Pascal Turin
«Arc de Triomphe», «Das neue Tor zum Friesenberg» oder «Kreuzungsmonster»: Das optisch verunglückte ÖV-Kreuzungssystem am Bahnübergang Friesenberg sorgt seit seiner Inbetriebnahme bei der Bevölkerung für Kritik. Nun haben die Sihltal-Zürich-Uetliberg-Bahn (SZU) und die Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) gemäss einer Mitteilung aber eine technische Alternative für das Kreuzungsbauwerk gefunden. «Dank des Einsatzes von Trolleybussen mit leistungsfähigen Batterien kann die umstrittene Stahlkonstruktion voraussichtlich Ende 2026 abgebaut werden», schreibt die SZU.
Doch von Anfang an: Im Sommer 2022 stellte die SZU die Uetlibergbahnstrecke von Gleich- auf Wechselstrom um. Laut dem Bahnunternehmen machte dies den Bau eines speziellen Kreuzungsbauwerks an der Friesenbergstrasse notwendig. Der Grund: An dieser Stelle überquert die Trolleybuslinie 32 die Gleise der Uetlibergbahn.
«Die von SZU, VBZ und weiteren Experten ausgetüftelte Konstruktion erlaubt den VBZ-Trolleybussen mit ihren 600-Volt-Gleichstrom-Fahrleitungen ein ungehindertes Passieren der 15 000-Volt-Fahrleitungen der Bahn, kommt aber leider als 33 Meter langes, 32 Tonnen schweres Stahl-Beton-Ungetüm daher», schrieb diese Zeitung damals.
Schnell wurde klar, dass das Kreuzungsbauwerk einerseits optisch nicht ins Stadtbild passt und andererseits sogar funktionale Mängel aufweist. «Trotz intensiver Bemühungen erwies sich die Behebung der Schwierigkeiten als äusserst komplex und wenig erfolgversprechend», so die SZU.
Lösung ohne Stahlgerüst gefunden
Geplant ist, dass die Busse zukünftig etwa 300 Meter vor der Haltestelle Friesenberg von der Fahrleitung abgehängt werden und im Batteriebetrieb die Kreuzung überqueren. Gleichzeitig wird die SZU-Fahrleitung künftig ausgeschaltet, solange die Bahnschranke geöffnet ist», heisst es in der Mitteilung weiter. Dies stelle sicher, dass bei einer versehentlichen Berührung der Stromabnehmer-Ruten mit der SZU-Fahrleitung der Bus nicht unter Strom gerate.
Dass SZU und VBZ eine Lösung ohne das Stahlgerüst gefunden haben, kommt beim Quartierverein gut an. Laut Präsident Urs Rauber sei der Quartierverein Wiedikon froh und erleichtert, dass der «Triumphbogen am Friesenberg» – wie der Verein ihn seit seiner Aufstellung im Sommer 2022 genannt habe – wie von vielen Anwohnern gefordert endlich abgebaut werde. «Grund: Das Bauwerk ist hässlich und hat seinen funktionalen Zweck nie erfüllt», so Rauber.
Allerdings stellt sich schon die Frage, was bei der Planung des Kreuzungssystems (von der SZU als «schweizweit einmalig» bezeichnet) schiefgelaufen ist. War nicht bekannt, dass die VBZ ihre alten Doppelgelenk-Trolleybusse ersetzen will – oder hat man sich zu wenig abgesprochen? «Der ursprüngliche Auftrag bestand darin, eine dauerhafte Lösung zu entwickeln, unter der damaligen Rahmenbedingung, dass ein ununterbrochener Fahrleitungsbetrieb sowohl für die SZU als auch für die VBZ unverzichtbar war», sagt SZU-Mediensprecher Marco Graf auf Anfrage. Das Kreuzungsbauwerk sei zu einem Zeitpunkt in Betrieb genommen worden, zu dem nicht genügend viele VBZ-Trolleybusse mit leistungsstarken Batterien zur Verfügung gestanden hätten. «Erst mit der Beschaffung neuer Trolleybusse und der Umrüstung der älteren Fahrzeuge im nächsten Jahr können die VBZ auf einen durchgängigen Fahrleitungsbetrieb verzichten», so Graf.
Bahnhaltestelle sorgt für Kritik
Der weitere Ablauf sieht nun vor, dass die SZU das Plangenehmigungsgesuch für den Rückbau Anfang 2025 einreichen wird. Die öffentliche Auflage soll im Frühjahr 2025 stattfinden. Mit der Plangenehmigung rechnet das Bahnunternehmen Mitte 2026, sodass das Kreuzungsbauwerk bis Ende 2026 entfernt werden kann.
Kurz darauf folgt dann die nächste Baustelle: Der Beginn des Doppelspurausbaus und die Verlegung der Bahnhaltestelle Friesenberg sind für Anfang 2027 vorgesehen. Grund dieses Projekts: Die bestehende Haltestelle entspricht nicht mehr den Anforderungen für eine barrierefreie S-Bahn-Station. Die heutige Situation – der Margaretenweg als Perron – wäre gar nicht zulässig.
Die SZU plant, die bestehende Doppelspur bergwärts über die Friesenbergstrasse hinaus zu verlängern und die Station mit zwei Perrons unterhalb der Friesenbergstrasse neu zu bauen. Mediensprecher Graf: «Für die geplante Verdichtung des Taktfahrplans, der die Pünktlichkeit und damit die Stabilität des Fahrplans verbessert, ist ein Kreuzungspunkt unterhalb der Friesenbergstrasse unerlässlich.»
Gegen diese Pläne hat sich Widerstand gebildet – an vorderster Front steht das Komitee Gehrenholz, welches sich mit einer Petition gegen das Vorhaben wehrte (wir berichteten). Auch der Quartierverein Wiedikon teilt die Bedenken des Komitees. Aus Sicht des Quartiervereins sei die Verschiebung der Haltestelle unnötig, weil die Fahrplanverdichtung dies nicht erfordere. Ausserdem sei sie schädlich wegen der Eingriffe in den Baumbestand und «eine massive Beeinträchtigung» für die Bewohnerinnen und Bewohner des Seniorama Im Tiergarten (Wegnahme eines Teils der Terrasse). «Zudem kann der behindertengerechte Umbau des Perrons auch am jetzigen Standort unterhalb des Jüdischen Friedhofs – gemäss dem Vorbild der SZU-Haltestelle Schweighof – vorgenommen werden», ist Quartiervereinspräsident Rauber überzeugt.
Ob und wann wieder öffentliche Informationsveranstaltungen zum Bauprojekt stattfinden werden, ist offen. «Der Widerstand gegen die geplante neue Haltestelle unterhalb der Friesenbergstrasse kommt hauptsächlich von den direkt betroffenen Anwohnenden, mit denen wir in regelmässigem Kontakt stehen», sagt Marco Graf von der SZU. In der Regel informiere das Bahnunternehmen dann, wenn es relevante Neuigkeiten gebe.