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Zürich Nord
28.11.2023
27.11.2023 14:25 Uhr

Dieser Fluss wird zum Leben erweckt

Wieder eine weitgehend natürliche Flusslandschaft. Die Glatt wurde im Altried aus ihrem tristen Betonkorsett befreit. Mensch und Natur profitieren davon.
Wieder eine weitgehend natürliche Flusslandschaft. Die Glatt wurde im Altried aus ihrem tristen Betonkorsett befreit. Mensch und Natur profitieren davon. Bild: Robin Walz
Die Glatt im Altried zwischen Wallisellen und Schwamendingen sieht nach monatelangen Bauarbeiten ganz anders aus. Zahlreiche Tiere und Pflanzen haben hier ein neues Zuhause gefunden. Auch für Erholungssuchende gibt es nun ein umfangreiches Angebot.

Robin Walz

Seit mehreren Monaten wird bei der Glatt im Altried intensiv gearbeitet. Eine Strecke von rund 700 Metern, die sich von der alten Brücke an der Winterthurerstrasse bis gegenüber dem Gebäude der Abwasserreinigungsanlage Neugut durchzieht, soll «revitalisiert» werden. Revitalisierung bezieht sich gemäss dem Bundesamt für Umwelt Bafu auf die «Wiederherstellung von naturnahen Bächen, Flüssen und Seen mit ihren charakteristischen Tier- und Pflanzenarten».

Die Revitalisierungsarbeiten des Glatt-Abschnitts sind inzwischen weitgehend abgeschlossen. Auf dem vormals kanalisierten und begradigten Abschnitt ist ein vielfältiger, artenreicher Lebensraum entstanden. Der Fluss mäandriert wieder wie einst. Mit der offiziellen Einweihung hat die Baudirektion des Kanton Zürichs kürzlich einen grossen Meilenstein erreicht.

Tiere und Pflanzen profitieren

Gemäss der Baudirektion dient die Revitalisierung der Glatt im Altried zwei übergeordneten Zielen. Einerseits soll der ­zuvor kanalisierte Abschnitt zu einem wertvollen Lebensraum für standorttypische Tiere und Pflanzen umgewandelt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden mehrere Massnahmen getroffen.

Die alten, harten Uferverbauungen wurden durch natürliche Materialien, wie Baumstämme oder Steine, ersetzt, die im Wasser als Verstecke für Fische und an Land als sonnige Plätzchen für Zauneidechsen dienen sollen. Ein neuer Teich wurde angelegt, bei welchem sich beispielsweise Eisvögel oder Prachtlibellen wohlfühlen können.

Zudem werden die beiden Seitenbäche der Glatt – der Sagentobelbach und der Hirzenbach – im Mündungsbereich so umgestaltet, dass der Durchgang für die Fische erleichtert wird. Über den beiden Mündungen wurden Brücken gebaut, damit darunter schattige und kühle Wasserplätze entstehen, von welchem besonders kleinere Fische profitieren. Zu den Tierarten, die im Glatt-Abschnitt künftig ein neues Zuhause finden sollen, gehört unter anderem auch der Biber. An den Bäumen sind erste Frassspuren zu finden. Das zeigt: Die Baumassnahmen wirken bereits.

Neuer Erholungsraum entsteht

Neben vielfältigen Tieren und Pflanzen hat die Revitalisierung der Glatt im Altried ein weiteres Ziel: Es soll auch ein Gebiet werden, in welchem Menschen sich erholen und die Natur geniessen können. Zu diesem Zweck wurde der Uferweg auf der linken Glattseite verbreitert und von einer begradigten zu einer kurvenreichen Form umgestaltet, mal näher, mal weiter vom Wasser entfernt. Diese abwechslungsreiche Gestaltung soll Velofahrern und Spaziergänger zugutekommen, die aufgrund der Verbreiterung auch genügend Platz haben.

