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Stadt Zürich
15.11.2023

Hier bilden sich Führungskräfte weiter

Das Institut für Angewandte Psychologie auf dem Toni-Areal ist Teil der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.
Das Institut für Angewandte Psychologie auf dem Toni-Areal ist Teil der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Bild: Lisa Maire
Auf eine 100-jährige Geschichte zurückblicken: 1923 wurde der Grundstein für das Institut für Angewandte Psychologie an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften gelegt. Das Ziel: Psychologisches Wissen für die Praxis anwendbar machen, damit die Gesellschaft profitiert.

Robin Walz

Die Angewandte Psychologie in Zürich feiert dieses Jahr das 100-Jahr-Jubiläum. Die Feierlichkeiten wurden mit verschiedenen Anlässen begangen, darunter mit einem Psychologie-Tag im Kongresshaus und einer Psychologie-Woche an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften – kurz ZHAW. Das Institut für Angewandte Psychologie (IAP) ist Teil der ZHAW und hat seine Räumlichkeiten auf dem Toni-Areal im Kreis 5.

Doch werfen wir zuerst einen Blick zurück: Den Ursprung des Instituts lässt sich gemäss Christoph Negri, Leiter des IAP, auf den Schweizer Unternehmer Iwan Bally zurückverfolgen. In den 1920er-Jahren ist Bally laut der Unternehmenswebsite in die USA gereist, um mehr über die Angewandte Psychologie zu erfahren, die sich dort frisch entwickelt hat. Nach seiner Rückkehr beauftragte er ­Jules Suter, ein Psychologe der Universität Zürich, in Ballys Schuhfabriken arbeitspsychologische Versuche durchzuführen.

1923 gründete Suter das Psychotechnische Institut Zürich, das als Vorläufer des IAP gilt, und institutionalisierte damit die Angewandte Psychologie in der Schweiz. Das IAP wurde 2007 Teil der ZHAW und bildet dort heute gemeinsam mit dem Psychologischen Institut das Departement Angewandte Psychologie.

Erfahrungen beobachten

Das IAP beschäftigt sich damit, aktuelle Phänomene und deren Einflüsse auf den Menschen zu untersuchen und daraus Erkenntnisse für die Praxis zu gewinnen. «Es geht darum, Erfahrungen aus dem privaten und beruflichen Alltag zu beobachten und hinterfragen und diese Erkenntnisse dann wieder in den Alltag zurückzutransferieren. Diese Wechselwirkung zwischen Forschung und Praxis ist uns ein grosses Anliegen», erklärt Professor Negri. Mit aktuellen psychologischen Forschungserkenntnissen soll also der berufliche und private Alltag optimiert werden.

Ein Beispiel, das diese Vision veranschaulicht, ist die Studie «Der Mensch in der Arbeitswelt 4.0». Hier führt das IAP seit mehreren Jahren Befragungen durch, um die Einflüsse der Digitalisierung auf die Arbeitswelt der Menschen zu analysieren. Mit den Erkenntnissen, die dadurch generiert werden, sollen beispielsweise Unternehmen in der Gestaltung eines gesundheitlich nachhaltigen Arbeitsalltags unterstützt werden, um Burn-outs zu verhindern.

«Das IAP hat vor 75 Jahren die erste Führungsausbildung in der Schweiz angeboten.»
Christoph Negri, Leiter Institut für Angewandte Psychologie (IAP)

Auch die Swisscom ist Kundin

Die Unternehmen, die von der Arbeit des IAP profitieren, sind stark im Grossraum Zürich verankert. Man arbeitet insbesondere mit kleinen und mittleren Unternehmen zusammen, aber auch Grossunternehmen, wie Swisscom oder den Verkehrsbetrieben Zürich (VBZ), sind wichtige Kunden des IAP. So führt das Institut, zum Beispiel, im Auftrag der VBZ psychologische Abklärungen für die Rekrutierung von Trampilotinnen und Trampiloten durch. Somit wird geprüft, welche Kandidaten die spezifischen Anforderungen dieser Berufstätigkeit erfüllen.

