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Zürich Nord
28.11.2024

Hier lagern die kultigsten Leuchtreklamen

Im Bauteillager in Stettbach werden Bestände aus Stadt und Kanton Zürich, die schützenswert sind, gelagert. Dies in der Hoffnung, dass sie wiederverwertet werden oder irgendwann einen Platz in einem Museum finden.
Im Bauteillager in Stettbach werden Bestände aus Stadt und Kanton Zürich, die schützenswert sind, gelagert. Dies in der Hoffnung, dass sie wiederverwertet werden oder irgendwann einen Platz in einem Museum finden. Bild: Damjan Bardak/Zürich 24
Nicht weit vom Bahnhof Stettbach entfernt lagert der Kanton historische Bauteile aus denkmalgeschützten Objekten. Vor Abriss oder Entsorgung gerettet, dienen diese Artikel nun als Zeitzeugen oder finden Wiederverwendung. Darunter auch Leuchtreklamen der Kantonspolizei, des Kongresshauses und der Kultbeiz Caravelle.

Damjan Bardak

Häuser oder generell Gebäude durchlebten in den vergangenen Jahrhunderten einen gewaltigen Wandel. Nicht nur punkto Stil, Zweck und Architektur, sondern auch bei den verwendeten Materialien – aussen wie innen – sowie den Gerätschaften, Einrichtungsgegenständen und der Gebäudetechnik. Diese ästhetischen und technischen Veränderungen sorgen dafür, dass nicht mehr zeitgemässe Gebäude oder Teile davon oftmals abgerissen werden müssen, um Neues entstehen lassen zu können. Doch nur weil diese Kubaturen nicht mehr den aktuellen Anforderungen gerecht werden, müssen sie nicht gleich zwingend komplett auf der Schutthalde landen. 

Seit dem Jahr 1958 gilt der gesetzliche Auftrag, denkmalgeschützte Häuser zu erhalten. So sollen wichtige Zeugen einer politischen, wirtschaftlichen, sozialen oder baukünstlerischen Epoche der Nachwelt erhaltenbleiben. Auf kantonaler Ebene entscheidet die Denkmalpflege, welche Gebäude als Schutzobjekte aufgeführt werden sollen. Die Denkmalpflege schützt und dokumentiert das architektonische Kulturerbe des Kantons und fördert auf diese Weise das Verständnis für historische Baukultur.

In Stettbach eingelagert

Wenn nun alte Häuser oder Gebäude einer Sanierung unterzogen werden, entfernt man oftmals Originalteile wie etwa Küchen, Öfen und Bodenplatten und ersetzt diese durch neue Fabrikate. Demontierte Artikel, die historisch wertvoll sind, werden im Bauteillager der kantonalen Denkmalpflege, welches sich unweit des Bahnhofs Stettbach befindet, eingelagert, Neben dem Bauteillager der Denkmalpflege ist dort auch die Kantonsarchäologie einquartiert.

Denkmalpflegerin Sandrine Keck betreut und verwaltet einen grossen Fundus im Bauteillager. Bild: Damjan Bardak/Zürich 24

Für das Bauteillager zuständig ist die Projektleiterin Sandrine Keck, die zusammen mit zwei weiteren Angestellten den Auftrag des Denkmalschutzes umsetzt. Zusammen organisieren sie die Archivierung und gegebenenfalls die weitere Verwendung der verschiedenen Gegenstände. Die Objekte befinden sich in grossen, elektronisch gesteuerten Regalen, welche die verschiedensten Dinge beinhalten. Von Türen, Bodenplatten und Kachelöfen aus allen Epochen bis hin zu Statuen, alten Bahnhofschildern und Reklamen kann man  wirklich fast alles im Bauteillager finden.

