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Zürich 2
26.01.2024

Er ist eine Enzyklopädie auf zwei Beinen

Im März will der Zürcher Weltenbummler Michael Begert Mexiko, Belize und Jamaika bereisen.
Im März will der Zürcher Weltenbummler Michael Begert Mexiko, Belize und Jamaika bereisen. Bild: Jeannette Gerber
Michael Begert ist Weltenbummler, führte ein Reisebüro und schrieb neben Reisebüchern auch Gedichtbände. Der Zürcher war als freier Journalist für verschiedene Zeitungen tätig und lebte lange auf Griechenland. Heute hat er sich einer neuen Tätigkeit verschrieben. Sein nächstes Reiseziel: Mexiko.

Jeannette Gerber

Laut Wörterbuch ist ein Weltenbummler ein Mensch, der die Welt bereist, mit der Reise selbst als Ziel. Das trifft bestimmt auf Michael Begert zu, dem diese Zeitung in Wollishofen einen Besuch abstattete.

Michalis Begert hat seine Passion zur Lebensaufgabe gemacht: das Reisen. ­Einige Voraussetzungen dazu wurden ihm in die Wiege gelegt. Er erzählte: «Meine Mutter war Griechin und mein Vater Schweizer.» Das Paar habe sich in Genf kennen gelernt und lebte später in Bern, wo er geboren wurde.

Als sich die Eltern trennten, war Michalis acht Jahre alt. Seine Mutter zog mit ihm und seiner Schwester Alki nach Trogen, wo sie als Kinderpsychologin im ­Kinderdorf Pestalozzi tätig war. Begert absolvierte seine Matura in Trogen in Altgriechisch und Latein. «Zuhause wurde zwar Griechisch gesprochen, doch ich entschied als Teenager ganz bewusst, ein richtiger Schweizer zu werden. Aus diesem Grund durchlief ich die Unter­offizier-, die Offiziersschule und das Abverdienen, was insgesamt 17 Monate ­dauerte», erzählte Begert.

Schliesslich studierte er Staatswissenschaften und schrieb an einer Doktor­arbeit über «Die Verteidigungspflicht des neutralen Staates im Luftraum». Begert: «Zugleich war ich Sekretär der Schweizerischen Gesellschaft für Aussenpolitik, wo ich die Gelegenheit hatte, mit prominenten Zeitgenossen zusammenzuarbeiten: dem Präsidenten der Gesellschaft Willy Spühler, Altbundesrat, dem Vizepräsidenten Willy Bretscher, ehemaliger NZZ-Chefredaktor, und dem Quästor Hans Meyer, später Präsident der Nationalbank.» ­Eigentlich seien das die nötigen Voraussetzungen für eine grössere Karriere gewesen, doch das Schicksal habe etwas anderes mit ihm im Sinn gehabt.

Auf einer Insel ein Buch schreiben

Eine akute Blinddarmentzündung hat sein Leben total umgekrempelt. Im Spital entschied sich Michalis Begert, ­einen Bart wachsen zu lassen. Nach der Lektüre von A. E. Hotchners tiefgründigem Porträt «Papa Hemingway» entschloss er sich, alles zu verändern und seine politischen Ambitionen fallen zu lassen.

Im gleichen Jahr zog er auf die Insel Kastelorizo, um einen Roman zu schreiben. «Kastelorizo ist eine der am wenigsten bekannten griechischen Inseln. Sie liegt achtzig Meilen von Rhodos und nur eine Meile von der anatolischen Küste entfernt, hat eine Oberfläche von neun Quadratkilometern, ungefähr zweihundert Einwohner und kann zweimal wöchentlich von Rhodos aus per Schiff erreicht werden», erklärt Begert.

Im Sommer 1974 erreichte ihn die Nachricht vom Roten Kreuz, dass er als IKRK-Delegierter nach Zypern gesandt werden sollte. Er hatte sich während des Studiums für einen Posten beworben. Nachdem das IKRK jedoch feststellte, dass er eine griechische Mutter hatte, kam er für diese Aufgabe aus Neutralitätsgründen nicht infrage. Stattdessen wurde er in den Sinai nach Al-Arisch delegiert. Der Sinai war damals von der israelischen Armee besetzt.

Er bewegte sich vorwiegend auf Wüstengebiet und kleidete sich aus praktischen Gründen wie ein Beduine, was von der israelischen Besatzung gar nicht goutiert wurde. Auch legten sie ihm bezüglich Bewilligungen oft Steine in den Weg. Da er sich nicht immer an ihre Regeln hielt, wurde er schliesslich als Persona non grata des Landes verwiesen.

