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Auto & Mobil
04.01.2024
05.01.2024 18:15 Uhr

Teurer Autobahnkilometer ist bald fertig

Gut erkennbar: das überdeckte Autobahnteilstück in Schwamendingen. Ab Mitte Januar folgt die Strassenasphaltierung. Die komplette Inbetriebnahme erfolgt im Juni. Erst im Mai 2025 fertig werden dann die Bepflanzungen auf dem Deckel.
Gut erkennbar: das überdeckte Autobahnteilstück in Schwamendingen. Ab Mitte Januar folgt die Strassenasphaltierung. Die komplette Inbetriebnahme erfolgt im Juni. Erst im Mai 2025 fertig werden dann die Bepflanzungen auf dem Deckel. Bild: Lorenz Steinmann
940 Meter lang ist die Einhausung Schwamendingen. Sie kostet inklusive Begrünung über eine halbe Milliarde Franken. Der eigentliche Deckel ist in einigen Monaten fertig, die Begrünung mit dem Ueberlandpark ist dann im Mai 2025 beendet. Beginnt dann die grosse Quartierverteuerung?

Pia Meier

Das schweizweit bekannte Autobahnstück in Schwamendingen gehört zur A1. Wer Auto fährt, kennt den berühmt-berüchtigten Teil bestens. Die vergangenen Jahre wurde hier jeden Tag und viele Nächte gebaut. Das hat bald ein Ende, in einigen Tagen erfolgt der Deckbelag auf den sechs Autospuren.

Die neue Einhausung Schwamendingen erstreckt sich auf einer Länge von 940 Metern zwischen dem Autobahnkreuz Zürich-Ost und dem Schöneichtunnel. Sie umhüllt auf diesem Abschnitt die Autobahn mit einem im Tagbau-Verfahren erstellten Tunnel. Die vom Bundesamt für Strassen in Zusammenarbeit mit Kanton und Stadt Zürich realisierte Einhausung Schwamendingen verbessert die heutige Situation nachhaltig und verhilft Schwamendingen zu neuer Wohn- und Lebensqualität. Sie wirkt heute von aussen wie fertiggestellt. Aber die Arbeiten im Innern sind gemäss Bundesamt für Strassen Astra voll in Gang.

«Die derzeitigen Arbeiten konzentrieren sich auf mehrere Bereiche», hält das Bundesamt auf Anfrage fest. «Im Tunnel­inneren wird an der Montage der Betriebs- und Sicherheitsausrüstung (BSA) gearbeitet. Da dazu eine Vollsperrung des Tunnels notwendig ist, finden diese in der Nacht statt.»

Ab Mitte Januar, also schon in einigen Tagen, erfolgen mit der neuen Bauphase, parallel zu den Umgebungsarbeiten neben und auf der Einhausung, die Abschlussarbeiten. «Darin enthalten sind der Einbau der Deckbeläge, die Fertigstellung der Bankette, die Montage und die Überprüfung der BSA.» Die zwei Verkehrsphasen während der voraussichtlich je vier Wochen seien für die Automobilistin /den Automobilisten sehr herausfordernd. «Während dieser Zeit werden zwar weiterhin zwei Fahrspuren stadtein- und auswärts bereitgestellt, wobei der Verkehr im Tunnel sowohl auf einer Spur im Gegenverkehr als auch teilweise übers städtische Strassennetz geführt wird.»

Aktuell würden die Vorzeichen gut stehen, dass der gesetzte Zeitplan eingehalten werden kann und die definitive Inbetriebnahme des Tunnels Ende Mai/ Anfang Juni 2024 erfolgen wird.

