Marc Eiermann war massgeblich am Aufbau des neuen Gefängnisses Zürich West beteiligt und leitete es seit der Eröffnung vor knapp zwei Jahren, wie das Amt für Justizvollzug und Wiedereingliederung auf Anfrage mitteilt. Gestern berichtete «Züri Today», dass Eiermann nicht mehr Chef des Mega-Gefängnisses in Aussersihl sei.
Mediensprecher Oliver Baumann von der Direktion der Justiz und des Innern sagt gegenüber Zürich24, man habe diesen Entscheid Anfang Dezember getroffen. «Marc Eiermanns Stellvertreter Thomas Sutter hat die Leitung des Gefängnisses Zürich-West bis auf weiteres übernommen.» Über die definitive Besetzung der Stelle entscheide das Amt für Justizvollzug und Wiedereingliederung zu gegebener Zeit.
Umständliche Antworten des Kantons
«Wurde Herr Eiermann freigestellt und erfolgt die Entlassung oder übernimmt er eine andere Ausgabe beim Kanton?» Dazu äussert sich der Kanton umständlich und indirekt. «Das Amt für Justizvollzug und Wiedereingliederung (JuWe) und die Direktion der Untersuchungsgefängnisse Zürich sind zum Schluss gekommen, dass es frische Kräfte braucht. JuWe steht mit Marc Eiermann im Austausch über eine zukünftige Weiterbeschäftigung in anderer Position», so Baumann. Marc Eiermann habe das Gefängnis Zürich West in der «äusserst anspruchsvollen und herausfordernden Startphase mit ausserordentlichem Engagement geleitet». Im kommenden Jahr gelte es nun, das Gefängnis Zürich West voll und ganz in Betrieb zu nehmen.
«Ungünstiger Entlassungs-Zeitpunkt»
Der Zeitpunkt der Entlassung sei ungünstig, kritisiert Jean-Philippe Pinto (Mitte), Präsident der Geschäftsprüfungskommission im Kantonsrat. Er kritisiert auf «Tele Züri» auch, dass das Untersuchungsgefängnis mit eineinhalb Jahren Verspätung in Betrieb genommen wurde. Zudem nervt den Gemeindepräsident von Volketswil, dass er aus den Medien vom Kantonalen Personalentscheid erfahren musste.
Erst seit Oktober 2023 im Vollbetrieb
Die Entlassung von Marc Eiermann als Direktor ist nur ein Beispiel des «Chaos» rund um das Gefängnis Zürich-West. Die Einrichtung innerhalb der Direktion von Justizministerin Jacqueline Fehr (SP) machte schon Schlagzeilen, weil wegen Planungsfehlern Anfang 2023 82 zusätzliche Stellen für die Betreuung der Inhaftierten geschaffen werden mussten. Das führt zu jährlichen Mehrkosten von rund 10 Millionen Franken. Im November 2023 berichtete dann Zürich24 zuerst darüber, dass mit 18-monatiger Verspätung die Eröffnung des ganzen Untersuchungsgefängnisses erfolgte.
Scheiterte er an den unterschiedlichen Philosophien?
Warum Marc Eiermann entlassen wurde, darüber kann nur spekuliert werden. Weil er erst seit etwa drei Jahren bei Kanton arbeitete, kann ihm kaum die krasse Fehlkalkulation bei der Anzahl Stellen angekreidet werden. Im Juli 2021 erklärte er gegenüber Zürich24 aber, wie anspruchsvoll der Wandel zu einem zeitgemässeren U-Haft-Gefängnis sei. Unter den Amtsvorgängern von Jacqueline Fehr (SP), etwa Moritz Leuenberger und Markus Notter (beide SP), änderte sich nichts Nennenswertes am harten Gefängnisregime. Erst Jacqueline Fehr reformierte die U-Haft im Kanton Zürich, wie sie 2021 erklärte. Im Gefängnis Pfäffikon waren die Zellentüren schon damals neu bis zu neuneinhalb Stunden geöffnet. Seither können Häftlinge in Zürcher U-Haft zudem tagsüber arbeiten und zeitweise auch Sport treiben.
Erfahrung von Notfallstationen
Marc Eiermann skizzierte vor 30 Monaten, wie er sich den Gefängnisalltag vorstellte. «Alte, enge und dunkle Gefängnisse färben auf die Stimmung ab», sagte der gelernte Pflegefachmann. Seine Erfahrungen aus der Notfallstation am Universitätsspital wollte er in den Gefängis-Ablauf einbringen. Wie bei einem Notfall im Spital sei der Schock enorm gross. Bei der U-Haft werde der Bezug zur Aussenwelt abgeschnitten. Das Handy werde einem weggenommen, Angehörige dürfe man nicht benachrichtigen. Die Dramatik seit riesig, die Ängste immens. Dabei war es das erklärte Ziel von Eiermann, quasi schon bei der Verhaftung mit der Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu beginnen. Man wolle die Menschen auf ein deliktfreies Leben vorbereiten.
Getrennte Direktionen
Beim Medientermin im Juli 2021 liessen die Verantwortlichen der Direktion der Justiz und des Innern inklusive Regierungsrätin Jacqueline Fehr durchblicken, dass es erschwerend sei, dass das Polizei- und Justizzentrum, wie es der Name schon sagt, von zwei Kantonalen Direktionen betrieben werde. Es sei die Justizdirektion mit dem Justizvollzug und der Wiedereingliederung sowie der Staatsanwaltschaft. Dazu komme die Sicherheitsdirektion mit der Kantonspolizei und dem Migrationsamt.
Jacqueline Fehr, Roland Zurkirchen und Marc Eiermann betonten am Medienanlass, dass bei der Zusammenarbeit mit der Sicherheitsdirektion noch Luft nach oben bestehe. «Es sind getrennte Direktionen mit eigenen Vorgaben und verschiedenen Kulturen, etwa bei der Polizei und bei den Staatsanwälten», sagte Marc Eiermann. Diese verschiedenen Philosophen könnten Eiermann den Kopf gekostet haben.