Dominique Rais
Der Zürcher Hans Vollenweider (1908–1940) wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Sein Leben verlief zunächst unauffällig. Nachdem er die Sekundarschule besucht hatte, macht er anschliessend eine kaufmännische Lehre und arbeitete als Buchhalter. Als er aber im Zuge der Weltwirtschaftskrise 1933 seinen Job verlor und auch sein anschliessender Versuch, sich als Kinopächter selbstständig zu machen, im Konkurs endete, geriet sein Leben zunehmend aus der Bahn.
Von Geldsorgen getrieben, plante er 1934 – vor 85 Jahren – seine erste Straftat: eine Entführung mit Lösegelderpressung. Bevor er jedoch zur Tat schreiten konnte, wurde sein kriminelles Vorhaben vereitelt. Da er das Delikt nicht in die Tat umgesetzt hatte, wurde das entsprechende Verfahren gegen ihn eingestellt. Seinefinanziellen Nöte aber blieben.
Am 14. Mai 1935 verübte er schliesslich einen bewaffneten Raubüberfall auf die Ersparniskasse Bütschwil, floh aber letztlich ohne Beute. Am 8. September 1936 wurde Vollenweider vom Obergericht Zürich wegen Raubversuchs und weiterer Delikte zu 2,5 Jahren Gefängnis verurteilt.
Die kriminelle Karriere eines Kaufmanns
Noch während seiner Haft im Gefängnis Regensdorf ordnet die Justizdirektion Zürich, nach Ende von Vollenweiders Haftstrafe am 3. März 1939, dessen Sicherungsverwahrung an. Demnach der Straftäter in der Strafanstalt Ringwil während dreier Jahre interniert werden soll.
Der Entscheid ist ein herber Schlag für Vollenweider, der sich schon bald in Freiheit wähnte. Und so fasst der Inhaftierte den Entschluss zur Flucht. Als Vollenweider dann am 4. Juni 1939 erstmals ein Hafturlaub gewährt wurde, ergreift dieser seine Chance und türmt. Er klaut mehrere Fahrzeuge und beschafft sich vier Pistolen. Denn eine Rückkehr in die Verwahrungsanstalt kommt für ihn nicht in Frage. Vorerst gelingt es Vollenweider unterzutauchen. Doch die Polizei ist ihm auf den Fersen.
Unter falschen Namen gibt der flüchtige Straftäter auf der Suche nach einem Chauffeur in der Zeitung eine Annonce auf, auf die sich der alleinstehende Hermann Zwyssig (†27) meldet. Am 15. Juni 1939 fahren Vollenweider und der ahnungslose Chauffeur Richtung Luzern. Bei einem Zwischenstopp erschiesst Vollenweider Zwyssig kaltblütig und versenkt seine Leiche dann im Zugersee.
Nach dem Mord nimmt Vollenweider die Identität seines ersten Opfers an und kehrt nach Zürich zurück, wo er am 20. Juni 1939 den Postangestellten Emil Stoll (†57) überfällt und ihn unter Androhung von Waffengewalt auffordert, seine Geldtasche herauszugeben. Als Stoll sich jedoch wehrt, wird er von Vollenweider auf offener Strasse niedergeschossen. Dieser flüchtet nach der Tat aber ohne Beute. Die Behörden machen nun Jagd auf den Mörder. Vollenweider wird zur Fahndung ausgeschrieben, sein Foto in den Zeitungen abgedruckt.
Knapp drei Wochen nach Vollenweiders Flucht aus der Strafanstalt Ringwil führen Hinweise aus der Bevölkerung die Polizei schliesslich nach Sachseln im Kanton Obwalden. Dort wird der noch unerfahrene Dorfpolizist Alois von Moos (†28) mit Vollenweiders Verhaftung beauftragt – mit fatalen Folgen. Denn als der Polizist den flüchtigenDoppelmörder am 23. Juni 1939 im Hotel Engel stellt, kommt es zum Kampf zwischen den beiden Männern. Vollenweider schiesst mit seiner Pistole auf von Moos, dieser wird von der Kugel in den Unterleib getroffen. Letztlich kann Vollenweider überwältigt und noch am Tatort verhaftet werden. Zwei Tage später erliegt der Dorfpolizist seinen schweren Verletzungen infolge des Bauchschusses.
Der letzte Straftäter, der in der Schweiz hingerichtet wurde
Am 5. September 1940 wird der Dreifach- Mörder in Obwalden vor Gericht gestellt, und ihm wird der Prozess gemacht. Mit dem im Zuge des Prozesses in Auftrag gegebenen psychiatrischen Gutachten konnte bei Vollenweider weder eine wesentliche Verminderung seiner Zurechnungsfähigkeit für seine Taten attestiert werden, noch habe er sich reuig gezeigt.
Auch wenn Vollenweiders Verteidiger immer wieder auf Totschlag statt Mord plädiert hatte, entsprach dasGericht letztlich dem Antrag des Staatsanwalts. Und so wurde Vollenweider am 20. September 1940 vom Kantonsgericht Obwalden wegen Mordes zum Tode verurteilt und das Urteil am 12. Oktober 1940 vom Obergericht bestätigt.
Vollenweiders Begnadigungsgesuch wurde zwei Tage vor der Vollstreckung des Todesurteils vom Kantonsrat abgelehnt und der Dreifachmörder am 18. Oktober 1940 in der Werkstatt der Strafanstalt Sarnen mit der Guillotine hingerichtet. Vollenweider war der letzte Mörder, der nach zivilem Recht in der Schweiz zum Tode verurteilt und exekutiert wurde.