Karin Steiner
Lange suchten Silvan Etter und Joel Billeter nach einem Thema für ihre Berufsmaturitätsarbeit. «Dann sahen wir ein Video über einen neuen Bus der Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) und beschlossen, die VBZ-Busse unter die Lupe zu nehmen. Nach und nach steigerten wir uns immer mehr in das Thema hinein», erzählen sie. Die Ausgangsfrage lautete: Mit welcher Antriebsart können die verschiedenen Buslinien der VBZ am ökologischsten und zugleich am wirtschaftlichsten fahren?
Von den sieben verschiedenen Antriebsarten konnten sich die Maturanden schnell auf zwei konzentrieren: den Batterieelektrischen Bus (BEV) und den Trolley+. «Umwelttechnisch würde der Trolley+ am besten abschneiden», so Joel Billeter. «Aber wirtschaftlich gesehen ist ein Elektrobus mit Akku besser.» Der Grund: Der Bau der Oberleitungen für den Betrieb der Trolleybusse ist extrem teuer. Ein Kilometer kostet 2,3 Millionen Franken, wie wir in einem Gespräch, das die beiden Maturanden mit Adrian Vogel, Leiter des Flottenmanagements Bus der VBZ, erfuhren.
«Dieses Gespräch war sehr interessant für uns. Wir bekamen viele Inputs und erfuhren Fakten, die man beim Recherchieren im Internet nicht findet. Unter anderem wurde uns klar, dass man nicht jede Buslinie einfach umstellen kann. Das Ziel unserer Arbeit lautete demnach, möglichst viele Strecken auf den Trolleybusbetrieb umzustellen, aber nur dort, wo es Sinn macht. Und Sinn macht es, wenn bereits Oberleitungen bestehen, die genutzt werden können.»
Altbewährter Trolleybus
Auf den längsten Linien durch die Stadt fahren bereits Trolleybusse. Kilometermässig haben sie einen grossen Anteil am Busnetz. Theoretisch könnte jede Buslinie auf Trolley-Betrieb umgestellt werden, aber abgesehen von den hohen Kosten müssten für den Bau der Hochspannungsleitungen Bewilligungen eingeholt werden, was regelmässig auch Einsprachen zur Folge hat.
Besonders unverträglich für die Umwelt sind Dieselbusse, die immer noch im Einsatz sind, aber gemäss VBZ sollen sie fortlaufend durch Fahrzeuge mit elektrischen und emissionsarmen Antrieben abgelöst werden. Strategieziel ist es, bis 2040 keine CO2-Emissionen mehr zu generieren. Ein Teil der Dieselbusse verfügt über einen teilelektrischen Antriebsstrang und ist in der Lage, Bremsenergie in einer Traktionsbatterie elektrisch zurückzugewinnen. Mit dieser Hybrid-Technologie, die auch bei Autos zunehmend zum Einsatz kommt, können Treibstoff-, Schadstoff- und Lärmeinsparungen erreicht werden.
Der Trolleybus ist in der Stadt Zürich seit 1939 unterwegs. Seit 2020 werden nach und nach alte Busse durch Trolley+-Busse ersetzt. Auch sie verfügen über eine Hybridtechnologie und können auf der Fahrt Energie erzeugen, die sie zum Überbrücken von Strecken ohne Oberleitungen nutzen können. In den letzten Jahren ist auch die Flotte an Elektrobussen gewachsen und wird nach und nach die in die Jahre gekommenen Dieselbusse ablösen.
Unerwarteter Erfolg
In ihre Berufsmaturitätsarbeit haben Silvan Etter und Joel Billeter unzählige Stunden investiert, haben im Internet recherchiert und die Situation der Busse vor Ort geprüft. Ihre ursprüngliche Hypothese, dass die Höhendifferenz eine Rolle spielt, mussten sie über Bord werfen, da der elektrische Antrieb rekuperieren und somit bei Talfahrten viel Energie selbst zurück in den Akku speisen kann. «Daher kann der BEV auch bei längeren Linien problemlos eingesetzt werden. Elektrische Antriebe sind auf allen Linien, unabhängig von der Länge und den Höhendifferenzen effizienter.» Auch stellten sie fest, dass zwar alle Linien mit nur einer Antriebsart betrieben werden könnten, jedoch gebe es für gewisse Linien bessere Lösungen und daher mache es keinen Sinn, überall die gleiche Antriebsart zu verwenden, lauten ihre Schlussfolgerungen. Und die direkte Empfehlung an die VBZ: Aufgrund des bereits gut ausgebauten Oberleitungsnetzes auf gewissen Linien seien die folgenden Linien am einfachsten auf Trolley+ umzustellen: die Linien 61, 62, 89 und 94. Für alle anderen Linien mache es aktuell aus Kostengründen keinen Sinn, auf einen Trolley+ Betrieb umzustellen. Daher sollten die folgenden Linien mit BEVs betrieben werden: die Linien 35, 37, 38, 39, 40, 64, 66, 67, 70, 73, 75, 76, 77, 78 und 79.
«Wir haben ein Exemplar unserer Arbeit an die VBZ geschickt, aber bisher keine Antwort erhalten. Jedoch hat uns unser Lehrer der Berufsmaturitätsschule empfohlen, die Arbeit für den Wettbewerb «Schweizer Jugend forscht» einzureichen. Und wir waren überrascht, dass wir einen Preis gewonnen haben!» Dieser «Sonderpreis Energie» wurde vom Nuklearforum Schweiz gestiftet.
Die beiden Jungforscher haben inzwischen die Berufsmaturität bestanden. Auf sie wartet in naher Zukunft jedoch noch kein Traumjob im Bereich Energie: Erst werden sie Militärdienst und Studium absolvieren.