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Zürich West
10.11.2023

Sie füllen Quellwasser vom Uetliberg ab

(v. l.): Kadir Fazlic, Michael Frank und Claude Cochard.
(v. l.): Kadir Fazlic, Michael Frank und Claude Cochard. Bild: nh.
Das Quellwasser aus Albisrieden mit dem etwas sperrigen Namen «Lokales Wasser 37» bietet eine umweltfreundliche Alternative zu importiertem Wasser. Doch wie «lokal» ist dieses Wasser überhaupt, wenn es inzwischen auch im Coop und in der Migros erhältlich ist? Coop macht damit eine Transportschlaufe bis in den Aargau.

Nicolas Heneghan

Seit 2016 füllt das Team von «Lokales Wasser 37» frisches Quellwasser direkt vom Uetliberg ab. Dies geschieht am Rennweg 37 mitten in der Altstadt – daher «37» im Namen. Seit 2020 passiert das auch an der Albisriederstrasse 253, auf dem Gelände der ehemaligen Siemens-Albis. Früher produzierte Siemens dort Telefone und Radios. Heute füllt neben anderem Gewerbe «Lokales Wasser 37» ihr «Uetliberger Quellwasser» direkt von der Leitung ab.

Ermöglicht wird das Ganze durch die so genannte Albisrieder Leitung. Die Albisrieder Leitung führt vom Uetliberg bis zum Rennweg 37, und dies schon seit 1430, also seit bald 600 Jahren. Die Idee für das Unternehmen entstand, als Urs Grütter seine Liegenschaft am Zürcher Rennweg umbauen wollte. Im Jahr 2015 stiess er beim Blick in den Grundbucheintrag der Liegenschaft auf ein Bezugsrecht für Wasser aus dem Zürcher Quellwassernetz. Dieses Netz speiste bisher ausschliesslich die öffentlichen Brunnen in Zürich mit frischem Quellwasser. Urs Grütter war mit «Lokales Wasser 37» der Erste, der dieses Wasser in Flaschen abfüllte und verkaufte.

Das Wasser hat laut Experten eine aussergewöhnlich hohe Qualität und wird ohne zusätzliche Aufbereitung abgefüllt. Es schmeckt so gut, dass nicht etwa wenige Menschen ihre leeren Flaschen am neuen Brunnen an der Albisriederstrasse wieder auffüllen. Interessanterweise trinken die Leute zu gleichen Teilen ihr Wasser mit oder ohne Kohlensäure. Im Restaurant wird zum Genuss deutlich mehr Wasser mit Kohlensäure getrunken. «Für unterwegs schnappen sich Leute tendenziell lieber eine Flasche ohne», bemerkte Geschäftsführer Michael Frank.

Das Albisrieder Team

Das Unternehmen besteht lediglich aus fünf Mitarbeitern, schafft es jedoch, jährlich 1 Million Liter Wasser abzufüllen und zu verkaufen. An der Albisriederstrasse arbeiten Claude Cochard, Kadir Fazlic und Walter Furrer mit grosser Hingabe am reibungslosen Abfüllprozess. Zudem führen sie das Lager und verantworten den Warenausgang. Geschäftsführer Michael Frank ist quasi ein «Allrounder», der mit Mireille Peterhans nicht nur den administrativen Teil des Unternehmens im Blick hat, sondern sich auch um die Bereiche Marketing und Verkauf kümmert. Ihre gemeinsame Arbeit trägt massgeblich zum Erfolg von «Lokales Wasser 37» bei.

Direktes Abholen möglich

«Lokales Wasser 37» bietet eine umweltfreundliche Alternative zu importiertem Wasser. Der kurze Transportweg minimiert den CO2-Ausstoss mit dem Ge­danken. «Warum importiertes Wasser trinken, wenn wir frisches, qualitativ hervorragendes Wasser vor der Tür haben?», ist Michael Frank überzeugt. Die Wasserflaschen können direkt am Rennweg 37 oder an der Albisriederstrasse 253 abgeholt werden.

Neu können die Wasserflaschen unter anderem auch im Coop und in der Migros eingekauft werden – in der Stadt Zürich oder in den direkt angrenzenden Agglomerationen wie zum Beispiel in Wallisellen. Als Regel gilt – »Lokales Wasser 37» ist in Zürich und im Umfang von zehn Kilometern verfügbar. Im Vergleich zu importiertem Mineralwasser wie etwa San Pellegrino oder Evian oder «Lokales Wasser 37» beim Transport einen drastisch nied­rigeren CO2-Ausstoss auf. Die genauen Zahlen bezüglich des Transportweges können auf ihrer Website lokaleswasser.ch in ihrem Ökoprofilhandbuch aufge­rufen werden.

Bevor das Wasser in den Coop-Regalen steht, liefert «Lokales Wasser 37» die Halbliter-PET-Flaschen an die Coop-Verteilzentrale in Schafisheim. Danach wird es mit Coop-LKWs an die 143 Verkaufsstellen, die «Lokales Wasser 37» im Sortiment haben, verteilt. Die Wasserflaschen, gefüllt mit Zürcher Quellwasser, machen also zuerst einen 80-Kilometer-Umweg ins Aargau, bevor es in den Regalen in und um Zürich steht. Aktuell sind im Coop nur PET-Flaschen im Halbliterformat ungekühlt verfügbar.

Weiches oder hartes Wasser? 

