Christian Traber
Vor zwei Wochen hat der Gemeinderat ausführlich über zwei Vorstösse vonseiten der SP und der AL debattiert, welche einerseits ein Pilotprojekt für städtische Angestellte im Schichtbetrieb und andererseits ein wissenschaftlich begleiteter Pilotversuch mit interessierten privatwirtschaftlichen Unternehmen zur Einführung einer 35-Stunden-Arbeitswoche forderten. Beide Vorstösse wurden knapp mit der linksgrünen Mehrheit im Gemeinderat überwiesen.
Die Fraktion der Mitte/EVP hat beide Vorstösse explizit abgelehnt. Unbestrittenermassen sind derzeit Mitarbeitende der Stadt Zürich in bestimmten Bereichen, insbesondere im Gesundheitswesen, aber auch beispielsweise bei der Stadtpolizei überlastet. Die Folge davon sind Überstunden auf der einen, aber leider auch vermehrte Krankheitsausfälle, Burn-outs und so weiter auf der anderen Seite.
Aber würde eine generelle Arbeitszeitreduktion die nötige Entlastung bringen? Wir glauben dies nicht. Ist nicht vielmehr der aktuelle Fachkräfte- beziehungsweise Arbeitskräftemangel dafür verantwortlich? Der Stadtrat vermeldete letzte Woche im Zusammenhang mit der Präsentation der Rechnung 2022, dass derzeit über 800 bewilligte Stellen in der Stadtverwaltung nicht besetzt sind. Woher soll denn die zusätzlich benötigten Mitarbeitenden rekrutiert werden können, wenn diese heute schon nicht gefunden werden? Gemäss Stadtrat müssten bei einer flächendeckenden Einführung der 35-Stunden-Woche im Schichtbetrieb mit mindestens 1100 neuen Stellen geschaffen werden.
Grundsätzlich profitieren die städtischen Angestellten schon heute von fortschrittlichen Arbeitsbedingungen, die meistens auch flexible Teilzeitbeschäftigungen ermöglichen. Zudem gelten die Lohnnebenleistungen auch als fortschrittlich. Wir sind der Meinung, dass dieses «Gesamtpaket» auch in die Beurteilung der Arbeitssituation von städtischen Mitarbeitenden einfliessen muss. Viele kleine und mittlere Unternehmen in der Stadt Zürich sind nicht in der Lage, gleiche Arbeitsbedingungen anzubieten. Diese hätten bei einer Umsetzung dieser Forderung mit noch grösseren Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt zu kämpfen.
Geradezu absurd ist auch die Begründung bezüglich Polizei. Seit Jahren verwehrt eine linksgrüne Mehrheit die von der Stadtpolizei geforderte Erhöhung der Stellen, was bekanntermassen zu extremen Überzeiten und zu Unzufriedenheit im Korps führt. Nun soll aber explizit die Arbeitszeit auch bei ihr reduziert werden.
Die Vorstösse wurden – wie erwähnt – dem Stadtrat überwiesen. Er hat nun zwei Jahre Zeit, einen Umsetzungsvorschlag zu präsentieren. Wir bleiben sehr skeptisch gegenüber diesem Pilotprojekt.