Park mit viel Grün

«Zudem laufen die Umgebungsarbeiten auf der Stadtebene, wie zum Beispiel das Anlegen der Fugenwege oder die Erstellung der Aufgänge auf den Ueberlandpark», erläutert das Astra. Der Ueberlandpark soll voraussichtlich im Mai 2025 der Bevölkerung übergeben werden. Grün Stadt Zürich bestätigt: «Die gärtnerischen Arbeiten auf dem Dach der Einhausung haben im Sommer 2023 gestartet. Nach Abschluss der Betonarbeiten wurde das Dach mit Epoxidharz (sog. Hessesiegel), PBD-Bahnen (Polymermodifiziertem Bitumen) und Gussasphalt abgedichtet.» Das sei quasi der Übergang des Hochbaus zum Gartenbau. Darauf würden Leitungen für Strom, Wasser und Abwasser erstellt und danach die Abschlüsse der Ränder und nötige Fundamente. Auf der Pflanzfläche würden in der Folge die Substrate und Böden angelegt sowie die Kieswege erstellt.

«Sowohl die Schüttarbeiten als auch die Pflanzungen von Bäumen und Sträuchern haben begonnen. Seit wenigen Tagen werden Wiesenflächen angesät.» Dann folgen Spielplätze, Brunnen und Ausstattungen wie Bänke und – ganz wichtig – Schattendächer. Von der örtlichen Abfolge werde erst der Teil zwischen Saatlen und Aubrugg, danach dieser zwischen Saatlen und Schöneich ausgeführt. «Zur geplanten Eröffnung im Mai 2025 soll der Ueberlandpark komplett fertiggestellt und nutzbar sein.  Es kann sein, dass punktuell gewisse Ansaatflächen zum Schutz zum Beispiel noch mit einer Kordel abgesperrt sind.»  Die Bepflanzungen der Seitenwände geschehe ebenfalls etappiert. «Erste Pflanzungen erfolgen bereits diesen Winter 2023/24, im Mai 2025 sind alle Bepflanzungen abgeschlossen», betont Grün Stadt Zürich. «Danach braucht es mehrere Jahre Zeit für das weitere Wachstum der Pflanzen.»

Die Quartierbevölkerung freut sich auf die Eröffnung. «Ja, vor allem ist es ein Gewinn, da nun das Saatlenquartier mit Schwamendingen Mitte «vereint» ist», sagt Alfons Nievergelt, Präsident Quartierverein Schwamendingen. Es gibt allerdings auch Bedenken. «Der Park wird ­zusammen mit dem Pavillon eine Bereicherung für Schwamendingen sein. Es gibt natürlich auch Befürchtungen, dass dort eine Szene entsteht.» Wie es mit dem Lärm der Besucherinnen und Besucher des Parks und dem Littering stehe, werde man sehen. Zudem verschwinde mit den Neubauten entlang der Einhausung billiger Wohnraum, denn die Mieten würden sicherlich steigen.

Ansprüche stiegen immer mehr

Die Baugenossenschaften erneuern in den nächsten Jahren viele ihrer Bauten. «Die Neubautätigkeit auch entlang der Wallisellenstrasse (neues Hochhaus usw.) wird sicherlich noch lange diesen Teil von Schwamendingen prägen. Da dieser aber nicht mehr verkehrsrelevant ist, werden die Bautätigkeiten nicht ins Gewicht fallen», bemerkt Nievergelt.

Die Gestaltung des Ueberlandparks war nicht von Anfang an so geplant. Wegen der langen Dauer des Prozesses änderten sich auch die Ansprüche an die Gestaltung des Deckels. 2006 sah das Projekt nur eine Basisbegrünung und eine minimale Oberflächengestaltung der Einhausung vor. Dieses hat sich auch infolge der Klimadebatte markant verändert. So sollen durch zusätzliche Bäume und Sträucher sowie Schattendächer weitere Aufenthaltsflächen entstehen, die die Bevölkerung auch an heissen Tagen nutzen kann.

Mehr Bäume, mehr Schatten, mehr Erholung lautete die Devise. Durch diese Projekterweiterungen war der ursprüngliche Zweck einer einfachen Dachbegrünung mit Verbindungswegen nicht mehr gegeben. Bei der städtischen Abstimmung am 7. März 2021 wurde die Erhöhung des Kredits von 64,8 Millionen Franken um 11,4 Millionen Franken auf insgesamt 83,8 Millionen Franken (inkl. Teuerung) von 84,6 Prozent der Stimmberechtigten angenommen. Auf dem Dach der Einhausung soll mit dem Ueberlandpark ein durchgehender Grün- und Freiraum für die Quartierbevölkerung entstehen. Die Stadt konnte die Bevölkerung in die Planung der Spielbereiche und der zentralen Saatlen-Terrasse mit Pavillon und Züri-WC einbeziehen.

