Home Region Sport Magazin Schweiz/Ausland
Kommentar
Zürich Nord
11.04.2024
12.04.2024 09:25 Uhr

«Tram Affoltern: Bitte auf Bestehendem aufbauen»

Wenn die VBZ an ihrem überdimensionierten Projekt festhalten, müssen gegen 700 Bäumen gefällt werden – und es drohen langwierige Enteignungskämpfe wegen der Strassenverbreiterung.
Wenn die VBZ an ihrem überdimensionierten Projekt festhalten, müssen gegen 700 Bäumen gefällt werden – und es drohen langwierige Enteignungskämpfe wegen der Strassenverbreiterung. Bild: Lorenz Steinmann/Zürich24
«Alles kurz und klein schlagen und völlig neu bauen ist komplett aus der Zeit gefallen», findet Zürich24-Redaktor Lorenz Steinmann und meint damit die verunglückte Planung zum Tram Affoltern. Er fordert ein anderes Bauvorgehen.

Der Bau der vier Kilometer langen Tramlinie nach Affoltern wird immer konkreter: Am Montag startete die öffentliche Auflage des Projekts. Das neue Tram kostet fast 450 Millionen Franken – rund 170 Millionen Franken mehr als geplant. Das Tram Affoltern soll ab Dezember 2029 auf der Wehntalerstrasse die Trolleybuslinie 32 ersetzen – zumindest wenn alles nach Plan läuft. Doch es gibt Vorbehalte, wie der folgende Kommentar von Zürich24-Redaktor Lorenz Steinmann zeigt:

Gehts noch? 682 Bäume will die Stadt fällen für das Tram Affoltern. Einen halben, ja einen ganzen Wald. Das ist völlig verstörend in Zeiten von Hitzesommern, Klimaschutz und CO2-Diskussionen beim Bauen. Die geplante ­Waldrodung widerspricht all den Bekenntnissen des Stadtrats, mehr für den Klimaschutz zu tun. In dieser überdimensionierten Form bin ich gegen das Tramprojekt Affoltern.

Mein auf den ersten Blick irritierender Entscheid ist langsam gereift. Das Zünglein an der Waage war neben der erschreckenden Botschaft der Stadt mit dem Baummassaker das Ausmass der geplanten Bauerei. Auf den aktuell öffentlich aufliegenden Plänen sieht man die drohenden jahrelangen Riesenbaustellen entlang der Wehntalerstrasse. Das grenzt an Grössenwahn. Und das Resultat? Die heute schon dominierende Verkehrsachse wird nochmals mindestens zehn Meter breiter. Die Stadt Zürich will damit den grossen Wurf erzwingen und es allen recht machen. Es ist mir schleierhaft, wieso die Planenden nicht auf Bestehendem aufbauen. Alles kurz und klein schlagen und völlig neu bauen ist komplett aus der Zeit gefallen.

Droht nun ein zweites Rosengarten-Desaster mit einem Nein an der Urne? Vielleicht will man tatsächlich mehr günstigere Wohnungen als ein so teures Tram mit all den Nebenwirkungen. Warum legen die Verantwortlichen nicht eine Denkpause ein und fangen nochmals bescheidener und massvoller an? Dort, wo jetzt die Buslinie 32 fährt, hat es bestens Platz für Tramschienen. Das Nebeneinander von Autos und Bussen funktioniert schon heute perfekt, etwa an der Hofwiesenstrasse und an der Stampfenbachstrasse. Und ja, dort, wo es neue Haltestellen braucht, kann man sogar über Strassenverbreiterungen diskutieren. Denn Haltestellen, wo der Verkehr hinter dem Tram warten muss, sind hier definitiv keine gute Idee. Und die Velos? Für diese ist eine Velovorzugsroute auf Parallelstrassen zur Wehntalerstrasse geplant. Ich bin sicher, die meisten Velofahrerinnen und -fahrer können mit diesem Kompromiss leben.

Lorenz Steinmann/Zürich24