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04.12.2024
04.12.2024 19:52 Uhr

Der älteste Schachklub der Welt feiert morgen in Zürich

Schach wird in Zürich seit 215 Jahren auf Clubebene gespielt.
Schach wird in Zürich seit 215 Jahren auf Clubebene gespielt. Bild: pixabay.com
Im Kreis 7 steigt am Freitag eine Jubiläumsfeier. Die Mitglieder der Schachgesellschaft Zürich (SGZH) zelebrieren mit einem Schachturnier das 215-jährige Bestehen. Klubpräsident George Brigati freut sich und erzählt von seinen Zukunftsprognosen und der Geschichte des königlichen Spiels.

Damjan Bartak

In den 1920er- und 30er-Jahren spielten die Schachliebhaber der Stadt Zürich noch an der Bahnhofstrasse, in einer Räumlichkeit des ehemaligen Hotels Bahnhof. Der Schachklub war ein Treffpunkt für die Elite, die dort das königliche Spiel und Zigarren aus Kuba genoss. Heute ist das ein wenig anders. Um den ältesten noch bestehenden Schachklub der Welt zu besuchen, muss man einige Treppenstufen einer Wohnsiedlung in ein Kellergeschoss herabsteigen, wo man auf einen überschaubaren Hobbyraum trifft.

Darin sind mehrere Tische mit Schachsets, eine grosse Vitrine gefüllt mit Pokalen, Medaillen und der wichtigsten Schachliteratur und ein Bildschirm, der zur Visualisierung von Stellungen bei Kursen dient, aufgestellt. Das Lokal wird von einer Stiftung finanziert und es sei zurzeit finanziell nicht möglich, in eine grössere Räumlichkeit umzuziehen. «Schach hat leider nicht mehr den kulturellen Stellenwert, den das Spiel während seiner goldigen Zeiten im 20. Jahrhundert genoss», erklärt George Brigati. Aber es habe Potenzial und sei bei Jungen wieder voll in.

Alter Klub, moderne Welt

Brigati, der im Juni frischgewählte Präsident des Traditionsklubs, denkt, dass Schach wieder im Trend sei. «Online- Spiele-Plattformen wie Lichess und chess.com haben das Spiel wieder zum Leben erweckt.» Vor allem während der Corona-Pandemie hätten viele Leute die Applikationen heruntergeladen und so den Weg in die Schachwelt gefunden. Durch die Applikationen könne man Schach heutzutage auch viel einfacher erlernen. «Die jüngeren Generationen spricht das sicher an, dass sie in ihrer Zeit einen moderneren Zugang zum Spiel erhalten», sagt Brigati. Ein wesentliches Problem hat der Präsident allerdings mit dem Aufstieg der Applikationen. Dadurch dass die Möglichkeit bestehe, Schach wie ein Videospiel von zu Hause vor dem PC oder dem Smartphone zu spielen, verliere das Lokal an Bedeutung.

Die SGZH sei dabei einer der wenigen Klubs, der noch ein eigenes Lokal besässe. Dazu meint Brigati: «Die meisten Klubs führen wöchentlich Spieleabende in Hotels oder Restaurants durch und besitzen keinen eigenen Standort.» Dadurch seien sie aber an bestimmte Tage gebunden und könnten kein flexibles Angebot liefern. «Bei uns aber können die Mitglieder täglich vorbeikommen. Unser Angebot ist vielfältig», erklärt Brigati. Von Schachkursen für ganz junge Spieler, Jugendliche oder Erwachsene über Turniere bis zum regulären Spieleabend am Freitag läuft von Montag bis Samstagmorgen an der Olivengasse 8 ­täglich etwas.

Historisch-reiche Vergangenheit

Die Schachgesellschaft Zürich wurde 1809 von einer Gruppe einflussreicher Männer der Stadt Zürich gegründet und ist zu ­einem Klub mit über 100 Mitgliedern angewachsen. Mit dem einzigen Schweizer Juniorenmeister Werner Hug, den man heute immer noch beim ein oder anderen Spieleabend antrifft, verfügt die SGZH über ein prominentes Mitglied. Auch absolute Legenden wie die ehemaligen Weltmeister Robert «Bobby» Fischer und Garri Kasparov fanden keinen Weg an der Schachgesellschaft Zürich vorbei. 

Der berühmte Viktor Kortschnoi

Viktor Kortschnoi, der Vizeweltmeister von 1978 und 1981, war nach seiner Emigration aus der Sowjetunion lange Mitglied der Schachgesellschaft Zürich. «Das macht mich und die Mitglieder stolz, dass wir als Klub eine solch historisch-reiche Vergangenheit besitzen», sagt Brigati. Die Tradition gebe dem Präsidenten Motivation, sich zu engagieren und den Klub weiter zu pflegen. «Was hier in Zürich schon für Spiele und Turniere ausgetragen wurden, ist einfach unglaublich.»

Nun sind es mittlerweile schon 215 Jahre, seitdem die Schachgesellschaft Zürich existiert. Anlässlich dieses Geburtsjahres organisiert der Vorstand der SGZH am Nikolaustag, also am 6. Dezember, ein Blitzturnier, ein Schachturnier, bei dem Partien zwischen drei und fünf Minuten gespielt werden. Die Jubiläumsfeier ist auf Voranmeldung öffentlich zugänglich und beginnt um 20 Uhr. «Wir freuen uns auf den Anlass und hoffen, auch neue Gesichter willkommen heissen zu dürfen», sagt George Brigati.

Freitag, 6. Dezember: Blitzturnier ab 20 Uhr. Die Jubiläumsfeier ist öffentlich zugänglich und beginnt um 20 Uhr. Olivengasse 8, 8032 Zürich. www.sgzurich.ch

Damjan Bartak/Zürich24