Fazit: Bald hat die Stadt Zürich den schweizweit teuersten Strassen-Lärmschutzbau. Immerhin wird er je länger, je grüner.

Ein Flop? Stadt fand noch keinen Gastro-Pächter

Grün Stadt Zürich als Verpächterin hat in Zusammenarbeit mit dem Sozialdepartement der Stadt Zürich die Betreiberschaft für den Pavillon im Ueberlandpark auf der Einhausung Schwamendingen öffentlich ausgeschrieben. Per 1. April 2025 wurde ein innovativer Pächter oder eine Pächterin für den Betrieb des Pavillons gesucht.  Die Grundanforderungen an die Pächterschaft waren die Erbringung eines nachhaltigen, soziokulturellen Angebots sowie einer zweckmässigen Gastronomie für die Zwischenverpflegung aller Besuchenden des Parks. Die Anmeldefrist ist erfolglos abgelaufen. «Auf die Ausschreibung sind keine konkreten Angebote eingegangen», hält Grün Stadt Zürich auf Anfrage fest. «Die an der Ausschreibung und dem Betrieb des Pavillons beteiligten städtischen Stellen werden nach einer gemeinsamen Analyse des bisherigen Ausschreibungsprozesses und Anforderungsprofils über nötige Anpassungen diskutieren.» In der Folge soll der Suchprozess im Jahr 2024 frisch gestartet werden. (pm.)

Die Wand, die lautlos macht: So wirkt der Deckel aus Sicht der Wohnsiedlungen. Bild: Lorenz Steinmann

Schon 1980, kurz nach dem Bau, gab es Widerstand gegen den Lärm und den Smog

Die Geschichte der Überdeckung der Autobahn hat bereits ­einige Jahre nach deren Erstellung im Jahr 1980 begonnen, als immer mehr Bauten im Bereich der Autobahn erstellt wurden. Gründe waren vor allem der Lärm und die Luftschadstoffe. Zudem trennt die Autobahn die Quartierteile Schwamendingen-Mitte und Saatlen, die seither im Wesentlichen nur noch durch die Unterführungen in der Saatlenstrasse und in der Tramstation Schörlistrasse miteinander verbunden sind.

«Der Zustand ist unzumutbar»: Darüber waren sich alle einig, denn mitten durch Schwamendingen führt eine der verkehrsreichsten Strassen der Schweiz. Täglich belasten über 120 000 Fahrzeuge das Wohnquartier. Die Schwamendinger mussten aber lange warten. Quartierbewohnerinnen und -bewohner sammelten 12 000 Unterschriften und reichten im März 1999 eine Volksinitiative ein. Sie forderten, dass der Autobahnabschnitt mit einer Einhausung in Leichtbauweise aus Stahl und Glas überdeckt wird. Der Kantonsrat genehmigte die Kreditvorlage 2006. Die Stadtzürcher Bevölkerung solidarisierte sich mit der Quartierbevölkerung. Sie stimmte 2006 der Kreditvorlage an der Urne mit 82,9 Prozent deutlich zu.

Die Einhausung Schwamendingen kostet 445 Millionen Franken. Das Basisprojekt wurde mit 314 Millionen Franken veranschlagt. An diesem beteiligten sich das Astra mit 56,0 Prozent, der Kanton Zürich mit 24,6 Prozent und die Stadt Zürich mit 19,4 Prozent. 2011 stimmten Kantons- und Gemeinderat einem Zusatzkredit von 22,7 Millionen Franken beziehungsweise 18,5 Millionen Franken zu, um den Deckel zu begrünen. Pia Meier

Pia Meier/Zürich24