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Gesundheit
24.06.2024

Sie arbeiten an Medizin-Innovationen

Davide Plozza (links) und Paul Joseph entwickeln einen hundegrossen Roboter.
Davide Plozza (links) und Paul Joseph entwickeln einen hundegrossen Roboter. Bild: Majken Grimm
In einem Neubau der ETH Zürich an der Gloriastrasse bringen Forschende durch modernste Technik die Medizin voran. An einem Tag der offenen Tür stellten sie kürzlich ihre Projekte vor. Ausserdem durften die Besucherinnen und Besucher die Labore besichtigen.

Majken Grimm

Ein hundegrosser Roboter trippelte kürzlich am Tag der offenen Tür zwischen den Besucherinnen und Besuchern der ETH Zürich hindurch. Die vielen Menschen im Atrium machten es ihm alles andere als einfach. Doch er stellte sich geschickt an: Der Roboter registrierte alle herumlaufenden Personen und wich ihnen automatisch aus. Fasziniert beobachteten ihn die Menschen, beugten sich zu ihm herunter, machten Fotos.

Der Roboter wurde von zwei Forschenden vorgestellt. Davide Plozza entwickelt ihn zum Blindenhund weiter. Paul Joseph hat zum Ziel, dass Menschen mit Muskelkrankheiten den Roboter allein mit ihrem Blick steuern können, damit er ihnen Gegenstände bringt.

So sieht er aus, der hundegrosse Roboter. Bild: Majken Grimm

Forschung und Praxis verbinden

Der Roboter ist eines von vielen Projekten, an denen im ETH-Forschungsgebäude Gloria Cube an der Gloriastrasse gearbeitet wird. Letztes Jahr zogen zwei Departemente in den Neubau ein, und zwar das Departement Gesundheitswissenschaften und Technologie sowie das Departement Informationstechnologie und Elektrotechnik. Die Forschenden der beiden Departemente entwickeln neue Technologien, um Krankheiten zu erkennen und zu behandeln.

Die Nähe des Gebäudes zum Universitätsspital Zürich begünstigt Kooperationen zwischen Forschung und Praxis. Es ersetzt den ehemaligen Standort der Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie (Gewässerkunde) und Glaziologie (Gletscherkunde). Eine geschwungene Treppe führt entlang der Fassade aus Stahl und Glasbausteinen zum Innenhof des Gebäudes, wo sich der Eingang befindet. An das Atrium schliesst eine Mensa mit dem Namen «Archimedes» an, Treppen führen zu den Laboren in den oberen Stockwerken.

Jessica Gantenbein zeigt ein Exoskelett, welches die Greiffunktion der Hand verbessert. Bild: Majken Grimm

ETH zufrieden mit Besucherzahlen

Am Tag der offenen Tür durften interessierte Besucherinnen und Besucher diese Labore im Rahmen von Führungen besichtigen. «Das Interesse an der Eröffnung war gross», sagt Florian Meyer vom Veranstaltungsteam. «Über 300 Personen aus der ETH Zürich und der umliegenden Nachbarschaft wollten wissen, wie die Labore und Räume des Gloria Cube von innen aussehen und was genau die ETH-Angehörigen hinter der charakteristischen Fassade aus kubischen Glasbausteinen in Zukunft lernen und forschen.»

Die Besucherinnen und Besucher probierten selbst Spiele aus, welche der Rehabilitation von Patienten dienen, zum Beispiel nach einer Rückenmarksverletzung. Eines davon trainiert die Motorik der Hand: Indem ein Knauf zusammengepresst und gedreht wird, sammelt der Patient auf einem Bildschirm Münzen ein. Für Patienten, denen dieses Training nicht mehr weiterhilft, entwickeln Forschende Exoskelette. Diese roboterähnlichen Geräte werden an der Hand festgeschnallt und unterstützen die Greiffunktion. Neben der Rehabilitation ist ein weiteres Ziel der Departemente, Diagnosemethoden zu verbessern. Hierzu entwickelt eine Forschungsgruppe Corona-Selbsttests weiter, um sie für andere Zwecke einzusetzen. Patienten mit chronischen Krankheiten wie Arthritis sollen das Stadium ihrer Krankheit selbst testen können, um ihre Medikation ideal anzupassen. Dabei haben die neuen Tests kein einfaches Ja oder Nein zur Antwort, wie dies bei Corona-Tests der Fall ist. Stattdessen ist das Ergebnis eine Zahl. Beim Beispiel von Arthritis gibt diese die Stärke von Entzündungen in den Gelenken an.

Andere Forschungsprojekte haben zum Ziel, mehr über Krankheiten herauszufinden, um sie besser behandeln zu können. So untersuchen Forschende die Funktion von Nervenzellen, indem sie sie in einen Computerchip integrieren. Dieser registriert elektrische Signale, welche die Zellen aussenden. Die Forschenden erhoffen sich dadurch neue Erkenntnisse über neuronale Netzwerke wie das Gehirn.

Das Gebäude Gloria Cube befindet sich im Kreis 7. Bild: Majken Grimm

Knochenkrankheiten untersuchen

Eine weitere Forschungsgruppe nutzt 3D-Drucker, um lebendige Knochenstrukturen nachzubilden und ihre Reaktion auf Medikamente zu testen. Durch dieses Vorgehen sind keine Tierversuche notwendig. Es erlaubt, seltene Knochenkrankheiten gezielt zu untersuchen, indem Zellproben von Patienten verwendet werden. Auch Osteoporose wollen die ­Forschenden so besser verstehen, eine Krankheit, bei der Knochen porös werden. Bei komplexen Knochenbrüchen sollen 3D-Drucker ebenfalls zum Einsatz kommen: Spaltet sich ein Knochen an mehreren Stellen, entwickelt der Computer basierend auf CT-Scans (Computertomografie) ein Modell. Damit berechnet er, wie Platten und Schrauben aussehen müssen, um alles zusammenzuhalten. Diese werden anschliessend aus Titan gedruckt.

Um die Technologien marktreif zu machen, arbeitet die ETH Zürich mit Start-ups und Krankenhäusern zusammen. Manche Technologien werden wohl zu teuer für eine Massenproduktion sein. Doch andere werden Menschen mit Krankheiten oder Verletzungen in Zukunft das Leben erleichtern.

Majken Grimm/Zürich24