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Sport
09.03.2024
12.03.2024 13:00 Uhr

Sein Traumteam spielt in Florida

Nicolas Baechler (20) hat für das Gespräch auf der Kunsteisbahn Küsnacht standesgemäss den Lions-Kapuzenpullover angezogen.
Nicolas Baechler (20) hat für das Gespräch auf der Kunsteisbahn Küsnacht standesgemäss den Lions-Kapuzenpullover angezogen. Bild: Pascal Turin
Vor gut einem Jahr traf Nicolas Baechler zum ersten Mal für die ZSC Lions in der National League. Es war ein Traumtor gegen den Rekordmeister HC Davos. Das 20-jährige Eishockeytalent hat grosse Ziele und würde gern mal für Tampa Bay Lightning in der nordamerikanischen NHL auflaufen.

Lorenz Steinmann, Pascal Turin

Ein Mann kurvt einsam übers Eis. Mit dem Eishockeystock schlägt er etwas lustlos ein paar Pucks. Am Abend zuvor war es hier auf der Kunsteisbahn Küsnacht (KEK) richtig laut gewesen. Die zahlreich angereisten Fans des EHC Olten sorgten für die Saisonrekordkulisse und viel Stimmung in der sonst eher ruhigen Halle. Gespräche auf der Tribüne konnte man vergessen. Am Tag danach hört man dafür jedes Wort bis in die hinterste Ecke, bis plötzlich das Dröhnen der Eisreinigungsmaschine die fast unangenehme Stille durchbricht.

Das Spiel am Tag davor hatten die GCK Lions knapp mit 2:3 verloren. Die Ent­täuschung hat Nicolas Baechler schnell verdaut. «Gleich nach dem Spiel ist es schwierig, aber man muss lernen, mit Nieder­lagen umzugehen», sagt der 20-Jährige, der für das Gespräch entspannt auf der Tribüne Platz genommen hat.  

Baechler ist die eishockeyuntypische Atmosphäre auf der KEK gewöhnt. Bei den Heimspielen sind normalerweise jeweils nur knapp 200 bis 300 Zuschauerinnen und Zuschauer im Stadion. Der 20-Jährige ist Stürmer und spielt zum Zeitpunkt unseres Gesprächs in den Playoffs für die GCK Lions in der zweithöchsten Liga, der Swiss League. Die Junglöwen sind das Farmteam der ZSC Lions, die in der obersten Liga, der National League, spielen. Die Idee dahinter: Spieler sollen auf Profi-Niveau Einsatzzeit erhalten und Erfahrungen sammeln können, statt auf der Tribüne zu sitzen, wenn sie nicht eingesetzt werden. Dazu pflegen die GCK Lions eine erfolgreiche Kombination von Nachwuchs- und erfahrenen Spielern.

Die erfolgreiche(re) Schwester

Vergangenes Jahr erhielt Baechler einen Profi-Vertrag. Aktuell setzt der Stürmer, dessen Karriere beim EHC Illnau-Effretikon begonnen hat, alles auf die Karte Eishockey. Ganz so erfolgreich wie seine Schwester Alessia Baechler ist er allerdings noch nicht. Die Verteidigerin konnte mit den ZSC Lions Frauen schon zweimal den Meistertitel feiern. «Sie ist wirklich mega talentiert», sagt ihr Bruder sichtlich stolz. Nicolas Baechler hingegen muss noch auf einen Meistertitel warten. Vergangene Saison war er die grosse Entdeckung des Trainers Marc Crawford in den Playoffs, schied mit den ZSC Lions aber trotzdem in den Halbfinals aus. Der «Tages-Anzeiger» gab ihm zwar eher kritisch die Note 4-5, lobte ihn aber auch. «Ein guter Stürmer für die dritte oder die vierte Linie. Auf ihn müssen die Zürcher setzen», schrieb das Blatt nach Saisonende.

Doch wer mit Baechler spricht, merkt schnell, dass ihm die dritte oder die vierte Linie nicht genug sind. Wie fast alle jungen Eishockeyspieler träumt auch er von der nordamerikanischen National Hockey League. Die NHL gilt als beste Eishockeyliga der Welt. Könnte er ein Team wählen, wäre es Tampa Bay Lightning aus Tampa in Florida. «Mit ungefähr 11 Jahren war ich mit meiner Familie dort in den Ferien und habe ein Spiel von Tampa Bay im Stadion gesehen. Das hat mich total fasziniert.» 

«Mein Ziel ist es, meine Rolle, die ich hier bei den GCK Lions habe, auch bei den ZSC Lions spielen zu können», sagt Nicolas Baechler. Bild: Pascal Turin

Prominenter Spieleragent

Die Zukunft wird zeigen, ob ihm sein Spieleragent und Lugano-Legende Sandro Bertaggia hier einige Türen öffnen kann. Baechler will sich präsentieren und gibt für seinen Traum, regelmässig bei den ZSC Lions im Kader zu stehen, auch im Training Vollgas. Zwar unterscheide sich das Niveau zwischen der Swiss League und der National League klar, im Training sei die Intensität aber unter Headcoach Marco Bayer ebenfalls hoch, analysiert Baechler. 

«Mein Ziel ist es, meine Rolle, die ich hier bei den GCK Lions habe, auch bei den ZSC Lions spielen zu können», sagt die 186 Zentimeter grosse Offensivkraft. Will heissen: viel Eiszeit. Aber es habe auch Vorteile, in der Swiss League zu spielen. «Der Rummel ist weniger gross, man kann in Ruhe arbeiten und sich weiterentwickeln», ist der er überzeugt. «Züri» – also die ZSC Lions – sei sehr gut aufgestellt mit der topmodernen Swiss Life Arena in Altstetten. «Aber auch hier auf der KEK ­haben wir nach dem Umbau einen super Kraftraum und eine coole Garderobe ­erhalten.»

Er spielt auch gern Tennis

Dass Baechler so erfolgreich Eishockey spielt, kommt nicht von ungefähr. Er kommt aus einer Sportlerfamilie. Schon sein ­Vater war Eishockeyspieler bei Illnau-Effrektion, Onkel Matthias schaffte sogar den Sprung ins Profilager, spielte beim EHC Kloten und lange beim EHC Chur, der auf nächste Saison wieder in die Swiss League aufsteigen wird.

Nicolas Baechlers Mutter Carmela war in jüngeren Jahren in den Top 15 der Schweizer Tenniselite. Auch Nicolas Baechler spielt gern Tennis, allerdings eher mit seiner Freundin, die er am Kunst- und Sport-Gymnasium Rämibühl kennengelernt hat und die ­früher Leistungsschwimmerin war. «Sie hat viel Verständnis für mich und meinen Sport.» Eben sind die beiden in die erste ­gemeinsame Wohnung in Bülach eingezogen.

Bald wird ihm noch weniger Freizeit zur Verfügung stehen. Nach den Som­merferien will der Stürmer ein Wirtschaftsstudium an der Fern-Uni Schweiz beginnen. «Ich möchte wieder etwas für meinen Geist tun. Das habe ich seit dem Gymi vermisst.»

Lorenz Steinmann, Pascal Turin/Zürich24