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Zürich 2
11.11.2023
05.06.2024 09:33 Uhr

Wollishofer Schipferhof: Bevölkerung darf mitbestimmen

In Wollishofen liegen Land und Stadt nahe beieinander.
In Wollishofen liegen Land und Stadt nahe beieinander. Bild: Pascal Turin
Äcker, Wiesen und Weiden: In Zürich gibt es auch viel landwirtschaftlich genutztes Land. Beim Schipferhof in Wollishofen gehen die Pächter Ende 2026 in Pension. Die Stadt überlegt nun, wie der Hof in Zukunft genutzt werden soll.

Pascal Turin

Die Stadt Zürich ist Eigentümerin von 12 Landwirtschaftsbetrieben. 11 davon sind verpachtet, der Gutsbetrieb Juchhof in Altstetten wird durch Mitarbeitende von Grün Stadt Zürich bewirtschaftet. Einer der verpachteten Bauernhöfe ist der Schipferhof in Wollishofen. Hier hält Landwirt Christian Sierts 20 Mutterkühe mit ihren Kälbern und rund 50 Hühner. Zudem pflegt er Hochstamm-Obstbäume. Seine Ehefrau Barbara Braun betreibt den Bio-Hofladen. Doch Ende 2026 ist damit Schluss. Dann will die Familie Sierts Braun nach über 30 Jahren auf dem Schipferhof in Pension gehen. 

Die Stadt gleist darum die Nachfolge auf. Viel ist möglich und offen – darunter, ob es weiterhin Kühe gibt. «Wir wollen die Bevölkerung möglichst früh einbeziehen und ihre Ideen sowie Wünsche abholen», sagt Markus Wittmer, Projektleiter Landwirtschaft bei Grün Stadt Zürich. Die Dienstabteilung ist für die Verpachtung der 11 stadteigenen Höfe zuständig. 

Am 18. November findet eine Mitwirkungsveranstaltung mit Workshops statt. Es ist das erste Mal, dass Grün Stadt Zürich für die Verpachtung eines Hofs die Bevölkerung in dieser Form einbezieht. 

In Schwamendingen gab es Kritik

Die offensive Kommunikation der Stadt hat ihren Grund: Seit im Landwirtschaftsbericht 2016 zu lesen war, dass der Schipferhof das Potenzial für einen Quartierhof biete, ist der Bauernhof immer mal wieder Thema in den Medien. Ein Teil der Wollishoferinnen und Wollishofer rief zum Widerstand auf. Sie befürchteten, dass die traditionell-bäuerliche Bewirtschaftung durch eine Art Erlebnishof abgelöst wird, ähnlich wie der «Wynegg»-Quartierhof in Riesbach. Dieser Hof wird von einem Verein geführt. Die Bevölkerung hilft zum Beispiel bei der Apfel-Ernte mit oder kümmert sich um die Schafe. Der Quartierverein Wollishofen schrieb dem Stadtrat damals sogar einen Brief. Der grundsätzliche Tenor: Der Schipferhof soll in seiner heutigen Form weitergeführt werden.

Ausserdem gab es am Anfang in Schwamendingen Kritik, als bekannt wurde, dass beim Huebhof ein Pächterwechsel anstand. Seit diesem Jahr werden von einer Pächtergemeinschaft Gemüse nach dem Prinzip der solidarischen Landwirtschaft angebaut. Wer will, kann ein Gemüse-Abo buchen, muss aber ein paar Stunden pro Jahr mitarbeiten. Die beliebten Hochlandrinder gibt es hingegen nicht mehr. Dafür weidet auf dem Land eine kleine Herde rätischer Grauvieh-Kühe. Hintergrund für den Pächterwechsel auf dem Huebhof war, dass das langjährige Pächterpaar Claudia und Thomas Ryffel in Pension ging. Die Situation ist also ähnlich wie in Wollishofen.

Ins Gespräch vertieft (v. l.): Landwirt Christian Sierts und Markus Wittmer, Projektleiter Landwirtschaft bei Grün Stadt Zürich, posieren vor dem Stall. Bild: Pascal Turin

Doch kein Quartierhof geplant

Für Markus Wittmer von Grün Stadt Zürich ist klar: «Wir wollen den Schipferhof als Landwirtschaftsbetrieb erhalten.» Ackerbau sei wegen der Hanglage des knapp 18 Hektaren grossen Betriebs sowieso nur begrenzt möglich. Das Land eignet sich besonders für die Viehwirtschaft. Das müssten theoretisch nicht Kühe sein, auch Schafe oder Ziegen wären möglich. Die Stadt will neuen Pächtern die Kuhhaltung aber nicht verbieten.

«Wir möchten hochwertige Produkte, wir wollen Biolandwirtschaft, Artenvielfalt und die Möglichkeit für die Leute, sich zu beteiligen», sagt Wittmer. Diese Vorgaben stehen auch im städtischen Grünbuch. Dieses zeigt auf, wie sich die Grün- und Freiräume künftig entwickeln sollen.

Ideen an Workshops einbringen

An der Mitwirkungsveranstaltung soll die Bevölkerung ihre Vorstellungen einbringen können. «Wir wollen unter anderem wissen, ob auch es in Wollishofen das Bedürfnis gibt, auf dem Hof mitzuarbeiten», so Wittmer. Unter anderem wurden der Quartierverein und das Gemeinschaftszentrum Wollishofen sowie der Quartiertreff Enge frühzeitig in die Planung der Veranstaltung einbezogen.

Nach den Workshops will Grün Stadt Zürich die Vorschläge aus dem Quartier eingehend prüfen. Ende März 2024 wird an einer öffentlichen Veranstaltung vorgestellt, welche davon weiterverfolgt werden. Das Grobkonzept erstellt die Stadt dann in der zweiten Hälfte 2024. Die Ausschreibung für die Suche nach einer neuen Pächterin oder einem neuen Pächter soll 2025 erfolgen. Je nachdem übernehmen die Nachfolgerinnen und Nachfolger dann die Tiere und die Maschinen vom Schipferhof. Ansonsten muss sie Christian Sierts verkaufen. 

Wie es für den Bauern und seine Frau Barbara Braun nach der Pensionierung Ende 2026 weiter geht, ist noch offen. Sierts: «Es wird sicher nicht einfach, Abschied zu nehmen.»

18. November, 9 bis 14 Uhr, Zukunft des Schipferhofs mit­gestalten: mitwirken.stadt-zuerich.ch

Im Schipferhof-Laden kann man Bioprodukte kaufen. Bild: Pascal Turin
Sind auch bei der Bevölkerung beliebt: die Kühe. Bild: Pascal Turin
Pascal Turin/Zürich24