Pia Meier
Der Stadtrat hat eine massive Gebührenerhöhung für die Bewohnerinnen und Bewohner der Gesundheitszentren fürs Alter per 1. Januar 2024 beschlossen. Sie bringt teils happige Aufschläge. Durchschnittlich steigen die Taxen dort um 7 bis 9 Prozent – je nach Angebot und Komfortstufe. Damit erhöhen sich die Gebühren im Schnitt um 17 Franken pro Tag oder 6205 Franken pro Jahr.
SVP, SP, Grüne und AL sehen das sehr kritisch, denn das berge die grosse Gefahr, dass viel mehr Bewohnerinnen und Bewohner der städtischen Gesundheitszentren für das Alter ihr Leben über die Zusatzleistungen zur AHV/IV finanzieren müssten. Bereits heute könnten nur 40 Prozent ohne Zusatzleistungen auskommen. Gerade für Personen aus dem unteren und dem mittleren Mittelstand wäre die finanzielle Mehrbelastung enorm. Die erwähnten Parteien wehrten sich deshalb gegen den Vorschlag des Stadtrats mittels einer parlamentarischen Initiative.
Die IGA organisierte Podium
Diese Kontroverse spiegelte sich auch beim Podium der Interessengemeinschaft gemeinnütziger Altersinstitutionen (IGA) im Alters- und Pflegeheim Riedhof in Höngg wider. Die IGA Zürich ist ein privater gemeinnütziger Verein mit 25 angeschlossenen Institutionen aus der Stadt Zürich. Am Podiumsgespräch nahmen die folgenden Gemeinderätinnen und Gemeinderäte teil: Walter Anken (SVP), Deborah Wettstein (FDP), Markus Hungerbühler, alt Gemeinderat (Mitte) und Präsident IGA, Julia Hofstetter (Grüne) und Pascal Lamprecht (SP).
Wettstein plädierte am Podium für eine Taxerhöhung, damit die städtischen Gesundheitszentren und die privaten gemeinnützigen Altersinstitutionen die gleich langen Spiesse hätten. Das sei verursachergerecht. Hofstetter und Lamprecht waren klar gegen eine Taxerhöhung. Hofstetter meinte: «Die Stadt kann sich die Investitionen in die Gesundheitszentren leisten.» Die alten Menschen hätten ein Leben lang gearbeitet und den heutigen Wohlstand geschaffen. Es sei nicht einzusehen, weshalb diese Menschen im Alter nicht auch am Erfolg der Stadt partizipieren dürften, sondern im Gegenteil mit einer massiven Gebührenerhöhung konfrontiert würden.
Öffentliche Alters- und Pflegeeinrichtungen stellten einen Service public für die vulnerable Bevölkerung der Stadt Zürich dar und dieser müsse zu einem grossen Teil durch die öffentliche Hand mitfinanziert werden. «Man darf bei den Gesundheitszentren nicht nur die Kosten sehen.» Der Staat müsse die Rahmenbedingungen setzen. Lamprecht präzisierte den Begriff Altersarmut. Die Bewohnenden der Gesundheitszentren könnten dank Zusatzleistungen zwar dort wohnen, müssten sich aber auch etwas leisten können und zum Beispiel Leute einladen können.
Die Stadt müsse auch kostendeckend wirtschaften, meinte hingegen Hungerbühler. Das sei gerecht gegenüber den privaten gemeinnützigen Altersinstitutionen. Wettstein argumentierte, dass der Mittelstand nicht profitieren könne. Der Staat solle nicht immer alles subventionieren. Es brauche kein Giesskannenprinzip. «Der Anreiz zum Sparen fürs Alter geht angesichts des städtischen Angebots verloren», betonte Anken. Mehrfach wurde betont, dass die Steuerzahlenden zur Kasse gebeten würden: «Öffentliche Gesundheitszentren können nur dank der Steuerzahlenden günstiger sein als die privaten.» Anken bemängelte, dass aufgrund der Subventionen kein Anreiz mehr für die Gesundheitszentren vorhanden sei, effizienter zu wirtschaften. Weiter wies die bürgerliche Seite darauf hin, dass der Staat alles selber machen wolle. «Er sollte auch Private zum Zug kommen lassen.» Die Wahlfreiheit alter Menschen, wo sie ihren Lebensabend verbringen wollen, müsse gewährleistet sein. Der Staat schaffe ein Zweiklassensystem. Doch wie können die Gesundheitszentren selbsttragend werden? Anken plädierte für Bürokratieabbau und mehr Effizienz, Hungerbühler meinte ebenfalls, eine Vereinfachung der Prozesse führe zum Ziel.
Private konkurrenzieren
Hungerbühler betonte, dass es beide brauche, öffentliche und private gemeinnützige Altersinstitutionen. Ein Verzicht auf die Tarifanpassung würde die privaten Institutionen, die wertvolle Arbeit in den Quartieren leisteten und im Gegensatz zu den städtischen mit voller Kostendeckung arbeiten müssten, noch stärker unter Druck bringen. So müssten die privaten gemeinnützigen Institutionen schliessen. Hungerbühler erhielt für diese Aussage viel Applaus von den anwesenden Vertreterinnen und Vertretern der Mitglieder der IGA. Der Anlass wurde von Marius Huber, NZZ, Spezialist Gesundheitspolitik, moderiert.