Das Obergericht des Kantons Zürich hat mit Beschluss vom 25. Januar im Strafverfahren gegen den ehemaligen Verwaltungsrats-Präsidenten der Aduno und ehemaligen CEO der Raiffeisen, gegen einen ehemaligen CEO und Verwaltungsrat der Aduno sowie gegen fünf Mitbeschuldigte die Urteile des Bezirksgerichts Zürich aufgehoben und das Verfahren an die Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich zurückgewiesen.
Die andere Sicht der Staatsanwaltschaft
Die Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich hat dies lediglich der Medienmitteilung des Obergerichts vom 20. Februar entnommen, wie es in einer Mitteilung heisst. Das Obergericht hat ihr den Beschuss vom 25. Januar noch nicht eröffnet. Eine anonymisierte Fassung dieses Beschlusses ist im Internet abrufbar und bildet die Grundlage der Medienmitteilung von heute Mittwoch. Das Obergericht begründet die Rückweisung damit, dass das rechtliche Gehör schwerwiegend verletzt worden sei, und zwar einerseits durch die Ausführlichkeit der Anklageschrift und andrerseits in Bezug auf einen Nebenbeschuldigten zusätzlich mangels Übersetzung der gesamten Anklage auf Französisch. Die Staatsanwaltschaft teilt diese Auffassung des Obergerichts aus folgenden Gründen nicht: Was die angebliche Verletzung des rechtlichen Gehörs durch eine zu ausführliche Anklageschrift betrifft, konnte sich die Öffentlichkeit an der Hauptverhandlung vor der Vorinstanz davon überzeugen, dass die Anklagevorwürfe von allen Parteien verstanden und gezielt
hinterfragt wurden.
Entsprechend habe keine Partei ihren Rückweisungsantrag an das Obergericht mit der Ausführlichkeit der Anklage begründet. Sodann wurde der Übersetzungsanspruch des französischsprachigen Beschuldigten nicht verletzt, was auch die Vorinstanz nach eingehender Prüfung bestätigte. Der französischsprachig Beschuldigte bestätigte denn auch an der Hauptverhandlung vor dem Bezirksgericht Zürich, die Anklageschrift vom 26. Oktober 2020 erhalten, verstanden und mit seiner Verteidigung besprochen zu haben. Aus diesen Gründen sei die äusserst aufwändige Wiederholung des gesamten erstinstanzlichen Verfahrens aus Sicht der Staatsanwaltschaft nicht angebracht, weshalb sie gegen den Rückweisungsentscheid beim Bundesgericht Beschwerde einreichen werde. Der Rückweisungsbeschluss des Obergerichts äussert sich nicht zur Frage von Schuld oder Unschuld. Es gilt weiterhin die Unschuldsvermutung.
Nach Auffassung des Obergerichts wurden die in einem Strafverfahren zentralen Ansprüche auf rechtliches Gehör und auf eine den gesetzlichen Vorgaben entsprechende Anklageschrift verletzt. Diese Mängel können von der oberen Instanz nicht selbst behoben werden, weshalb für das Obergericht eine Rückweisung aufgrund der gesetzlichen Vorgaben und der höchstrichterlichen Rechtsprechung unabdingbar ist.
Das Bezirksgericht Zürich verurteilte fünf der sieben Beschuldigten mit Urteil vom 11. April 2022 sowie Nachtragsurteil vom 22. August 2022 namentlich wegen Delikten in Zusammenhang mit unrechtmässigen privaten Auslagen und Unternehmenstransaktionen. Gegen dieses Urteil gelangten die Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich, die Beschuldigten sowie die Privatklägerinnen und die weiteren Verfahrensbeteiligten an das Obergericht.
Verfahrenseinwände kamen durch beim Obergericht
Im Berufungsverfahren erhoben mehrere Beschuldigte prozessuale Einwände gegen das erstinstanzliche Verfahren und verlangten die Aufhebung des Urteils sowie die Rückweisung des Verfahrens.
So verlangte ein französischsprachiger Beschuldigter sowohl in der Strafuntersuchung als auch im vorinstanzlichen Gerichtsverfahren mehrfach vergeblich die Übersetzung der Anklageschrift, welche dem erstinstanzlichen Urteil zugrunde lag. Es wurden ihm einzig einige Auszüge aus Entwürfen der Anklageschrift übersetzt. Dies genügt aus Sicht des Obergerichts jedoch nicht.
Die Verweigerung der Übersetzung durch die Staatsanwaltschaft und die Vorinstanz stellt laut den Verteidigern eine schwerwiegende Verletzung des rechtlichen Gehörs dar und verletzt das Fairnessgebot. Dieser Mangel kann im Berufungsverfahren nicht behoben werden, ansonsten dem Beschuldigten eine Gerichtsinstanz verloren ginge.
Kein Freispruch
Das Obergericht hob die Urteile des Bezirksgerichts Zürich auf und wies das Strafverfahren an die Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich zurück, wobei die Vermögenswerte sichergestellt bleiben. Die Staatsanwaltschaft wird die Verfahrensmängel zu verbessern versuchen und anschliessend beim Bezirksgericht Zürich eine neue Anklage zu erheben haben.
Wichtig ist, dass die Rückweisung keinem Freispruch entspricht, wie das in manchen Medien verkürzt dargestellt wurde.