieten der Stadt Zürich. Die gilt es besser zu schützen, damit sie der Nachwelt erhalten bleiben.»

«Falsche Grundlage»

Der Stadtrat lehnt die Uferschutz-Initiative ab. Er hält in seiner Weisung an den Gemeinderat vom 21. Juni 2023 fest: «Der Stadtrat stützt zwar das Anliegen der Initiative, seines Erachtens können die Ufer mit anderen Massnahmen aber besser geschützt werden.» Sein Gegenvorschlag berücksichtige alle städtischen Gewässer und sämtliche baulichen Entwicklungen in Ufernähe. Der Stadtrat sieht darin ­einen umfassenderen Uferschutz, als es die Initiative vorschlägt. «Schon die heutigen Regelungen und deren Umsetzung in Leitbildern schützten die Ufer von See und Limmat besser, als es die Initiative fordert», hält er fest. Er erachtet die von der Initiative geforderten Einschränkungen auf bloss zwei Gewässer und Gebäude über 25 Meter Höhe als zu eng gefasst.

«Zudem operiert die Initiative mit irreführenden Aussagen, sind doch weder gemäss den aktuell geltenden noch gemäss den öffentlich aufgelegten aktualisierten Richtlinien Hochhäuser am Seeufer vorgesehen, wie es die Initiative behauptet», so der Stadtrat weiter. «Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die in der Initiative aufgeführten Argumente einerseits auf Entwicklungsplänen der Stadt aufbauen, die es in dieser Form nicht gibt, und andererseits auch einer genauen fachlichen Überprüfung und Bewertung nicht standhalten. So ist zum Beispiel die Aussage in der Initiative, dass städtische Planungen vorliegen, die künftig generell Häuser mit einer Höhe von 40 Metern am Seeufer und Häuser entlang der Limmat an beiden Ufern zwischen Platzspitz und Werdinsel bis 85 Meter zulassen, unzutreffend.»

Demgegenüber sagt Zahnd: «Die Uferschutz-Initiative wurde gestartet, bevor die öffentlich aufgelegten aktua­lisierten Richtlinien vorlagen.» Der Auslöser der Uferschutz-Initiative sei der Schlussbericht zur Aktualisierung der Hochhausrichtlinien. «Und darin sind sehr wohl Pläne für Häuser mit einer Höhe von 40 Metern am Seeufer. Folglich ist die Unterstellung, wir würden mit irreführenden Aussagen operieren, falsch, sondern hatte beim Start der Uferschutz-Initiative seine Gültigkeit.»
Nach wie vor sind die Initianten klar der Meinung, dass es die Initiative braucht. «Es kann jederzeit mittels Gestaltungsplan höher gebaut werden. Ein gutes Beispiel liefert der Swiss Mill Tower, welcher das Limmatufer zubetoniert hat, so dass es nicht mal möglich ist, am Ufer zu spazieren», bekräftigt Martin Zahnd.

Keine Stadionverhinderer

Dass die Initianten der Uferschutz-Initiative vor allem von der NZZ als Stadionverhinderer bezeichnet wurden, weisen sie vehement zurück: «Es ist fraglich, ob die Hardtürme des Fussballstadions überhaupt betroffen wären, wie die NZZ ja selber in ihrer Zeichnung feststellt. Zudem schreibt das städtische Hochbaudepartement auf Anfrage der NZZ, die Initiative werde den Gestaltungsplan ‹nach unserer Einschätzung› nicht tangieren.» Sie bezeichnen den Artikel der NZZ als populistisch. Die Initiative wolle verhindern, dass mittels Gestaltungsplan weiterhin Hochhäuser an See- und Flussufer möglich seien.

Gute Zugänge fördern

Wird die Initiative abgelehnt und der Gegenvorschlag angenommen, soll gemäss Stadtrat eine Bestimmung in die Gemeindeordnung aufgenommen werden, die den sorgsamen Umgang mit den Ufern aller städtischen Gewässer regelt. Die Umsetzungsvorlage soll folgende Ausrichtung haben: «Stadtrat und Verwaltung sorgen dafür, dass die Erholungsräume und die Lebensräume für Flora und Fauna in den Uferbereichen aller oberirdischer Gewässer gesichert und weiterentwickelt werden, dass sämtliche bauliche Entwicklungen in Ufernähe keine negativen Auswirkungen auf die gewässernahen Erholungs- und Naturräume haben sowie dass eine gute öffentliche Zugänglichkeit und Erreichbarkeit der Uferzonen gesichert werden soll.»

Wann die Vorlage zur Abstimmung kommt, ist offen. Sie wird zurzeit in der zuständigen Gemeinderatskommission behandelt.

Das Komitee Uferschutz-Initiative 

Im Komitee Uferschutz-Initiative sind unter anderen: Gabi Petri, Kantonsrätin Grüne; Wolfgang Kweitel, Die Mitte; Markus Knauss, Gemeinderat Grüne; Judith Stofer, Kantonsrätin AL; Sandra Bienek, Kantonsrätin GLP; Martin Schluep, Pro Limmatraum; Horst Eisterer, Architekt; Alex Götz, QV5; Urs Frey, QV 8; Martin Zahnd, IG Am Wasser.

Pia Meier