Pascal Turin
Viele Lehrerinnen und Lehrer sehen die Überbelastung als den Hauptgrund, weshalb an der Volksschule Lehrermangel herrscht. Das tatsächliche Bild ist aber komplizierter, kommen doch weitere Gründe hinzu, wie Pensionierungen, die steigenden Schülerzahlen und die Tatsache, dass auch Lehrpersonen Teilzeit arbeiten wollen. Am richtigen Ort den Hebel anzusetzen, um die Anstellungsbedingungen zu verbessern, ist darum keine einfache Aufgabe.
Vor den Sommerferien hat Bildungsdirektorin Silvia Steiner (Die Mitte) den sogenannten neu definierten Berufsauftrag vorgestellt. Zuvor war dieser durch eine breit angelegte Vernehmlassung gegangen. Will heissen: Gemeinden, Verbände des Schulumfelds oder politische Parteien konnten ihre Meinung dazu äussern. Das Resultat dürfte also für alle, die sich mit dem Thema beschäftigt haben, keine grosse Überraschung gewesen sein.
«Die Massnahmen sind ausgewogen, politisch mehrheitsfähig und finanzierbar», sagte Regierungsrätin Steiner an der Medienkonferenz. Ausserdem seien sie in Zeiten, in denen es eine Herausforderung sei, genügend Lehrpersonen zu finden, auch umsetzbar. «Das ist ein ganz wichtiger Punkt», betonte Steiner.
Diese Anpassungen sind geplant
Um Lehrpersonen und Schulleitende zu entlasten und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, möchte der Regierungsrat den Berufsauftrag der Lehrpersonen weiterentwickeln, wie es in einer Mitteilung heisst. Er schlägt etwa vor, die Arbeitszeitpauschale – die Anzahl zugesprochener Stunden für die Führung einer Klasse – schrittweise von heute 100 Stunden auf 120 Stunden pro Jahr zu erhöhen. Die Schulleitung kann zusätzliche Stunden zuteilen.
Ausserdem soll die Verpflichtung zur Zeiterfassung weitgehend aufgehoben werden. Gleichzeitig will der Kanton aber den minimalen Beschäftigungsgrad erhöhen. «Statt 35 Prozent gilt neu 40 Prozent als minimaler Beschäftigungsgrad», schreibt der Regierungsrat. Um dem zunehmenden Bedarf an Lehrpersonen gerecht zu werden, sei eine moderate Erhöhung des minimalen Pensums notwendig. Auch könne so der Aufwand für die Koordination zwischen den Lehrpersonen verringert und die Einsatzplanung vereinfacht werden.
Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger erhalten zudem mehr Zeit. Neu stehen ihnen in der Einstiegsphase während der ersten zwei Jahre 61 Stunden pro Wochenlektion zur Verfügung – heute sind es 59,5 Stunden pro Wochenlektion. Darin enthalten sind die reine Unterrichtszeit, aber auch das Vor- und das Nachbereiten der Stunde. Das heisst, Neulinge erhalten pro Unterrichtslektion zukünftig mehr Arbeitszeit angerechnet.
Gewinner der vorgeschlagenen Anpassung sind aber die Schulleiterinnen und Schulleiter. Sie erhalten rund 30 Prozent mehr zeitliche Ressourcen und mehr Lohn. Schulleitungen werden neu in die Lohnklasse 22 statt 21 eingereiht. Ein Blick auf die Lohntabellen 2024 zeigt, dass sie so je nach Lohnstufe zwischen 126 816 und 185 152 Franken im Jahr verdienen werden. Bisher lag der Lohn zwischen 119 223 und 172 818 Franken. «Die Schulleitung ist letztendlich für die Qualität vor Ort verantwortlich», so Myriam Ziegler, Chefin des Volksschulamts, an der Medienkonferenz.
Lehrerverband ist nicht zufrieden
Die geplanten Anpassungen beim Berufsauftrag haben ein Preisschild: Nach der vollständigen Umsetzung wird mit jährlichen Mehrkosten von 13 Millionen Franken für den Kanton und 54 Millionen Franken für die Gemeinden gerechnet.
Im nächsten Schritt muss sich der Kantonsrat über die Vorlage beugen. Wie dort das Verdikt ausfallen wird, ist offen. Allerdings haben sich SP, Grüne und AL bereits kritisch dazu geäussert. Und auch die FDP äusserte sich alles andere als euphorisch.
Nicht zufrieden ist der Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverband. In einem Communiqué schreibt er von einem «Schlag ins Gesicht aller Lehrpersonen». Die Regierung nehme die berechtigten Anliegen der Lehrpersonen nicht ernst und riskiere damit die Qualität der Volksschule.
Erfreut zeigt sich in einer Mitteilung hingegen der Verband der Schulleiterinnen und Schulleiter des Kantons Zürich. Er begrüsst die jetzt vorgeschlagenen Änderungen zugunsten der Schulleitungen sehr.