Ausserdem verbesserte man an mehreren Stellen, besonders am linken Ufer, den Zugang zur Glatt. Neu gebaute Treppen, Plattformen und Sitzelemente erlauben es, am Fluss zu verweilen und die Natur zu beobachten. Obwohl das rechte bewaldete Glattufer für die Natur und nicht die grosse Masse vorgesehen ist, gibt es auch dort Möglichkeiten für Naturliebhaber. Dank dem Bau eines Trampelpfads bleibt der Durchgang durch einen Teil der Waldstelle möglich.

Beide Glattufer wurden mit Bäumen, Sträuchern und Blumenwiesen bepflanzt. Auch dies soll dazu beitragen, dass sich Erholungssuchende und Naturfreunde im revitalisierten Glatt-Abschnitt zu Hause fühlen. Die Massnahmen tragen schon erste Früchte: Mehrere Spaziergänger benutzen bereits den Uferweg. Und ein Hund beschnüffelt unter Begleitung seines Herrchens die neuen Düfte, die dank der Revitalisierung entstanden sind.

Bei der Eröffnung wurde auch ein junger Baum gepflanzt. Bild: Robin Walz

Schrittweise Umsetzung

Die Revitalisierung des Glatt-Abschnitts wurde von der Baudirektion des Kanton Zürichs – spezifisch dem Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft Awel – schrittweise umgesetzt. Nach eigenen Angaben führte die Baudirektion im November 2022 Forstarbeiten aus. Anfang 2023 erneuerte man die Brücken über die beiden Zuflüsse Sagentobel- und Hirzenbach. Zwischen Mai und Herbst 2023 wurden die Glatt und die Uferbereiche neugestaltet. Seither beschäftigt man sich mit der Neubepflanzung des Glatt-Abschnitts.

Das Projekt ist Teil des Freiraumkonzepts «Fil Bleu Glatt», wonach zwischen Dübendorf und Opfikon entlang der Glatt bis 2031 ein siedlungsnahes Erholungsgebiet mit Fuss- und Velowegen und neuen Lebensräumen für Pflanzen und Tiere entstehen soll. Insgesamt stehen dafür vom Kanton 63 Millionen Franken zur Verfügung.

Die Revitalisierung des Glatt-Abschnitts wurde neben den kantonalen Beiträgen durch die Städte Zürich und Wallisellen mitfinanziert. Ausserdem beteiligte sich der «naturemade star-Fonds» vom Elektrizitätswerk der Stadt Zürich (EWZ) mit finanziellen Beiträgen. So tragen auch die Kundinnen und Kunden des EWZ zu den umweltfreundlichen Massnahmen bei.

Mehrwert für alle, die Erholung suchen

Die Einweihung des revitalisierten Flussabschnitts eröffnete Christian Marti vom Awel mit einer Kurzansprache. Im Anschluss pflanzte er gemeinsam mit einigen Projektpartnern symbolisch einen Baum an. Bei der Baumpflanzung betätigte sich ebenfalls Karl Stammnitz, Leiter der Abteilung Tiefbau und Landschaft bei der Stadt Wallisellen. Neben der finanziellen Unterstützung wirkte die Stadt Wallisellen auch bei der Umsetzung des Projekts mit. «So haben wir uns beispielsweise bei der Erneuerung des Erholungs- beziehungsweise des Picknickplatzes beteiligt», sagt Stammnitz. Dort wurde eine Treppe mit Steinplatten bis ans Wasser gebaut. «Dabei haben wir sehr gut mit der Stadt Zürich zusammengearbeitet», fügt Stammnitz dazu.

Die Revitalisierung begünstige diejenigen Wallisellerinnen und Walliseller, die an der Glatt Erholung suchen oder Velo fahren möchten. Das betreffe insbesondere die im südlichen Teil Wallisellens lebenden Menschen, die nun auch einen besseren Verbindungsweg zur Glatt haben. Wie das Projekt bei der Walliseller Bevölkerung ankommt, sei bisher schwierig abzuschätzen. «Was man allerdings sieht, ist, dass der Erholungsplatz bereits genutzt wird, obwohl er eigentlich noch abgesperrt ist», so Stammnitz.

Robin Walz/Zürich24