Gegenstände erzählen Geschichten

«Wir haben auch ganz besondere Stücke hier, wie beispielsweise die Leuchtreklame des ehemaligen Zürcher Cafés Caravelle»,  sagt Sandrine Keck. Dieses Café wurde in den Sechzigerjahren ausschliesslich von einer Frau geführt. In Kombination mit der amerikanischen Leuchtreklame sei dies ein regelrechtes Novum für die Schweiz gewesen, betont die Projektleiterin. 

Ein weiteres Lieblingsstück von Sandrine Keck ist das «A» des ehemaligen Kinos Apollo an der Stauffacherstrasse, das 1928 eröffnet wurde und mit 2000 Plätzen das grösste Lichtspieltheater in Zürich war, bis es 1988 seine Türen schliessen musste und durch Büroflächen ersetzt wurde. Daneben konnte auch noch das «C» für Cinema gerettet werden. «Dieses Stück ist aufgrund des damaligen Fortschritts der Leuchtreklame historisch so wichtig, dass es in Zukunft vielleicht im Technikmuseum ausgestellt wird», fügt sie hinzu. 

Doch auch Objekte, die in jedem Haushalt zu finden sind, haben ihre Relevanz. So stehen zum Beispiel zwei Herdplatten mit eingebauten Öfen nebeneinander, die aus Haushalten von verschiedenen Gesellschaftsschichten stammen. Eines stammt dabei aus einer Villa in Küsnacht und ist durch seine grosse Fläche, zwei integrierte Öfen und mehrere Herdplatten ein echtes Luxusprodukt aus vergangenen Zeiten. Das andere stammt aus Wallisellen und ist ein einfaches Küchenelement, das in den Siebzigerjahren in den meisten Haushalten zu finden war.

«Wir sind kein Brockenhaus»

Die gelagerten Gegenstände nehmen, wie das Beispiel der verschiedenen Herde zeigt, die Funktion von Zeitzeugen ein. Durch ihre Erhaltung werden Einblicke in die Baukultur möglich. Diesbezüglich ­veranstaltet das Bauteillager im Zürcher Kreis  1 an der Sihlamtsstrasse 4 Führungen in ihrem kleinen Museum. Dort nennen sie sich das «Alterthümer-Magazin» und stellen hauptsächlich unverkäufliche Objekte aus, kulturhistorische Kostbarkeiten und Kuriositäten aus über 700 Jahren Zürcher Baugeschichte. 

Jedoch gibt es auch Artikel, welche die Denkmalpflege verkauft. Dabei wünscht sich Keck, dass ihre Waren wiederverwendet werden. In einer Zeit, in der Recycling und Re-Using immer wichtiger werde, hoffe sie darauf, dass die Stücke neue Plätze und Verwendung finden, betont Keck. Erwerben können die Gegenstände allerdings nur Eigentümerinnen und Eigentümer von Gebäuden, die sich im Inventar der Denkmalschutzobjekte befinden. Hotels wie etwa das Grand Hotel Dolder oder auch der Zürcher Hauptbahnhof können ebenfalls Artikel beziehen.  «Privatpersonen kommen zu uns, wenn ihnen unpassende Elemente an, auf und vor allem in ihren vier Wänden auffallen, die aus verschiedenen Zeiten stammen. Zum Beispiel ein Spannteppich, der nicht zur Ästhetik des Rests passt, da er nach einer Sanierung über den originalen Holzboden gelegt wurde», sagt Keck.

Bei ihnen könne man dann stilistisch passende Elemente, seien es Dachziegel, Bodenbeläge, Türen, Möbel, Fenster oder Armaturen aus der entsprechenden  Zeit, erwerben. Dabei muss man die Lager- und Abbaukosten übernehmen. Die Ware selbst hat allerdings keinen Preis. «Wir sind jedoch kein Brockenhaus», betont Sandrine Keck lachend. Sie hoffe einfach auf eine geeignete Wiederverwendung. «Es ist immer schön, wenn man die Gegenstände aus unserem Lager an neuen Stellen sieht». 

Damjan Bardak/Zürich24