Wieso wird das Wasser von der Stadt als «weich» betitelt? In der Schweiz wird die Härte von Wasser in französischen Härtegraden (fH) angegeben. Das Wassernetzwerk der Stadt Zürich, oder einfach  «Züriwasser», verfügt über einen konstanten Härtegrad von 15 fH. Massgebend für die Härte des Wassers ist die Konzentration der aus dem Boden gelösten Mineralien, hauptsächlich Magnesium und Kalzium. Ein Grad fH entspricht zehn Milligramm Kalk pro Liter Wasser. Das «Züriwasser» wird durch den hohen Seewasseranteil merkbar aufgeweicht. Quellwasser hingegen ist hart und beinhaltet eine Vielfalt an wichtigen Mineralien. 

Die Abfüllanlagen und das Lager von «Lokales Wasser 37» befinden sich in Albisrieden. Bild: nh.

Migros hält lokale Produkte lokal

Die Migros handelt mit einem scheinbar höheren ökologischen Bewusstsein als ihre Konkurrenz, die Coop. Die Migros tätigt für ihre Produkte im regionalen Sortiment eine Abholtour durch die Stadt. Auf dieser bestehenden Tour der Stadt Zürich holt ein Migros-Lieferwagen die Wasserflaschen von «Lokales Wasser 37» ab, bevor sie an der Pfingstweidstrasse kommissioniert werden. Die Pfingstweidstrasse ist mit dem Auto oder in diesem Fall mit dem LKW von der Albisriederstrasse in etwa zehn Minuten und einer Distanz von gut 4 Kilometern zu erreichen. Danach, wie die Coop es ebenfalls tut, verteilt die Migros die Wasserflaschen an ihre Geschäftsstellen in der Stadt Zürich oder in den ­direkt angrenzenden Gemeinden. Auch in der Migros können zurzeit nur Halbliter-PET-Flaschen bezogen werden. Hingegen stehen diese, nicht wie bei der Coop, in ungekühlten sowie gekühlten Regalen.

1 Million Liter Wasser

Doch wie gross ist die beschriebene Firma im Vergleich zu den grossen Playern? Wie viel sind eine Million Liter Wasser im Vergleich? Sämtliche der angefragten Firmen wollten bezüglich ihrer jährlichen Abfüllmenge keine Aussage machen. «Aus Wettbewerbsgründen», wie es hiess. Immerhin: Henniez gab zur Antwort, dass sie jährlich 90 Millionen Flaschen produzierten. Das Team von «Lokales Wasser 37» füllt jährlich ungefähr 1 Million Liter Wasser in PET- und Glasflaschen ab. Im Vergleich zu Henniez, die jährlich rund 90 Millionen Flaschen in diversen Füllmengen produziert, sieht die Kapazität von «Lokales Wasser 37» also eher bescheiden aus. Zu berücksichtigen ist jedoch ihr Bezugsrecht von lediglich 5 Millionen Litern pro Jahr. Hinzu kommt das substanziell kleinere Verteilgebiet von «Lokales Wasser 37». «Lokales Wasser 37» kann mit seinem Volumen aber schon den täglichen Wasserbedarf von rund 1000 Personen im Jahr abdecken, wenn man den täglichen Wasserbedarf einer Person auf ungefähr 2,5 Liter setzt.

Dieser Wasserbedarf könnte durchaus durch den weit verteilten Brunnen gestillt werden, denn die rund 320 der über 1200 Brunnen in der Stadt Zürich werden über ein separates Quellwassernetz mit «hartem» Wasser versorgt. Durch die übrigen Brunnen fliesst das bekannte «Züriwasser» – eine Mischung aus 40 Prozent Grundwasser, 40 Prozent Seewasser und 20 Prozent Quellwasser, welches als Resultat ein äusserlich weiches Wasser hergibt. Im Vergleich mit direkt angrenzenden Gemeinden wie Wallisellen mit einem Wasserhärtegrad von rund 32 fH oder Opfikon mit einem Härtegrad von 23 fH können Stadtzürcherinnen und Stadtzürcher täglich weiches Wasser durch ihre Wasserhähne fliessen lassen (fH-Werte gemäss trinkwasser.ch). Wenn eine in Zürich wohnende Person Lust auf Abwechslung zu ihrem weichen Hahnenwasser hat, kann sie sich eine Flasche mit natürlichem Uetliberger Quellwasser von «Lokales Wasser 37» kaufen. Insgesamt sprudeln die 120 grossen und kleinen Quellen des Zürcher Quellwassernetzes täglich 25 Millionen ­Liter Wasser auf. «Lokales Wasser 37» füllt somit jährlich einen Fünfundzwanzigstel des täglichen Volumens des Zürcher Quellwassernetzes ab.

Die lange Wasserleitung mit den Zapfstellen Albisriederstrasse 253 (ehemals Siemens-Albis) und am Rennweg 37. Bild: zvg.

Importiertes Mineralwasser

Die Schweiz importiert jährlich 441 Millionen Liter Mineralwasser. Dies führt laut Experten zu einem unnötig grossen CO2-Ausstoss. Dabei fehlt es in der Schweiz kaum an sauberem, trinkbarem Wasser. Das Konzept von «Lokales Wasser 37» ist darauf ausgerichtet, in anderen Städten Nachahmer zu finden. So soll der lokale nachhaltige Wasserkonsum in der ganzen Schweiz langfristig gefördert werden. Schliesslich verfügt nicht nur Zürich, sondern auch andere Regionen über Wasserquellen von hervorragender Qualität.

Nicolas Heneghan