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Stadt Zürich
30.01.2024
23.05.2024 13:54 Uhr

Darum läuten die Glocken leiser

Abschalten oder leiser läuten: Wegen Kirchenglocken gibt es immer mal wieder Beschwerden – andere vermissen hingegen das Geläut.
Abschalten oder leiser läuten: Wegen Kirchenglocken gibt es immer mal wieder Beschwerden – andere vermissen hingegen das Geläut. Bild: Lisa Maire
Die einen stören sich daran, für die anderen ist es lieb gewonnene Tradition: Das Kirchengeläut sorgt auch in der Stadt Zürich immer wieder für Diskussionen. Die Kirchgemeinden haben deshalb Massnahmen ergriffen.

Pia Meier

Während sich die einen am Kirchengeläut vor allem nachts stören, wollen andere Anwohnende von Kirchen nicht darauf verzichten. «Es gab und gibt gelegentlich Beschwerden von Anwohnenden, aber nicht sehr oft. Diese nimmt die Kirchgemeinde sehr ernst und geht bestmöglich auf die Bedürfnisse ein», sagt Fabian Kramer, Mediensprecher bei der ­Reformierten Kirchgemeinde Zürich. Eine Zunahme der Reklamationen hätten sie aber nicht festgestellt.

Und trotzdem: Aufgrund der Läutordnung der Reformierten Kirchgemeinde Zürich, die am 1. Januar 2022 in Kraft trat, wurde der nächtliche Zeitschlag zwischen 22 Uhr und 7 Uhr grundsätzlich eingestellt. Alle 43 reformierten Kirchen der Stadt Zürich verstummten. Damit wurde der nächtliche Zeitschlag abgeschafft. Beibehalten wurde das Läuten um 7 Uhr und um 19 Uhr.

Der Kirchenkreis 9 mit Albisrieden und Altstetten ist einer der insgesamt 10 Kirchenkreise der Evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Zürich, weshalb diese Läutordnung auch hier gilt. «Auf Gesuch der Kirchenkreise kann die Kirchenpflege in Ausnahmefällen die Beibehaltung des nächtlichen Zeitschlags genehmigen, sofern dies im lokalen und historischen Kontext begründet ist», erklärt Kramer. Eine generelle Abschaltung des Kirchengeläuts sei kein Thema.

Kirchen senken die Lautstärke

Zudem ist die Reformierte Kirchgemeinde Zürich bestrebt, bei besonders exponierten Kirchen die Lautstärke des Glockengeläuts zu senken. Sie hat dafür 2023 einen Rahmenkredit bewilligt. «Die Arbeiten zur Schallreduktion werden zeitlich gestaffelt durchgeführt, auch weil es nur wenige spezialisierte Unternehmen in diesem Bereich gibt», erläutert Susanne Kohler, Betriebsleiterin beim reformierten Kirchenkreis 9. «Bei der Neuen Kirche Albisrieden erfolgt die Umsetzung im Sommer 2024 und bei der Neuen Kirche Altstetten im Sommer 2025.»

Doch warum schlagen die Kirchenglocken überhaupt die Zeit – ist das nicht aus der Zeit gefallen? «Es handelt sich beim Zeitschlag um eine sehr alte kirchliche Tradition. Viele Menschen wünschen ausdrücklich, dass sie beibehalten wird, während andere sich daran stören», erklärt Mediensprecher Fabian Kramer. «Für uns geht es immer darum, einen Mittelweg zwischen beiden Bedürfnissen zu finden. Mit der neuen Läutordnung und vielen anderen Massnahmen, zum Beispiel im Lärmschutz, haben wir dies versucht.» Der Stundenschlag war zu früheren Zeiten eine echte Dienstleistung für die Bevölkerung.

Die reformierte Kirche koordinierte die Läutordnung mit den benachbarten katholischen und christkatholischen Kirchgemeinden. «Es ist tatsächlich so, dass unsere Kirchen grundsätzlich nach 20 Uhr nicht mehr läuten, sondern dann Nachtpause machen. Um 7 Uhr morgens wird dann mit dem Tagzeitenläuten (Uhrzeit) wieder der Tag begrüsst. Dies entspricht einem gemeinsamen Abkommen», sagt Oliver Kraaz, Kommunikationsverantwortlicher bei Katholisch Stadt Zürich. Das Tagzeitenläuten entfalle am Samstag bis aufs Mittagsläuten sowie am Sonntag gänzlich. Am Sonntag werde es ersetzt durch gottesdienstliches Läuten und, wo Brauch, Ausläuten des Sonntags.

Geläut stört nicht immer gleich

Auch die katholische Kirche hat mittels Anpassungen an einigen Orten den Klangpegel reduziert. «Damit möchten wir den Brauch pflegen, gleichzeitig auf die Bedürfnisse der Anwohner einzugehen», so Kraaz. Die katholischen Kirchen seien auch immer im Austausch mit den Quartiervereinen. «Mit all diesen Massnahmen gibt es ein gutes Nebeneinander zwischen Tradition und den Bedürfnissen der Anwohnerinnen und Anwohner.» Individuelle Lösungen sind aber sowohl bei der katholischen als auch bei der reformierten Kirche möglich.

So störte bei der Bullingerkirche nicht das Kirchengeläut grundsätzlich, sondern das lange Läuten vor allem am Samstagabend. Die Kirchenkreiskommission entschied in der Folge, das Geläut nicht nur akustisch, sondern auch zeitlich zu reduzieren. «Der Kirchenkreis ist autorisiert, das Frühgeläut, das Mittagsgeläut, das Nachmittagsgeläut und das Abendgeläut an einzelnen Kirchen auszusetzen», betonte der Kirchenkreis 4 und 5. Er habe dabei die Tradition und den historischen Kontext angemessen zu beachten.

Auch bei der katholischen Kirche gab es individuelle Entscheide. So entschied die Kirchenpflege der Pfarrei Guthirt in Wipkingen bereits Anfang 2019, den nächtlichen Stunden- und Viertelstundenschlag einzustellen.

Pia Meier/Zürich24