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Stadt Zürich
04.12.2023
04.12.2023 12:16 Uhr

Kronen für die Kühlung

Ein Japanischer Kuchenbaum komplettiert die Allee an der Zypressenstrasse im Kreis 4.
Ein Japanischer Kuchenbaum komplettiert die Allee an der Zypressenstrasse im Kreis 4. Bild: Tobias Hoffmann
Es ist unübersehbar, dass in Zürich überall Strassenbäume gepflanzt und neue Parks angelegt werden. Doch die sogenannte Kronenfläche nimmt ab. Ist Hitzeminderung eine Sisyphusarbeit?

Ein regnerischer Novembervormittag im Kreis 4. An der Zypressenstrasse kann Lokalinfo das Pflanzen von zwei Bäumen mitverfolgen. Bauführer Daniel Wäfler von Grün Stadt Zürich (GSZ) und Tanja Huber (Medienstelle GSZ) kommentieren die Vorgänge.

Ja, wenn es doch nur im Frühjahr so regelmässig geregnet hätte wie jetzt! Vor allem den Strassenbäumen macht anhaltende Trockenheit zu schaffen. Wie Wäfler erläutert, haben diese aber auch sonst ein hartes Leben: Hitzeabstrahlung des Strassenbelags, Feinstaub und das Salzen im Winter setzen ihnen zu. Ausserdem ist der Raum für ihre Wurzeln knapp: So wachsen sie langsam und bilden nur schmächtige Kronen aus. Sie werden also nicht besonders gross – und nicht besonders alt.

Das ist fatal, denn heute ist die hitzemindernde Wirkung von Bäumen, die durch Verdunstung und Beschattung zustande kommt, mehr denn je gefragt. Nur ist die gesamtstädtische «Kronenfläche», also die von Bäumen beschattete Fläche, seit Jahren rückläufig. Mittels der «Fachplanung Stadtbäume» will GSZ energisch Gegensteuer geben. Zum Beispiel durch die Verbesserung der Lebensbedingungen für Strassenbäume.

9 Kubikmeter sind zu wenig

Dass das nicht husch, husch gehen kann, zeigt das Beispiel Zypressenstrasse. Hier besteht zwar seit langem eine doppelreihige Allee, wie sie die Stadt mit ihrem Alleenkonzept wo immer möglich anstrebt, doch der Wurzelraum ist mit rund 9 Kubikmetern pro Baum klein – zu klein nach heutigen Massstäben. Doch erst bei einer Neugestaltung der Strasse könnte sich etwas ändern. Laut Wäfler würde eine Wurzelraumverbindung zwischen den Bäumen das Volumen vervierfachen.

Die südwestlich verlaufende Zypressenstrasse ist ein «Hitzestandort», wie Wäfler sagt. GSZ fördert grundsätzlich einheimische Baumarten, doch mancherorts braucht es Arten, die mit den Verhältnissen besser zurechtkommen. Deshalb pflanzt das Baumpflegerteam als Ersatz für zwei entfernte Bäume zuerst eine Parrotie (Parrotia persica) und dann einen Japanischen Kuchenbaum (Cercidiphyllum japonicum) – die Welt zu Gast in ­Zürich.

Die heikle Phase des Anwachsens

Wie Tanja Huber ausführt, ist bereits viel Arbeit vorausgegangen: Irgendwann mussten die bruchgefährdeten Vorgängerbäume gefällt und ihr Wurzelwerk herausgefräst werden. Dann musste Baumsubstrat eingefüllt werden, lockere Erde, die das Verwurzeln junger Bäume erleichtert. Drei Monate braucht das Sub­strat, um sich genügend zu setzen. Im Herbst ist, so Huber, die ideale Zeit für Pflanzungen. In der Vegetationspause habe der junge Baum genügend Zeit, feine Wurzeln zu bilden, mit denen er sich ernähren kann, und anzuwachsen, bis im Frühling das Austreiben alles von ihm fordert.

Konkurrenz bringt Kappungen

Dem guten Anwachsen steht ein weiteres, überraschendes Problem entgegen, wie Wäfler erklärt: «Im Zuge der Konkurrenz und des Preiskampfs wurden die Wurzelballen immer kleiner, weil der Transport teilweise teurer ist als der Baum selber.» Die Verkleinerung der Wurzelballen kann zu Kappungen von Wurzeln führen. Mit Wunden anwachsen zu müssen, ist dann oft ein Stressfaktor zu viel.

Am Ende der zweitägigen Tour werden 38 Bäume gepflanzt sein. Ein Tropfen Kühlung auf das heisse Pflaster Zürichs.

Tobias Hoffmann