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Zürich Nord
12.06.2024
12.06.2024 09:38 Uhr

Keine Gnade fürs Restaurant Frieden in Zürich

Trauriger Abschied: Heinz Kolb und Claudia Alter.  Kolb trägt eine Armschlinge, weil er das Schlüsselbein gebrochen hat.  Im Hintergrund die Helme der Kult- und Meistergoalies Lukas Flüeler und Ari Sulander. Die Sportler haben diese dem  Wirtepaar geschenkt.
Trauriger Abschied: Heinz Kolb und Claudia Alter. Kolb trägt eine Armschlinge, weil er das Schlüsselbein gebrochen hat. Im Hintergrund die Helme der Kult- und Meistergoalies Lukas Flüeler und Ari Sulander. Die Sportler haben diese dem Wirtepaar geschenkt. Bild: Lorenz Steinmann/Zürich24
Das Wirtepaar Heinz Kolb und Claudia Alter muss ihr Restaurant, den «Frieden» in Affoltern, auf den 20. Juli schliessen. Gegenüber Zürich24 betonen sie, dass sie gerne weitermachen würden. Die Stadt hingegen stellt klar, dass «das Bleiberecht bis Juli ein Entgegenkommen der Stadt» sei.

Sie wirten schon seit genau 25 Jahren hier im «Frieden»: Heinz Kolb und Claudia Alter übernahmen den «Frieden» in Affoltern 1999. Sie haben schon immer in diesem Restaurant verkehrt, auch schon ihre Eltern und Grosseltern. Beide sind im Quartier aufgewachsen und verwurzelt, wie es auf der Website im-frieden-essen.ch heisst. Das urchige Restaurant ist seit Urzeiten Treffpunkt von FCZ- und ZSC-Spie­lern sowie deren Fans. Davon zeugen etwa Goaliemasken an der Wand der Meistergoalies Lukas Flüeler und Ari Sulander. Heinz Kolb sagt nicht ohne Stolz: «Diese Heiligtümer geben sie nicht jedem.»

Aufräumen ab dem 20. Juli

Doch wenn nicht noch ein Wunder geschieht, ist bald fertig mit dem «Frieden». Denn das Wirte-Team und die vier Angestellten müssen Ende Juli raus, wie es auf Anfrage dieser Zeitung heisst. «Wir wären gerne länger geblieben und hätten gerne noch fünf, sechs Jahre weiter gewirtet», sagen Heinz Kolb und Claudia Alter sichtlich bewegt. Nun sei am 20. Juli aber Schluss, dann müsse man aufräumen und das Gebäude Ende Juli an die Vermieterin, die Stadt Zürich, zurückgeben. Und ja, man sei wegen der Coronakrise mit dem Mietzins in Rückstand gewesen. Laut Heinz Kolb und Claudia Alter lief das Geschäft deswegen lange schlecht. Jetzt gehe es aber bergauf. Am Montag zum Beispiel war bei einem Besuch dieses Onlineportals die Beiz am Mittag gut besetzt.

Diskussionen ohne Erfolg?

Besonders geschätzt werden die Rösti, der Wurstsalat und das Cordon bleu. Kolb und Alter betonen, dass viele andere Beizen wegen der Coronakrise zugemacht hätten. «Wir haben durchgehalten», so das Wirtepaar. Und doch wurde dem Restaurant gekündigt. Auf die Frage nach dem Warum gibt die Stadt folgenden Bescheid: «Das Bleiberecht bis Juli war ein Entge­genkommen der Stadt, rechtlich wäre ein früheres Mietende möglich gewesen. Die Stadt bot immer wieder Hand für Lösungen, leider ohne Erfolg.» Es lägen diverse Mietzinsrückstände vor, so der Sprecher der Abteilung Liegenschaften aus dem Departement von Stadtrat Daniel Leupi (Grüne).

Ungewisse Zukunft

Was passiert nun mit der wohl letzten alteingesessenen Quartierbeiz in Affoltern? «Die Stadt sucht bereits nach einer gastronomischen oder kulturellen Nutzung des Gebäudes und prüft unterschiedliche Möglichkeiten. Ob das neue Konzept nahtlos anschliessen kann, ist ungewiss», heisst es auf diese bange Frage.

Aber wäre es nach einem Abwägen aller Komponenten nicht sinnvoller, das Beizer-Paar noch arbeiten zu lassen, anstatt ohne Mieter womöglich jahrelang keine Mieteinnahmen zu haben? Die Stadt sagt Nein zu diesem Vorschlag und ist überzeugt, dass die Zwischennutzung möglichst bald starten «und zu sicheren, regelmässigen Mietzinseinnahmen führen» wird.

Und was geschieht mit den beiden Mietparteien, die ebenfalls die Kündigung erhalten haben? «Die Wohnungen sind räumlich mit dem Restaurant verknüpft und einzeln nicht zu vermieten. Sie sind daher im Mietumfang des Restaurants und sollen auch in Zukunft von der Mietpartei des heutigen Restaurants selbst genutzt oder wie heute untervermietet werden», so die Antwort der Stadt.
Fazit: Ob und wie es weitergeht mit dem «Frieden», ist noch offen. Laut der Stadt ist es allgemein schwierig geworden, ein Quartierrestaurant zu betreiben. Entsprechend sei die Nachfrage nach solchen Flächen klein. Die Stadt sei daher ­gezwungen, teilweise neue Lösungen für die Gebäude zu finden. Beim «Frieden» kommt als weiteres Problem dazu, dass es der geplanten Tramlinie (frühestens ab ca. 2028) im Weg steht. Dies aber nur, weil die Stadt die Tramgleise zusätzlich zur vierspurigen Strasse verlegen will.

Was bleibt für Heinz Kolb und Claudia Alter? Sie müssen sich wohl oder übel dem Bescheid der Stadt beugen. Wahrscheinlich gibt es nach dem 20. Juli noch einen öffentlichen Ausverkauf des Inventars.

Lorenz Steinmann/Zürich 24