In diesem Jahr wird die Stadt Zürich erstmals die Stelle eines Antisemitismusbeauftragten besetzen. Im vergangenen Dezember haben alle Fraktionen im Stadtparlament den entsprechenden Vorstoss gemeinsam eingereicht und der Stadtrat hat ihn entgegengenommen. Solche Stellen gibt es im Ausland, aber in der Schweiz ist es ein Novum. Weshalb benötigen wir das und was soll es bringen?
Seit 2000 Jahren eine vulnerable Minderheit
Seit die Juden vor 2000 Jahren von den Römern besiegt und aus Judäa gejagt worden waren, lebte der Grossteil als vulnerable Minderheit in der Diaspora. Dort wurden sie meist diskriminiert oder im besten Fall geduldet. Im schlechtesten Fall wurden sie in grosser Zahl massakriert wie in Zürich 1349, als alle Juden der Stadt auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurden, beim Holocaust mit 6 Millionen Ermordeten oder kürzlich am 7. Oktober 2023 im Süden Israels.
Dieses Pogrom hat antisemitische Attacken weltweit entfacht. In der Schweiz haben sich die Vorfälle seither verzehnfacht. Hier in unserer Stadt Zürich werden jüdische Menschen angespuckt, geschlagen, erniedrigt oder diskriminiert, weil allein ihre Anwesenheit provoziert. Schmierereien forderten den Tod der Juden. Mir geht es besonders nahe, wenn ich höre, wie an der Volksschule jüdische Kinder in Bezug auf diese Massaker und den Holocaust von Mitschülern gemobbt werden.
Insbesondere junge Mitglieder der jüdischen Gemeinschaft trauen sich nicht mehr, ihre Identität offen kundzutun. Events finden mit enormem Sicherheitsaufwand statt. So verliert das jüdische Leben seine Sichtbarkeit. In der Schweiz und auch weltweit sind nur knapp 0,2% der Bevölkerung jüdisch. Trotzdem erleidet diese kleine Gemeinschaft eine hohe Anzahl an Hassverbrechen.
Jetzt muss gehandelt werden: Das Ziel des oder der Antisemitismusbeauftragten ist es, die Vorurteile und Diskriminierungen abzubauen, Sensibilisierungskampagnen durchzuführen, um ein Bewusstsein für die Problematik zu schaffen. Er oder sie wird überall klar und entschieden entgegentreten, wo Hass geschürt wird.
Ein Instrument werden die Schulbildung sowie die Integration sein. Die Geschichte des jüdischen Volkes in der Schweiz und weltweit wird bisher im Unterricht kaum behandelt. Wer die leidvolle jüdische Geschichte kennt, will sich kaum mit den Tätern identifizieren wollen. Wer «Anne Frank» gelesen hat, wird es sich möglicherweise gut überlegen, bevor er der Hamas zujubelt.
Zürich ist eine diverse Stadt geworden. Gut so! Die neue Stelle soll dafür sorgen, dass die jüdische Gemeinschaft in unserer Stadt ohne Angst frei leben kann.