Fast alle Bundesparlamentarier und drei Viertel der Kantonsparlamentarier berichten von Anfeindungen im Zusammenhang mit ihrem Amt. Eine Untersuchung der Universität Zürich im Auftrag des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements zeigt, dass der Ton im polititschen Diskurs härter und die Auswirkungen gravierender geworden sind.
Alarmierende Tendenzen
Beleidigungen, Diffamierungen, Drohungen bis hin zu körperlichen Angriffen gehören für viele Politiker inzwischen zur Realität. Besonders betroffen sind Personen, die sich zu heiklen Themen wie Migration, Gleichstellung oder Klimapolitik äussern.
Besonders im Visier
Das Risiko für Anfeindungen unterscheidet sich deutlich je nach Partei, Geschlecht und Ebene. Auf Bundesebene sind fast alle Mitglieder betroffen, auf kantonaler Ebene rund drei Viertel und auf Gemeindeebene etwa die Hälfte. Überdurchschnittlich häufig angegriffen werden Frauen, Angehörige sozialer Minderheiten sowie politisch links positionierte Personen.
Auch die Parteizugehörigkeit spielt eine Rolle. Mitglieder der SVP und der Grünen sind laut Studie besonders gefährdet. «Wer sichtbar ist und polarisierende Themen anspricht, wird häufiger angefeindet», erklärt Studienleiterin Lea Stahel vom Institut für Soziologie der UZH.
Bis ins Gemeindehaus
Die Formen der Anfeindungen variieren je nach Ebene. Auf Bundesebene dominieren Online-Angriffe von unbekannten Dritten. Auf kantonaler und kommunaler Ebene sind persönliche Konfrontationen verbreiteter.
Erstaunlich ist, dass in Gemeindeparlamenten Anfeindungen häufig von Mitgliedern anderer Parteien ausgelöst werden. Frauen und Minderheiten erleben besonders oft Hassrede, während rechts positionierte Politiker vermehrt Drohungen und Vandalismus melden.
Druck führt zu Rückzug
Die Folgen der ständigen Anfeindungen sind gravierend. Viele Betroffene berichten von Stress, Angst und Erschöpfung. Besonders Frauen und Angehörige von Minderheiten ziehen sich aus der Öffentlichkeit zurück, um weiteren Angriffen zu entgehen.
Ruf nach Respekt
Eine Mehrheit der Befragten fordert entschlossene Gegenmassnahmen. Besonders beliebt sind strengere Social-Media-Regeln, konsequente Strafverfolgung und systematisches Monitoring von Anfeindungen.
Zudem wünschen sich viele Politiker bessere Beratungsangebote sowie verbindliche Debattenregeln, um den politischen Umgangston zu verbessern.