Neben der Beratung von Unternehmen ist die Weiterbildung, insbesondere von gut bis sehr gut qualifizierten und ambitionierten Fach- und Führungskräften, ein zentraler Baustein des IAP. «Mit rund 80 jährlichen Angeboten und 300 Weiterbildungsteilnehmenden sind wir in der Schweiz und sogar im deutschsprachigen Raum der grösste Weiterbildungsanbieter im Bereich Angewandte Psychologie», sagt Negri. Die Weiterbildung von Führungskräften ist gemäss Negri ein roter Faden, an welchem sich die Arbeit des IAP seit Jahrzehnten durchzieht. «Das IAP hat vor 75 Jahren die erste Führungsausbildung in der Schweiz angeboten», sagt Negri. Heute werde dies mit den aktuellen Erkenntnissen, beispielsweise in den Bereichen Digitalisierung oder Globalisierung, weitergeführt.

Ein weiterer roter Faden ist die forschungsbasierte Arbeit. Das Institut betreibt nicht zu allen Themen selber Forschung, aber es arbeitet laut Professor Negri stets mit aktuellen Forschungserkenntnissen.

ZHAW bildet Psychologinnen aus

Das Departement für Angewandte Psychologie an der ZHAW besteht neben dem IAP auch aus dem Psychologischen Institut. Dort können Studierende ihren Bachelor und Master in Psychologie absolvieren. Gemäss Negri unterscheidet sich das Psychologiestudium an der ZHAW im Vergleich zu anderen Hochschulen, wie beispielsweise der Universität Zürich, in mehreren Belangen. Einerseits sei die Anzahl an Psychologiestudentinnen und -studenten an der ZHAW kleiner, was zu einer familiäreren und persönlicheren Atmosphäre mit erhöhter Interaktion führe.

Andererseits sei das Studium an der ZHAW praxisorientierter. Die Studierenden können laut Negri an reellen Projekten teilnehmen, die vom Departement selber aufgegleist werden. Ausserdem kommt gemäss Negri die Mehrheit der Lehrkräfte aus der Privatwirtschaft. Dadurch bereiten sie die Inhalte anders auf und arbeiten viel mit Fallbeispielen, die sie selber erlebt haben. «Die starke Vernetzung mit der Privatwirtschaft, ergänzt durch die rund 30 jährlichen Praktikumsstellen, die beim Departement selber angeboten werden, ist zudem für die Studierenden eine Chance, um in der Berufswelt Fuss fassen zu können», so Negri.

Christoph Negri ist seit 2015 Leiter des IAP. «Ich bin sehr stolz, Teil vom IAP zu sein und dieses Projekt weiterführen zu dürfen», sagt der Professor. «Unsere rund 250 Mitarbeitende im Departement sind motiviert, auch in der Zukunft etwas zu bewegen und das Anliegen, psychologisches Wissen in den Alltag zu bringen, fortsetzen zu können.»

Psychologen sind nicht gleich Psychotherapeuten

Um die Berufsbezeichnung Psychologin oder Psychologe zu erhalten, ist ein Masterabschluss in Psychologie notwendig. Ein Einstieg in die Berufswelt ist bereits nach dem Bachelor möglich, aber ein Master öffnet zusätzliche Türen, zum Beispiel in der Psychotherapie. 

Möchte jemand als Psychotherapeutin und Psychotherapeut tätig sein, erfordert dies eine drei- bis vierjährige Weiterbildung, die auch beim Institut für Angewandte Psychologie (IAP) angeboten wird. «Wir sind einer der grössten Ausbildner von psychotherapeutischen Fachpersonen», erklärt IAP-Leiter Christoph Negri. In der Psychotherapie geht es laut Negri darum, psychische Krankheitsbilder wie zum Beispiel Depression oder Schizophrenie zu kennen und verschiedene therapeutische Behandlungsmöglichkeiten zu identifizieren oder entwickeln. (rwa.)

Robin Walz/Zürich24