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Kommentar
Zürich 2
21.02.2024
26.02.2024 09:58 Uhr

Sie spricht aus, was viele über die Veloroutenplanung denken

Birgitta Willmann wundert sich, wie «effizient» die Stadt alle 470 Einwendungen bearbeitet hat.
Birgitta Willmann wundert sich, wie «effizient» die Stadt alle 470 Einwendungen bearbeitet hat. Bild: Sigi Fischer
Birgitta Willmann wohnt in Wollishofen. Sie äussert in diesem Text ihre private Meinung zur Planung der Stadt von Veloschnellrouten.

Birgitta Willmann

Es lässt sich nicht leugnen: In Sachen Strassengesetz bin ich eine Niete. Deswegen sagte mir bis vor kurzem der Paragraf 13 rein gar nichts. Doch dank freundlichem Hinweis der Zürcher Stadtverwaltung konnte ich mich weiterbilden. Paragraf 13 Strassengesetz ist nämlich ein Stück Schweizer Demokratie: Ein Gestaltungsvorhaben der Behörde wird damit den betroffenen Anwohnern zur Stellungnahme vorgelegt. Es soll ihnen als «Mitwirkung der Bevölkerung» eine Stimme geben.

Wo bleibt die Objektivität?

Etwa dann, wenn ein neues Verkehrsprojekt in Planung ist. Dann ermöglicht dieses Verfahren dem Bürger, kritische Voten zum Geplanten abzugeben. Auf Juristendeutsch sind das «Einwendungen», die schriftlich einzureichen sind. Diese werden dann gesammelt und auf ihre Relevanz geprüft. Komischerweise von den gleichen Beamten, welche diese Pläne für ein Verkehrsprojekt erstellt haben. Wie praktisch: Die planenden Beamten dürfen sich ihre Kritiker gleich selbst vorknöpfen. Ein Schelm, der behauptet, die Staatsdiener würden die Einsendungen der Nörgler nicht mit der Objektivität höchster Staatskunst behandeln und beantworten.

Beamte sind weit weg

Ich bekenne: Ich bin so eine Nörglerin. Das Objekt meiner Nörgelei war diese Veloschnellroute, die in unserem Wollishofen Radlern und E-Bikern die grenzenlose Freiheit bringen, die gottverdammten Autos in Einbahnstrassen kanalisieren und zudem die Parkplätze gänzlich beseitigen soll. Da müssen Staatsinteressen von höchster Bedeutung im Spiel sein, um eine solche Zwängerei im Ernst ins Auge zu fassen. Vielleicht müssen wir nachsichtig sein: Die planenden Beamten in Zürich sind ja weit weg von dem Objekt ihrer Begierde, einer Veloschnellroute als Demarkationslinie in einem beschaulichen Quartier, in welchem viele Bewohner grün fühlen und denken.

Friedliches Nebeneinander

Ich gebe da gerne Nachhilfe mit einem Frontbericht aus Wollishofen: Wir haben hier schöne Quartierstrassen. Selbstverständlich 30er-Zonen-beruhigt und mit blauer Zone. Fussgänger, Velofahrer und Automobilisten leben hier ein friedliches, rücksichtsvolles Miteinander. Kein Mensch kann sich erinnern, dass es in dieser fröhlichen Multikulti-Zone je Verletzte, Streit oder Stress gegeben hätte.

Pech fürs Restaurant

Stress machen jetzt die Zürcher Amtsstellen: Sie halten bunt gestaltete Fahrtrouten für eine schöne neue grüne Welt, sind geradezu berauscht von der Aussicht, dass keine Autos mehr herumstehen am Strassenrand. Die Autos müssen dafür dann von den Anwohnern auf neu erstellten Parkplätzen in ihren Vorgärten abgestellt werden. Aber hilft das, die Natur zu erhalten? Auf der Strasse gilt: Nur kein Parkplatz ist ein guter Parkplatz. Wer im beschaulichen Restaurant Bürgli ein schönes «Café de Paris» zu sich nehmen will, hat halt Pech, wenn das knappe Dutzend Parkplätze neben dem Speiselokal belegt ist. Der kann ja mit dem Tram kommen, mit dem Velo, oder man bleibt gleich zu Hause – Pech auch für die, die dort Arbeitsplätze anbieten und Steuern bezahlen, mit denen nun eine Veloroute finanziert werden soll, die dem Geschäft der Restaurateure den Garaus zu machen droht.

Solche Einwände haben wir gemäss Paragraf 13 Strassengesetz dutzendfach an die planenden Behörden geschickt. Was heisst dutzendfach – es waren 470 an der Zahl, so viele wie noch nie. Hier ist der 471., nämlich meiner. Die Beamten haben sich für die Antwort auf die Einwände der Bürger grosse Mühe gegeben. Haben 470 Briefe gelesen. Und präzise Antworten gefunden. Haben diese auf einen einzigen Satz konsolidiert: «Die Einwendung wird nicht berücksichtigt.» Noch Fragen?

Birgitta Willmann