Lorenz Steinmann
Der «Tages-Anzeiger» veröffentlichte kürzlich eine Studie, welche die erhöhte Sterblichkeit von Seniorinnen und Senioren an Hitzetagen um gut 25 Prozent aufzeigt. Die Stadt ist sich der Problematik bewusst, wie sie schon öfters betont hat. Es gibt dazu auch Projekte, etwa mehr Bäume zu pflanzen und bei Neubauten auf die städtische Durchlüftung zu achten. Trotzdem erstaunt ein aktuelles Vorhaben der Stadt, zumindest auf den ersten Blick. Gesucht werden nämlich ältere Menschen, um «gemeinsam die Hitze im Kreis 4 zu vermessen».
Kennt die Stadt die Daten selber nicht?
Aber hallo, weiss das die Stadt denn immer noch nicht? Darauf angesprochen schreibt Anke Poiger, Kommunikationsleiterin beim zuständigen Umwelt- und Gesundheitsschutz Zürich (UGZ): «Doch, die Stadt weiss, welche Gebiete in Zürich sich aufheizen. Sie sind in einer Karte zur Fachplanung Hitzeminderung verortet. Es sind zum Beispiel Gebiete im Kreis 4, die nicht von den Kaltluftströmen, die vom Zürichberg, vom Käferberg und vom Uetliberg herunterkommen, profitieren. In diesen Gebieten heizt sich die Luft an Hitzetagen auf und kühlt auch in der Nacht nicht mehr ab. Das führt dann zu gesundheitlichen Belastungen in der Bevölkerung, da die Schlafqualität leidet, wenn die nächtlichen Temperaturen nicht unter 20 °C fallen. Darum wurde auch der Kreis 4 ausgewählt. Die Daten kennen wir dank unserem Messnetz, das die Temperatur an etwa 50 Standorten in der Stadt Zürich kontinuierlich misst. Rot bedeutet auf der publizierten Karte, dass es hier durchschnittlich etwa 4,5 Grad heisser war als das kantonale Mittel im Sommer 2023.»
Keine Versuchskaninchen?
Aber trotzdem: Werden hier Senioren nicht einfach als «Versuchskaninchen» missbraucht, obwohl gerade sie schon seit Jahren am meisten unter der Hitze leiden? «Nein», sagt Poiger auch hier. Seniorinnen und Senioren seien von der Wärmebelastung besonders betroffen, «sie haben eine schlechtere Wärmeregulation und schwitzen weniger». Dies mache sie anfällig für Hitzestress und beeinträchtige das Herz-Kreislauf-System. «Es geht bei dem Citizen-Science-Projekt darum, neben den gemessenen Temperaturen zu erfahren, wo sich Seniorinnen und Senioren an heissen Tagen aufhalten und wie sie die Aufenthaltsqualität an diesen Orten empfinden.»
Die Kosten? 30'000 Franken
So sollen die Teilnehmenden dort die Temperatur messen, wo sie sich in ihrem Alltag besonders häufig aufhalten, auch an einem heissen Sommertag. Dies sei das Ziel des Citizen-Science-Projekts, das übrigens 30'000 Franken kostet und vom Programm Stadtgrün finanziert wird – die Stimmberechtigten der Stadt Zürich haben dieses Programm am 3. September 2023 mit einer grossen Mehrheit angenommen.