Aussteigerleben passte nicht mehr

In der Zwischenzeit hatte er sich mit ­einer Kanadierin im orthodoxen Katharinenkloster vermählt. «Wir reisten zusammen zurück auf die Insel Kastelorizo, wo ich mich ganz dem Schreiben und dem Fischen widmete. Meine Ehefrau Kristina malte», erzählte Begert weiter. Als sie schwanger wurde, reisten sie nach Athen, wo sie den Sohn Stephan gebar. Die kleine Familie ist dann auf die Insel Hydra gezogen.

Dort arbeitete er als Journalist und schrieb zwei Gedichtbände. Seine 33 Gedichte von Hydra wurden in der «NZZ» publiziert. Das Bohème-Leben vieler Aussteiger und Künstler auf Hydra hat dann aber für Begert nicht mehr gepasst. Er verliess die Insel und liess sich von Imbach Wanderferien als Reiseleiter engagieren. Auf Kreta lernte er seine zweite Ehefrau Lisa kennen, die ebenfalls Reiseleiterin für Imbach war. Neben seiner Tätigkeit als Tourguide schrieb Begert mehrere Reisebücher für den Walter Verlag, der später vom Herder Verlag übernommen wurde. Der Griechenlandband war sein grösster Erfolg. Die publizierten Fotos stammen alle von seiner Frau Lisa, die auch die ­Manuskripte auf der Schreibmaschine tippte.

Nach der Scheidung von Kristina zog er mit Lisa nach Wollishofen, wo sie bis heute leben. Bis 1993 arbeiteten beide für Imbach. «1994 entschieden wir uns, eine eigene Agentur zu gründen, die LM-Experience Tours GmbH», erinnert sich Begert.

Die erste organisierte Reise für kleine Gruppen habe nach Marokko geführt – genauso wie die letzte, als die Firma 2018 aufgelöst wurde. «Wir waren als Selbstständige beschäftigt mit Ausarbeiten, ­Organisieren und Führen von ungewöhnlichen Touren auf fünf Kontinenten. Wobei wir Wert darauf legten, immer wieder zu Fuss unterwegs zu sein», sagt Begert. Auch der Kontakt zur einheimischen Bevölkerung sei ihnen ein Anliegen gewesen. Die Unterkünfte seien meistens in familiär geführten Klein­hotels und Lodges gewesen.

Dicke Ordner voller Reiseziele

Nun holte Begert einen dick gefüllten Ordner aus dem Gestell, öffnete ihn und zeigt darin alle von ihnen durchgeführten Reiseprogramme, jedes Ziel hat seine A4-Seite. Es sind Reisen nach Griechenland, Zypern, Türkei, Kaukasus, Spanien, Portugal, Nordafrika, Nahost, Afrika, Vorderindien, Ostasien, Lateinamerika. Dabei waren auch Destinationen, die heute Kriegsgebiete sind oder aus politischen Gründen nicht mehr bereist werden können, Mali, Jemen, Syrien und nur beschränkt Simbabwe.

Heute reisen beide hauptsächlich für sich selbst und entdecken immer wieder neue reizvolle Destinationen auf der Landkarte. Sein letzter Trip im November 2023 führte ihn nach Saudi-Arabien und Oman. Wie das gewesen sei? Oman sei landschaftlich sehr schön und für den Tourismus offen. Man merke, dass nach einer Alternative für die Erdöl-Einnahmequelle gesucht werde.

«Saudi-Arabien hingegen habe ich als nicht sehr tourismusfreundlich erlebt, und es spricht kaum jemand Englisch. Die einheimischen Frauen müssen sich immer noch verhüllen, nur die Touristinnen nicht. Doch die Altstadt von Jeddah ist unbedingt sehenswert», führte er aus. Nach seiner nächsten grossen Reise mit Ehefrau gefragt, erklärte er: «Im März werden wir Mexiko, Belize und Jamaika bereisen.

Er gibt Tipps auf Tripadvisor

Seit dem Weihnachtstag 2014 hat er sich einer neuen Tätigkeit verschrieben: Begert dokumentiert in Englisch für den Tripadvisor unter dem Pseudonym «saronic» seine Erkenntnisse und Erfahrungen bezüglich Sehenswürdigkeiten, Hotels und Restaurants. Und das ganz gratis, zu seiner eigenen Freude und als Geschenk an die Allgemeinheit.

Nun musste noch die unvermeidliche Frage nach dem CO2-Fussabdruck gestellt werden. Begert: «Ich bin ein sehr umweltbewusster Mensch, doch das Reisen und das damit verbundene Fliegen sind mein Beruf und meine Berufung. Man kann ja schliesslich auch nicht dem Piloten das Fliegen verbieten.»

Jeannette Gerber/Zürich24